Sonne, Schnee und Tote
folgenden Minuten
einen ausführlichen Bericht über Bloembergs bislang begangene Verfehlungen. Als
er zum Ende gekommen war, blickte Van Houden auf die Uhr.
„Wann
hat dein Funker das letzte Mal Kontakt mit ihm aufgenommen?“
„Das
war vor ungefähr einer halben Stunde.“
„In
Ordnung, ich kümmere mich darum.“
„Danke,
aber beim nächsten Mal geht direkt eine Beschwerde ans Ministerium.“
„Sachte,
sachte, Joos. Jetzt mach mal halblang. Bloemberg ermittelt immerhin in einem
Mordfall. Ihn zu sehr einzuschränken heißt, dem Mörder in die Karten zu spielen
und ihm noch mehr Vorsprung zu gewähren, als er ohnehin schon hat.“
„Vorschriften
sind Vorschriften, Nicolas. Das weißt du so gut wie ich“, wehrte Braansman den
Einwand ab, worauf Van Houden wiederum verschnupft reagierte.
„Ja,
Vorschriften sind Vorschriften. Und eine Mordermittlung ist eine
Mordermittlung. Es läuft eben nicht immer alles ohne Probleme, Joos. Das weißt
du auch so gut wie ich. Auf Wiederhören!“
„Wiederhören.“
Van
Houden knallte den Hörer auf die Gabel. Erst Minten und jetzt das. Ein
Inspektor, der sich einfach außerhalb seines Bereiches aufhielt. Natürlich war
Hauptkommissar Braansman angefressen. Van Houden wusste nicht, wie er reagiert
hätte, wenn einer von Joos‘ Leuten unerlaubt im Bezirk Rotterdam-Noord
ermittelt hätte. Darüber hatte er sich jetzt allerdings keine Gedanken zu
machen. Er musste Bloemberg einfangen, und nahm den Hörer deshalb direkt wieder
auf.
Er
drückte ein paar Tasten und erreichte Sekunden später die
Kommunikationsabteilung.
„Eine
Verbindung zu Inspecteur Bloembergs derzeitigem Dienstwagen, und zwar
schleunigst“, brummte er, während er ungeduldig auf der Schreibtischfläche
herumtrommelte.
Ein
lang gezogener Pfeifton drang an Van Houdens Ohr, dann ein Knirschen und
schließlich ein Piepen, das den abgeschlossenen Aufbau der Leitung anzeigte.
„Hier
Hoofdcommissaris Van Houden. Bitte melden.“
Keine
Reaktion. Nicolas versuchte es erneut.
„Inspecteur
Bloemberg, bitte melden. Hier ist spricht Nicolas van Houden. Teilen Sie Ihren
Status mit!“
Wieder
nichts. Das Blut stieg ihm in den Kopf. Er wurde ungeduldig.
„Himmel,
Arsch und Zwirn! Bloemberg! Ihren Status und augenblicklichen Aufenthaltsort!
Sofort!“
Nicolas
wartete erneut, dann endlich antwortete Bloemberg, kurz und bündig.
„Status:
im Dienst. Ermittlungsaufgaben und Erste Hilfe. Aufenthaltsort: Feyenoord. Ist
grade unpassend, Hoofdcommissaris. Tut mir leid. Ich melde mich. Die Situation
ist wirklich sehr ernst. Erklärung folgt später.“
Damit
meldete sich der Inspektor ab und ein Knacken verriet, dass er das Funkgerät
abgeschaltet hatte.
Das
darf doch wohl nicht wahr sein, dachte Van Houden, aber er bekam nicht die Zeit, sich weiter
aufzuregen. Noch bevor er den Hörer ganz weggelegt hatte, wurde er erneut
kontaktiert.
Van
Houden stutzte und sah auf das Display des Telefons. Auf der anderen Leitung
lag ein externer Anruf mit direkter Durchwahl in sein Büro.
Es
gab nicht viele, die diese Nummer kannten und selbst jene, die es taten, waren
dazu angehalten, nur in absoluten Notfällen anzurufen.
Noch
ein Notfall? Klasse, das fehlt mir gerade noch. Hoffentlich ist
wenigstens Minten mittlerweile verschwunden, schoss es dem Hauptkommissar
durch den Kopf, bevor er den Anruf entgegennahm, als ahnte er, was bevorstand.
„Ja?“
…
„Was
ist passiert?“
…
„Wann?
Gibt es Verletzte? Tote?“
…
„Beruhigen
Sie sich bitte, Frau Hadosh. Ich kann Sie kaum verstehen.“
…
„Lebt
er noch?“
…
„Haben
Sie den Rettungswagen alarmiert?“
…
„Nein,
ist in Ordnung. Bleiben Sie, wo Sie sind. Ich kümmere mich darum.“
Van
Houden knallte den Hörer auf das Telefon und erhob sich so schnell er konnte
aus seinem Drehstuhl.
„Eine
Schießerei am Wilhelmina-Pier. Na, wenn das mal nicht wieder super läuft. Ich
hoffe, Bloemberg hat eine gute Erklärung für das alles. Das gibt es doch gar
nicht“, murmelte er vor sich hin, gleichzeitig eilte er aus dem Büro, um eine
Einheit zusammenzutrommeln.
Immerhin
hatte sich der Ministerpräsident mitsamt seinem Pulk verdünnisiert. Noch mehr
neugierige Blicke und Fragen hätte Nicolas in dieser Situation nur schwer
ertragen.
Fünf
Minuten später saß er am Steuer eines Polizeiwagens und raste mit Blaulicht zu
Nasridim Hadoshs Lagerhaus.
***
Noch
bevor Kees Bloemberg das Funkgerät zurück an seinen Gürtel gesteckt
Weitere Kostenlose Bücher