Sonne, Schnee und Tote
schnell.
„Ich
kann‘s Ihnen nur nicht einfach so am Telefon erklären.“
Verdomme!
Wieso haben heute eigentlich alle ein Problem damit, mir das, was sie wissen,
am Telefon mitzuteilen? fragte sich Kees und sagte: „ Habe ich mir schon gedacht. Um was geht es denn
genau?“
Am
anderen Ende zögerte Niandee.
„Tut
mir leid, Inspecteur. Ich kann es Ihnen wirklich nicht so einfach am Telefon
erklären.“
Kees
schaute auf seine Armbanduhr und seufzte. Sein Dienst war seit über einer
Stunde vorüber und er hatte wenig Lust, nach diesem Tag noch eine weitere
Zeugenbefragung zu absolvieren, aber was blieb ihm anderes übrig? Natürlich
konnte er die Frau auf einen anderen Tag vertrösten und er überlegte
tatsächlich, sie zu bitten, ihn deswegen in den kommenden Tag anzurufen. Doch bevor
er die Worte über die Lippen brachte, rutschte ihm der Satz: „Also schön, wann
und wo?“ heraus. Niandee atmete hörbar auf.
„Ah,
super. Ich meine, sehr gut, dann können wir es direkt hinter uns bringen.
Kennen Sie das De Zeester ? Ist ein Restaurant in der Innenstadt.“
Was
für eine Frage. Natürlich kannte Kees De Zeester . Jeder Rotterdamer
kannte das Nobelrestaurant des berüchtigten Sternekochs Ari Sklaaten, der vor
vielen Jahren im Zuge einer Polizeirazzia als einer der Strippenzieher eines
Drogenschieberringes entlarvt worden und unmittelbar danach untergetaucht war.
Bis heute wusste niemand, wohin der Koch verschwunden war und es waren die
wildesten Märchen und Gerüchte darüber entstanden. Aber natürlich war es nicht
alleine diese Geschichte, die De Zeester überregional bekannt machte. Im
Allgemeinen galt es als Einkehrort der hiesigen Oberschicht. Reeder, Händler,
Exportunternehmer, Manager, und so weiter. Hier gab sich jeder die Klinke in
die Hand, der etwas auf sich hielt und auch mal bereit war, mehrere Hundert
Euro für ein drei Gänge Menü zu zahlen, Getränke exklusive.
Klar
war jedenfalls, es war eine Lokalität, die definitiv nicht in Bloembergs
Gehaltskategorie fiel. Erst recht nicht zu diesem Zeitpunkt des Monats, da ihm
sein Portmonee bei jeder Gelegenheit mit boshafter Leere entgegengähnte.
„Ich
kenne das Zeester “, beantwortete Kees Niandees gewissermaßen rhetorische
Frage und schob: „Wer kennt es nicht?“, hinterher.
„Da
sagen Sie was. Also, jedenfalls gibt es ein paar Meter entfernt einen Irish Pub.
Unter der Woche ist da nie viel los.“
„Ich
nehme an, Sie meinen Jack Dunken’s ?“
„Genau.
Der Laden ist wirklich in Ordnung. Man kann sich da gut unterhalten. Wie wäre
es um acht Uhr?“
Bei
dem deutlich auffallend erfreuten Ton ihrer Stimme rührte sich etwas in Kees‘
Innerem und er begann sich schmerzlich daran zu erinnern, dass er seit der
Trennung von Miriam nicht mehr mit einer Frau in einer Kneipe war. Generell war
er mit keiner Frau mehr irgendwo in den letzten Wochen gewesen. Dafür hatte er
Nächte in der Dunkelheit seines Appartements verbracht. Und weil er nur
schlecht einschlafen konnte, hatte er versucht, die Schuld für die Trennung bei
seiner Ex-Frau zu suchen und sich dabei die schlimmsten Verwünschungen für sie
ausgedacht. Geholfen hatte das alles bisher wenig. Andere Frauen waren für ihn
zumindest derzeit kein Thema. Er kniff die Augen zusammen und strich sich über
den immer noch schmerzenden Hinterkopf. Als er die Lider wieder öffnete, schob
er die aufkommenden Zweifel beiseite, erhob sich aus seinem Stuhl und ermahnte
sein Selbst, dieses Treffen sachlich und rein beruflich zu betrachten, denn
nicht mehr als das war es. Er warf erneut einen Blick auf seine Armbanduhr.
„Acht
Uhr? Ich denke das geht in Ordnung“, sagte er dann, und um das Gespräch nicht
unnötig in die Länge zu ziehen oder peinliche Pausen entstehen zu lassen,
beendete er es mit dem Satz: „Also bis dann.“
„Bis
dann“, entgegnete Niandee und legte auf.
Kees
steckte das Diensttelefon zurück in seine Station, sank in seinen Bürostuhl
zurück und atmete tief durch. Sein Blick wanderte durch den Büroraum und blieb
zwangsläufig an einem Bild hängen, das in einem der unteren Fächer seines
Eckregals stand. Er konnte es kaum sehen, denn einige ungeordnete Akten türmten
sich davor auf, aber es änderte nichts an der Anwesenheit des einzigen Fotos,
das er von Miriam und seiner Wenigkeit aufgehoben hatte. Ein Bild, das zu
Beginn ihrer Beziehung an Bord der kleinen Segeljacht in Veere gemacht worden
war. Es grenzte an ein Wunder, dass Fred Maartens noch nicht
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