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Sonne, Schnee und Tote

Sonne, Schnee und Tote

Titel: Sonne, Schnee und Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Biesenbach
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gefragt hatte,
wieso Kees nicht endlich mit der Vergangenheit abschloss und es in den
Mülleimer beförderte, denn zweifelsohne hatte Fred das Bild bemerkt. Der
Commissaris warf ständig kritische Blicke auf die Bilder in den Büros anderer
Leute.
    Bloemberg
hatte sich diese Frage selbst bereits gestellt und keine vernünftige Antwort
gefunden. Er wusste nur, er konnte es einfach noch nicht. Etwas in seinem
Innern hing dem, was unwiderruflich verloren war, noch immer nach und weigerte
sich stur, loszulassen. Die folgenden Gedanken, die sich in diesem Moment
wieder Stück für Stück in sein Bewusstsein schoben, kannte er zu genüge. Es
waren immer dieselben und jetzt war definitiv der falsche Zeitpunkt, in diese
Richtung abzuschweifen. Er riss den Blick von dem Regal mit dem Bild los und
starrte vor sich auf die Schreibtischplatte.
    Was
machst du hier eigentlich? fragte er sich plötzlich und brummte übellaunig, als müsste er sich selbst
lautstark daran erinnern: „Meine Arbeit, du Hohlkopf, was sonst? Ich mache nur
meine Arbeit. Und in einer Stunde verhöre ich eine Zeugin. Ich verhöre nur eine
Zeugin. Nur einen Zeugin, Bloemberg. Kein Grund zur Panik. Und danach mach ich
mich nach Hause und gönne mir eine weitere beschissene Nacht mit wenig Schlaf.“
    Noch
immer über sich selbst und die Gefühle ärgernd, die er in diesem Moment nicht
unter Kontrolle zu bringen vermochte, sprang er auf und eilte dem Ausgang
entgegen. Frische Luft half ihm regelmäßig dabei, wieder einen klaren Kopf zu
bekommen, auch wenn man bei der „frischen Luft“ in Rotterdam – je nachdem wo
man sich aufhielt – Abstriche in Kauf nehmen musste, manchmal sogar sehr große.
     
    ***
     
    19:39
Kneipe Rock‘s-Eck , Rotterdam Maashaven
    Fred
Maartens Blick schweifte zwischen der Uhr über der Bar und seinem leeren
Bierglas hin und her. Aus den Boxen in den Ecken tönten Hardrock-Klänge, nicht
unbedingt Freds Musikgeschmack. Wäre es nach ihm gegangen, hätte er sich diese
Spielunke sowieso nie ausgesucht, aber seine Verabredung hatte darauf bestanden,
sich an einem Ort zu treffen, an dem man weder den einen noch den anderen
kannte. Darüber hinaus verspätete sie sich, was Maartens nicht recht gefallen
mochte. Zwar war es keinesfalls so, dass er ein Problem damit hatte, wenn sich
jemand nicht an exakte Terminvorgaben hielt. Oft genug war er selbst einer
jenen, die auf den letzten Drücker oder eben die obligatorischen fünf Minuten
nach allen anderen kamen. In diesem Fall jedoch konnte er kaum erwarten, dass
es endlich losging.
    „Mach
mir noch eins“, bat er den Barkeeper, einen muskelstrotzenden Kerl mit blonden
Stoppeln und Tätowierung auf den Unterarmen, der gelangweilt auf einem Hocker
neben dem Eingang der schmuddeligen Kneipe saß. Er trug Jeans und ein
ausgewaschenes schwarzes T-Shirt mit dem Emblem einer wenig bekannten
Heavy-Metal-Band. Offensichtlich wartete er auf mehr Kundschaft, aber an diesem
frühen Abend taten ihm nicht einmal seine Stammgäste den Gefallenen, ihn mit
einem Besuch zu beehren. Fred war sein einziger Gast. Der Commissaris hatte auf
einem mit ausgewetztem, falschem Leder bezogenen Hocker Platz genommen und der
Mann machte kein Geheimnis daraus, dass er es selbst vorgezogen hätte sitzen zu
bleiben. Da auch ihm jedoch offenkundig klar war, dass wenige Einnahmen immer
noch besser als gar keine waren, erhob er sich und schlenderte hinter den
Tresen.
    „Verdammt
müder Abend“, murmelte er und füllte Maartens Glas.
    Der
Commissaris erwiderte nichts, schaute stattdessen wieder zur Uhr. Noch immer
keine Spur von dem Journalisten, den er hier treffen wollte.
    „Bist
wohl nicht sehr gesprächig“, knurrte der Barkeeper und schob ihm das Bier hin.
Teile davon schwappten auf die Theke.
    Als
Fred trotz des offensichtlich provozierten Malheurs wieder nicht antwortete,
trollte sich der Mann zurück auf seinen Platz, verschränkte die Arme und wippte
zum Takt von AC/DC Thunderstruck .
    Die
Einrichtung des Etablissements war insgesamt alt und durch das Fehlen von
ausreichend Licht werfenden Lampen sowie sauberen Fenstern wirkte alles muffig
und düster. Maartens fühlte sich hier fehl am Platz und das wollte etwas
heißen. Wenn es darum ging, nach Feierabend ein Bier oder zwei, drei Schnäpse
hinunterzukippen, war er wenig wählerisch, vorausgesetzt: Das, was er wollte,
war zu einem erschwinglichen Preis zu haben. Hier allerdings fühlte er sich
unwohl, auch wenn er nicht näher bestimmen konnte, woran das

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