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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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Drogengeschichte
und Namir steckte mit seinen damals erst dreizehn Lebensjahren mittendrin“,
berichtete Van Houden.
    „Du
musst wissen, er war den Behörden schon damals kein Unbekannter. Namir und vor
allem sein zwei Jahre älterer Bruder, Imar, hatten
bereits eine beachtliche Liste an Straftaten angehäuft. Dazu kam, dass sie aus
einem zerrütteten Elternhaus stammten. Der Vater, ein Leiharbeiter, wegen einer
schweren Rückenverletzung zum depressiven Sozialhilfeempfänger verdammt. Die
Mutter früh gestorben oder spurlos verschwunden, genau weiß man es bis heute
nicht. Jedenfalls hatten die Jungen praktisch keine Aufsichtsperson oder
Bezugsperson und schlugen sich mit jedem Mittel durchs Leben, das sie zu
greifen bekamen. Es ist eine der Geschichten, wie sie ständig in den Vierteln
passiert, du weißt ja, wie das ist …“
    Kees
nickte und studierte weiter die Tatortbilder. Er hatte mehr als nur eine sehr
genaue Ahnung davon, wie hart es war, so aufzuwachsen.
    „Na
ja, als wir Namir allerdings an diesem Tag aufgabelten, sah es schlecht für ihn
aus. Das Maß war voll. Er wäre eigentlich zwangsläufig in einem Jugendheim
gelandet, sein Bruder im Jugendgefängnis. Obwohl es mich damals nichts hätte
angehen sollen, habe ich, während er in meinem Büro zum Verhör hockte, ein
bisschen in Namirs aktenkundig gewordenem Leben rumgestöbert. Aus allem, was
die Dokumente verrieten, ergab sich für mich das Bild eines Kindes, das nie
eine Kindheit gehabt hat. Das Heim wäre nur ein weiterer trostloser Schritt
gewesen. Also habe ich an diesem Tag zum Telefon gegriffen und Bert van Helig
angerufen. Ich wusste damals, er hatte dir geholfen und noch einigen anderen.
Zwar stand er damals kurz davor, seine Arbeit als Sozialarbeiter und Betreiber
der Segelschule für gesellschaftlich benachteiligte Jugendliche abzugeben, aber
ich konnte ihn zu diesem letzten Gefallen überreden. Er betrieb die Segelschule
darauf zwei weitere Jahre, nahm Namir und Imar unter seine Fittiche.“
    „Davon
hat er mir nie erzählt.“
    „Nicht?
Nun ja, wir haben es beide nicht an die große Glocke gehängt, zumal die
finanzielle Förderung aus dem Ministerium im Hinblick auf Berts Funktion dort
ohnehin kritisch betrachtet wurde. Wo war ich stehen geblieben? Ach so, ja. Als
er der Meinung war, dass die beiden einigermaßen zurück auf dem rechten Weg
waren, war es an der Zeit, Bert endlich in den Vorruhestand zu schicken. Der
Vater der beiden hatte sich unglückseligerweise bereits ein Jahr zuvor vom
Acker gemacht. Er war einfach verschwunden und wir konnten ihn auch nirgends
ausfindig machen. Vielleicht ist er zurück in seine alte Heimat gekehrt oder
gestorben, die Spekulationen führten in alle Richtungen. Er tauchte jedenfalls
nicht wieder auf. Also suchten wir eine Familie, die bereit war, die beiden
aufzunehmen und fanden nach langer Suche Nasridim Hadosh.“
    „Und
der willigte ein?“
    „Ja,
er schuldete mir ohnehin einen Gefallen. Also erklärte er sich dazu bereit.
Aber in der Nacht, bevor sie in Hadoshs Familie aufgenommen werden sollten,
verschwand Imar spurlos. Namir hatte - soweit ich weiß - Jahre mit dem Verlust
zu kämpfen. Das Verschwinden des Vaters berührte ihn wenig, aber die Tatsache,
dass er seinen älteren Bruder verlor, das hat ihn nie richtig losgelassen.“
    „Moment.
Moment. Also, nur damit ich jetzt nichts falsch verstehe. Namir ist also nicht
Hadoshs leibliches Kind.“
    „Ja,
genau.“
    „Und
seitdem dieser den Beutel mit dem weißen Zeug gefunden hat, denkt er, dass sein
Adoptivsohn wieder auf die schiefe Bahn geraten ist, mit großen Mengen an
Kokain gedealt hat und das alles unter dem Deckmantel des
Fleischereibetriebes?“
    Kees
kratzte sich an der Stirn, sein Blick vertiefte sich unterdessen in zwei
Frontalaufnahmen des Kühlraumes, eine vor und eine nach dem Brand abgelichtet.
    „In
etwa so ist es, ja. Der besagte Beutel liegt noch bei der Beweissichtung. Die
Wahrscheinlichkeit ist leider hoch, dass es sich dabei nicht bloß um
eingetütetes Backpulver oder Mehl handelt. Außerdem befanden sich überall im
Kühlraum und an der Leiche Spuren von Kokain.“
    Fred
Maartens ließ ein übertriebenes Gähnen vernehmen.
    „Dass
diese Beweissammlungen immer so unglaublich langweilig sein müssen und zu einem
so frühen Ermittlungszeitpunkt rein überhaupt nichts bringen. Traurig. Hat
jemand was dagegen, wenn ich mir kurz mein Frühstück genehmige, während ihr
hier weiter fachsimpelt und Kaffeesatzleserei

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