Sonne, Schnee und Tote
Stil als Umschlagplatz
für Kokain missbraucht wurde. Und vielleicht liegt er damit gar nicht falsch.
Schließlich bezieht seine Firma Fleisch aus aller Welt und beliefert alle
möglichen Restaurants von der Fastfoodbude bis zum Sternerestaurant. Die
Rinderhälften im Kühlraum zum Beispiel stammen aus Argentinien und wurden extra
per Luftfracht eingeflogen, zur Weiterverarbeitung zum Wilhelmina-Pier gebracht
und waren für verschiedene Nobelrestaurants bestimmt, unter anderem für De
Zeester in der Innenstadt.“
Kees
blickte von den Bildern auf und schaute den Hauptkommissar an.
„De
Zeester? Ist das nicht das Restaurant, das Petr Stojic übernommen hat, nachdem
der eigentliche Besitzer Ari Sklaaten vor Jahren spurlos verschwunden ist? Der
war doch in den großen Kokainfund Anfang des Jahrtausends verwickelt.“
Van
Houden zuckte nur mit den Schultern und ging hinüber zum Fenster.
„Eins
steht fest. Diese ganze Sache, Bloemberg, ist sehr, sehr seltsam und wird immer
undurchsichtiger.“
„Nur
damit ich das richtig verstehe, Hoofdcommissaris. Hadosh geht selbst davon aus,
dass sein Lagerhaus im großen Stil zur Anlieferung und zur weiteren Verteilung
von Rauschgift benutzt wird. Und als Tarnung dient dabei was?“
„Das
Fleisch, Bloemberg, das Fleisch. Hadosh glaubt, die Schmuggler nutzen seine
Lieferungen aus Übersee, um die Ware unbehelligt nach Europa zu bringen.“
Der
Inspecteur sah sich die Fotos noch einmal an. Was Van Houden sagte, machte
Sinn, zeitgleich fragte sich Bloemberg, wieso Hadosh ihm gegenüber nichts davon
erwähnt hatte. Außerdem war immer noch unklar, was es mit dem Toten von Gestern
auf sich hatte.
„Das
heißt, die Einschnitte sind gemacht worden, um das Zeug aus den Hohlräumen zu
holen. Aber wieso erfahre ich davon jetzt erst, Hoofdcommissaris?“
Van
Houden überging die Frage und lobte stattdessen Bloembergs Auffassungsgabe.
„Exakt
so ist es, Bloemberg, gut erkannt. Nasridim und ich haben das gestern
überprüft. In jeder Rinderhälfte ist ein solcher Schnitt und jeder Hohlraum,
der sich darunter verbarg, war leer. Ich nehme an, du weißt, was das bedeutet.“
Kees
drehte sich und näherte sich Van Houdens Schreibtisch. Der Hauptkommissar stand
dahinter, immer noch ans Fenster gelehnt und schaute hinaus. Draußen waren die
letzten Nebelschwaden mittlerweile verschwunden.
„Das
bedeutet, dass irgendwer unmittelbar vor dem Brand den Stoff aus seinem
Versteck geholt hat. Und wenn es Karim Abusif nicht war, was wir jedoch
keineswegs ausschließen können, muss am Samstag noch jemand dort gewesen sein.
Jemand von dem wir nichts mitbekommen haben.“
Van
Houden rieb sich das Doppelkinn.
„Ja,
daran hatte ich auch schon gedacht, aber die Sache ist viel komplizierter und
noch viel krimineller, denke ich. Der Mann, den Nasridim gestern in Notwehr
erschossen hat, ist leider kein ganz Unbekannter …“
„In
Notwehr …“, wiederholte Bloemberg und zog dabei die Augenbraue hoch, aber Van
Houden ging nicht darauf ein.
„Der
Mann ist polizeilich bekannt. Da sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit
zerschossen war und er keine Hinweise auf seine Identität bei sich trug, habe
ich seine Fingerabdrücke zur Identitätsfeststellung an Europol weitergeleitet
und binnen Stunden Antwort erhalten. Der Kerl heißt …“,
Van
Houden stockte, rieb sich den kaum vorhandenen Nacken und dachte nach. Als er
nach einigen Sekunden immer noch nicht auf den Namen gekommen war, seufzte er,
bewegte sich vom Fenster weg und walzte hinüber zu seinem Schreibtisch, einer
Massivholzanfertigung aus Kernbuche und wahrscheinlich der einzige Tisch im
gesamten Revier, der nicht aus gepresstem Sperrholz bestand.
Dort
angekommen öffnete er die oberste Schublade des beinahe edel zu nennenden
Möbelstücks und nahm einen längeren Papierbogen heraus. Kees erkannte sofort,
um was es sich dabei handelte.
Auch
wenn das handelsübliche Fax in den letzten Jahren stark aus der Mode gekommen
war, hatte Nicolas darauf bestanden, sein Gerät behalten zu dürfen. Es stand
seit Jahr und Tag auf einem niedrigen Podest neben der Tür.
Der
Hauptkommissar war einer vom alten Schlag, das wussten alle Kollegen. Er
verpönte die neuen Kommunikationsgerätschaften ständig mit der Begründung, dass
es nichts zu erneuern gab, wenn das Vorhandene fehlerfrei funktionierte.
Zumindest
in diesem Punkt bewegte er sich mit Kees Bloemberg auf einer Wellenlänge. Beide
konnten nicht recht mit der neusten Technik. So waren zum
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