Sonne, Schnee und Tote
passiert sein, wenn es denn überhaupt so passiert
ist. Die Tür kann höchstens von allein zugefallen sein. Die
Verschlussmechanismen im ganzen Komplex sind so eingerichtet, dass sie sich
nach wenigen Minuten oder im Falle eines Brandes selbst verschließen.“
Die
Antwort schien dem Hauptkommissar völlig auszureichen. Er nickte Hadosh zu.
„Verfluchtes Sicherheitssystem“, sagte er und starrte wieder zu Kees hinunter.
„Ein
unglücklicher Zufall mit fast tödlichem Ausgang. Seien wir lieber alle froh,
dass es nicht so weit gekommen ist.“
Er
machte eine Pause und in seinem Gesicht meinte Kees Bloemberg so etwas wie
Besorgnis zu erkennen.
„Ich
schlage vor, sobald man Sie ärztlich versorgt hat, machen Sie sich auf den Weg
nach Hause. Sie brauchen jetzt ein paar Stunden Ruhe. Einverstanden?“
Nein , damit war Kees ganz und gar nicht
einverstanden.
Er
sah dem Hoofdcommissaris genau in die Augen und wollte etwas erwidern, aber Van
Houdens Blick umgab eine Aura, die jegliche Diskussion im Keim erstickte. Der
Inspecteur schüttelte erneut den Kopf und raffte sich zitternd vom Boden auf.
Er stank. Seine Kleidung war voll mit eintrocknenden Blut-Wasserflecken. Als er
stand, betrachtete er Maartens und Van Houden abwechselnd. Nasridim Hadosh würdigte
er keines Blickes.
„Lassen
Sie untersuchen, wie die Verschlussmechanismen hier genau funktionieren. Die
Feuerwehr soll einen Brandermittler schicken und klären, wie der Brand
ausgebrochen ist. Außerdem frage ich mich, wo Karim Abusif abgeblieben ist und
der Kerl mit der Kamera. Irgendwas stinkt hier zum Himmel und das bin nicht ich
alleine.“
Mit
diesem Satz schob er sich an den dreien vorbei.
„Wo
zum Kuckuck wollen Sie hin, Bloemberg?“, bellte Van Houden.
„Nach
Hause“, brummte Kees und schleppte sich weiter in Richtung seines Autos. Sein
Verstand fragte sich, ob es wirklich Sinn machte, ohne ärztliche Versorgung
nach Hause zu fahren, womöglich hatte er eine Rauchvergiftung erlitten oder
Schlimmeres, aber das hielt seine Beine nicht davon ab, einen Schritt vor den
anderen zu setzen. Er hatte genug für heute. Diesen beschissenen Samstag hätte
er lieber gestern als heute aus seinem Kalender gestrichen. Irgendwas war hier
ganz fürchterlich faul, das sagte ihm sein Instinkt und der hatte ihn bisher
nur ganz selten im Stich gelassen.
Er
wusste zwar, dass es besser gewesen wäre, zu bleiben, aber er war platt und
konnte noch immer kaum atmen. Ruhe war das Einzige, das ihm jetzt noch helfen
konnte. Die Befragung von Nasridim Hadosh lief ihm nicht davon und die
Ermittlungen hier waren von jetzt an reine Ermittlungen zur Brandursache. Seine
Person wurde hier derzeit nicht mehr gebraucht. Erst am nächsten Montag würde
ihn dieser Fall wieder beschäftigen. Bis dahin würde er auch den Kopf wieder
freihaben.
Bloemberg
hatte einige Meter zurückgelegt und längst beschlossen, nicht auf den
Krankenwagen zu warten, als er sich noch einmal umdrehte.
„Hey
Fred! Danke, dass du mich da rausgeholt hast, Kollege. Soll ich dich mitnehmen?“
Fred
Maartens zögerte. Er war hin- und hergerissen. Auf der einen Seite war der
Groll auf Bloemberg nicht kleiner geworden und die Platzwunde am Hinterkopf
blutete immer noch, auf der anderen Seite machte Kees einen wesentlich
angeschlageneren Eindruck. Es war fraglich, ob er in der Lage war, zu fahren.
„Gehen
Sie schon, Maartens. Der Mann steht unter Schock und wurde noch nicht
medizinisch versorgt. Wer weiß, wie er so Auto fahren will“, zischte Van
Houden.
„Gar
nicht, Hoofdcommissaris. Ich hab‘ seine Autoschlüssel“, entgegnete der
Commissaris, machte einen Abgang und folgte dem Inspecteur. Er hatte intuitiv
entschieden, dass es bei Van Houden mindestens genauso schlimm war. Schließlich
war es der Dicke, der ihn vor gut einer Stunde eiskalt und grundlos degradiert
hatte.
***
Nicolas
van Houden blieb allein bei Nasridim Hadosh stehen, dessen Gesicht, je älter
der Tag wurde, mehr und mehr dem eines Geistes zu ähneln begann.
„Ich
fürchte, wir müssen uns noch einmal ernsthaft unterhalten, Nasridim“, sagte er
als der Wagen des Inspecteurs an ihnen vorbeigefahren und hinter der
Lagerhausecke verschwunden war. Er legte seine Pranke auf die Schulter des
Fleischers.
„Ich
fürchte, das wird die Schlagzeilen geben, die du dir nicht gewünscht hast, als
du mich heute Morgen angerufen hast. Ich weiß zwar nicht, wen Bloemberg meinte,
als er von dem Kerl mit der Kamera sprach, aber es ist
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