Sonne über Köln (German Edition)
meinen Jungs. Damals hatte ich zehn Wagen laufen. Wir sind dann alle runter
nach Südfrankreich. Das war ein 25-Meter-Kahn–"
"Billy
hatte knapp fünfhundert Euro im Portemonnaie. Er ist aber nicht ausgeraubt
worden. Die Einnahmen waren noch da", unterbrach Jäger. Ihm war schon bei
dem zuvor geführten Telefonat aufgefallen, dass Deckert das war, was der Kölner
als Schwaadlappen bezeichnet.
Deckert
schaute die Beamten verdutzt an: "Weswegen wurde er dann umgebracht?"
"Das
wollen wir herausfinden", sagte Jäger. "Hier scheint ja jeder Billy
zu kennen. Erzählen Sie uns was über ihn."
Deckert
dachte einen momentlang nach: "Naja, es stimmt schon, dass ihn jeder
gekannt hat. Das heißt aber noch lange nicht, dass wir hier etwas über sein
Privatleben wissen. Er war immer freundlich und korrekt. Manchmal kam er mit
Teilchen an. Man hat zusammen einen Kaffee getrunken und ein Schwätzchen
gehalten. Das war's. Alle dachten immer, dass er ein echter Kölner war. Aber
eigentlich stammt er aus dem Ruhrpott. Er kam wegen seines Studiums nach Köln.
Das hat er aber abgebrochen. Manche hielten ihn für einen komischen Kauz wegen
seines Westernticks, aber im Grunde war er ein guter Kerl."
"Das
ist uns schon bekannt", sagte Jäger. "Wir wissen inzwischen, dass er
beliebt war. Aber gab es auch Feinde? Hat er sich mal mit irgendjemandem
gestritten? Vielleicht gab's Krach mit einem anderen Taxifahrer?"
Deckert
schüttelte den Kopf: "Nicht, dass ich wüsste."
Bode
ergriff die Initiative: "In jedem Taxi gibt es einen Alarmknopf. Warum hat
er den nicht ausgelöst?"
"Kann
ich Ihnen auch nicht sagen. Aber selbst wenn, glaube ich nicht, dass das einen
Unterschied gemacht hätte."
"Und
wieso nicht?", fragte Bode.
"Sehen
Sie, was mit Billy passiert ist, ist schrecklich, keine Frage. Aber trotzdem
muss man sagen, das Taxigeschäft ist sicher. Übergriffe auf Taxifahrer sind extrem
selten. Und dass einer ermordet wird, ist noch seltener." Deckert rieb
sich seine dicke, rote Nase und dachte einen Moment lang nach: "Soweit ich
mich erinnern kann, liegt der letzte derartige Fall über 15 Jahre zurück. Und
das war nicht mal ein Raubüberfall. Der Taxifahrer hatte nur Pech gehabt, weil
er der Erste war, der dem Typen über den Weg lief, nachdem der Ärger mit seiner
Frau hatte. Und genau aus dem Grund, weil nie was passiert, werden die
Notrufe–man muss sagen, leider–auch nicht mehr ernst genommen.
Hinzu kommt, dass oft Fehlalarm ausgelöst wird von Leuten, die nicht wissen,
wie sie das Display richtig bedienen müssen, obwohl gerade das ein wesentlicher
Bestandteil der Ausbildung ist."
Jäger
fiel auf, dass die Frau, die dem Schreibtisch des Schichtleiters am nächsten
saß, das Gespräch aufmerksam verfolgte. Sie schien etwas sagen zu wollen. Da
jede Information wichtig für die Untersuchung sein konnte, ermutigte er sie mit
einem freundlichen Nicken.
Die
Frau hob ihre Hand wie in der Schule und begann zögerlich zu sprechen:
"Ich hatte Samstag Nachtschicht. Da ist mir was aufgefallen. Ich weiß
nicht, ob das wichtig ist, aber–"
"Für
uns ist alles wichtig", sagte Jäger und machte einen Schritt auf sie zu.
"Da
war ein Anrufer, der hatte ein iPhone in der Drei-sieben-sieben, also in Billys
Taxi, verloren."
"Ist
so ein Anruf ungewöhnlich?", fragte Jäger.
"Eigentlich
nicht. Aber die Art, wie er mit mir gesprochen hat, war komisch. Er hat mit
unterdrückter Nummer angerufen. Als ich ihn nach seiner Telefonnummer fragte,
wollte er sie mir nicht geben. Stattdessen wollte er die von Billy haben. Die
hab ich ihm natürlich nicht gegeben, nur seine Taxinummer. Dann hat er einfach
aufgelegt."
Die
Männer schauten sich gegenseitig an, nicht sicher, ob das eine hilfreiche
Information war oder nicht.
"Wann
genau war das?", fragte Bode.
"Sonntagmorgen
gegen zwei, und dann gegen halb drei hat er noch mal angerufen", sagte die
Frau.
"Hat
er sein iPhone wiederbekommen?", fragte Jäger.
Die
Frau zuckte mit den Schultern: "Das weiß ich eben nicht. Ich habe mehrere
Nachrichten rausgeschickt, dass Billy sich melden soll, aber es kam keine
Rückmeldung."
Bode
winkte ab: "Ich glaube nicht, dass das relevant ist. Das war Sonntagmorgen
in aller Frühe. Billy ist aber erst am Nachmittag ermordet worden."
Jäger
war anderer Meinung, was er der Frau mit einem freundlichen Lächeln wissen
ließ. "Ist die Fahrt registriert?", fragte er.
Die
Frau nickte eifrig: "Ich hab's aber auch im Kopf. Das war um 1.36 Uhr für
das Restaurant Touba.
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