Sonne, Schnee und Tote
wesentlich mehr Platz und Personal. Also gab
er etwas von seiner Zurückhaltung auf und erwiderte: „Ganz im Ernst, Herr
Ministerpräsident, um bei den Worten eines Polizisten zu bleiben, wir werden
größere Räumlichkeiten und mehr Männer benötigen, sonst sehe ich da schwarz.
Wieso ziehen Sie nicht die Polizeizentrale im Stadtzentrum in Betracht, wäre
das nicht naheliegender?“
Minten
winkte ab.
„Ach
was, die Zentrale habe ich mir gestern angeschaut. Das ist viel zu naheliegend,
zu sehr im Brennpunkt des Geschehens. Wir brauchen eine Kommandozentrale
außerhalb des öffentlichen Fokus. Etwas abseits gelegen für die optimale
Koordination. Das hier wird ausreichend sein und Personal, so viel kann ich
Ihnen jetzt schon versprechen, werden wir zeitnah aus Utrecht, Den Haag, Eindhoven
und - wenn nötig - aus Amsterdam und Groningen abziehen. Alles, was Sie tun
müssen, Van Houden, ist einen ausgereiften Sicherheitsplan erarbeiten und Ihre
Leute optimal und vorbildlich einstellen. Die Eckpunkte sind ja jetzt klar. Ich
will keine Mauern, keine Straßensperren, keine meterhohen Stacheldrahtzäune.
Ich will Rotterdam, so wie Rotterdam ist, einfach und ehrlich.“
„Aber
…“
„Hoofdcommissaris,
ich bitte Sie, das werden Sie sicher hinbekommen. Wenn meine Informationen
stimmen, haben Sie langjährige Erfahrungen im Personen- und Gebäudeschutz. Die
Männer hier fressen Ihnen aus der Hand. Sie sind die
absolute Respektsperson, der Hahn im Hühnerstall.“
„Das
ist richtig aber …“
Erneut
brachte der dicke Hauptkommissar seinen Einwand nicht zu Ende, diesmal jedoch
war es Helene aus der Kommunikationsabteilung, die sichtlich aufgeregt an ihn
herantrat. Die Anwesenheit des Ministerpräsidenten machte sie dabei nicht
weniger nervös.
„Entschuldigen
Sie die erneute Störung, Hoofdcommissaris, aber Hoofdcommissaris Braansman vom
Revier Feyenoord-Maashaven-Katendrecht will Sie dringend sprechen.“
„Ich
habe keine Zeit, sehen Sie das nicht.“
„Es
geht um Inspecteur Bloemberg, Hoofdcommissaris.“
„Himmel,
dieser Bloemberg. Was ist denn nun schon wieder?
Minten
schaltete sich unvermittelt in das Gespräch ein.
„Gibt
es etwa Probleme?“, fragte er und konnte die Neugierde, so sachlich er auch
versuchte zu bleiben, nicht verbergen.
„Nein,
nein, es ist nichts Ungewöhnliches.“
„Ein
Polizist, der nicht spurt?“, bohrte Minten weiter. Und mit dieser Mutmaßung
hatte er gar nicht so unrecht , auch wenn Nicolas van
Houden in diesem Fall nur den Fehler begangen hatte, Bloemberg ohne
Einschränkung von der Leine zu lassen. Das hatte er jetzt davon.
„Nein,
es ist wirklich nichts. Der übliche Polizeiwirrwarr. Ich muss mich leider
entschuldigen. Um diese Sache muss ich mich kümmern und sie duldet keinen
Aufschub. Wenn Sie noch Fragen haben, Helene wird Ihnen, so wie sie kann,
weiterhelfen. Guten Tag, die Herren.“
Er
drückte die Hand des Ministerpräsidenten und manövrierte seinen massigen Körper
danach eilig in Richtung seines Büros.
Erst
als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wagte er durchzuatmen.
Diese
Leute sind so anstrengend und haben keine Ahnung. Überhaupt keine Ahnung.
Die
LED des Telefons auf Nicolas van Houdens Schreibtisch blinkte. Sein Kollege
Braansman wartete auf Leitung zwei. Der Hauptkommissar ließ sich in den
Bürostuhl sinken und nahm ab.
Es
war erst wenige Tage her, seit er mit Joos Braansman telefoniert hatte. Der
Leiter der Polizeistation in Feyenoord war ein netter Kerl, aber für einen
Polizisten in seiner Position einfach zu weich. Zwar war er ein
Paragrafenreiter und kannte sich mit den Dienstvorschriften besser aus als Nicolas,
aber er besaß nicht die Autorität in seinem Revier, wie das bei Van Houden der
Fall war.
„Grüß
dich, Joos. Du wirst nicht glauben, wer hier seit zwei Stunden sein Unwesen
treibt. Dieser Minten, der Politiker mit der Clownsfrisur …“
„Hallo
Nicolas, doch glaube ich dir“, erwiderte Braansman humorlos. „Minten war auch
hier. Er hat mir den ganzen Vormittag versaut und mir ein Ohr abgelabert. Den
Tinnitus schleppe ich jetzt drei Tage mit mir rum. Du wirst aber nicht glauben,
wer von deinen Jungs in meinem Revier sein Unwesen treibt und dabei mindestens
gegen ein halbes Dutzend Dienstvorschriften verstoßen hat.“
Van
Houdens Miene verfinsterte sich. Natürlich wusste er, wer da Ärger machte, nur
die Details kannte er bislang nicht.
„Schieß
los“, sagte er grimmig und Braansman lieferte ihm in den
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