Sonne über Köln (German Edition)
und setzte sich zu Sonia auf die Matratze:
"Hier ist Kaffee und etwas zu essen."
Sonia
reagierte nicht. Nichtsdestoweniger spürte sie Usamas stechenden Blick, als der
das Tablett näher an sie heranschob.
"Na
greifen Sie schon zu. Sie müssen was essen", sagte er aufmunternd.
"Ich
habe keinen Hunger", sagte Sonia leise.
"Dann
trinken Sie wenigstens etwas." Usama hielt ihr den dampfenden Pott hin.
Sonia
zog ihre Knie an den Körper und schlang die Arme darum. Dabei fielen ihr die
Haare übers Gesicht und bedeckten es. Als Usama das sah, kam sein Blut
unwillkürlich in Wallung. Er berührte sie vorsichtig an der Schulter, doch
Sonia reagierte nicht.
Einige
Sekunden später richtete sie sich wieder auf und strich sich die Haare hinter
die Ohren. Obwohl es ihr widerstrebte, etwas von diesem Mann anzunehmen, griff
sie nach der Kaffeetasse. Das heiße Getränk tat ihr gut. "Warum tun Sie
das alles?", fragte sie. "Warum glauben Sie meinem Mann nicht, wenn
er sagt, dass er Ihre Brillanten nicht hat?"
"Weil
er lügt", sagte Usama. "Er ist ein Ungläubiger. Und die Ungläubigen
lügen, wenn sie den Mund aufmachen."
"Ich
kenne ihn und weiß, dass er nicht lügt", beteuerte Sonia. Sie schaute
Usama an: "Ich verstehe das alles nicht. Was hat der Glaube damit zu tun?
Sie sind offensichtlich Moslem und mein Mann ist … ist nichts. Er ist zwar
getauft, war aber seit Jahren nicht in der Kirche. Er ist einfach nur ein
Mensch, der versucht, mit jedem auszukommen. Hassen Sie ihn deshalb?"
"Es
interessiert mich nicht, ob er in den letzten Jahren in der Kirche war oder
nicht", sagte Usama. "Entscheidend ist, dass er kein Moslem ist. Alle
die nicht an Allah glauben–Christen, Juden, Hindus und was es sonst noch
so gibt–sind Ungläubige. Sie sind nichts anderes als ein Bindeglied
zwischen Mensch und Tier und maximal als Sklaven der Gläubigen zu gebrauchen."
"Das
kann nicht Ihr Ernst sein!", sagte Sonia schockiert.
Usama
sah sie mit seinen stechenden Augen an: "Ich mache keine Witze!"
Sonia
schluckte und quittierte Usamas drohenden Blick mit einem Kopfschütteln. "Warum
können wir nicht alle gemeinsam friedlich auf dieser Welt leben?", sagte
sie leise. "Erklären Sie's mir. Ich will's nur verstehen."
"Weil
Ihr diese Welt beherrschen wollt", sagte Usama. "Weil Ihr der Sünde
frönt, weil Ihr die Existenz Allahs leugnet und euch über ihn lustig macht ...
Aber ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Heute werden die Bewohner dieser Stadt
den Zorn Allahs spüren."
"Was
passiert denn heute?", fragte Sonia. Sie fühlte sich komisch und stellte
die Kaffeetasse auf den Boden.
"Ich
werde im Auftrag Allahs den Mannschaftsbus von Maccabi Haifa in die Luft
jagen", sagte Usama feierlich.
Sonia
blickte ihn ungläubig an: "Sie können doch keine unschuldigen Menschen
töten!"
Usama
lachte verächtlich: "Menschen? Das sind keine Menschen!"
"Während
meines Studiums habe ich auch den Koran gelesen", sagte Sonia. "Und
ich respektiere Ihren Glauben und Ihre Lebensweise. Warum respektieren Sie
unsere nicht?"
"Sie
sollten sich bedecken und ein Kopftuch tragen", sagte Usama statt zu
antworten.
Sonia
hob ihren Kopf und fuhr mutig fort: "Ich lebe nach unserer Kultur. Ich bin
froh darüber, dass sich Frauen bei uns nicht hinter Schleiern verstecken müssen
und dass sie über ihre Angelegenheiten selbst entscheiden können."
Usama
schaute sie ernst an: "Im Koran wird die Rolle der Frau eindeutig
festgelegt: Die Männer sind den Weibern überlegen, wegen dessen, was Allah
den einen vor den andern gegeben hat und weil sie von ihrem Geld für die Weiber
auslegen. Die rechtschaffenen Frauen sind gehorsam und sorgsam in der
Abwesenheit ihrer Gatten wie Allah für sie sorgte. "
Sonia
setzte an zu sprechen. Doch Usama bedeutete ihr mit einer energischen Geste ihn
nicht zu unterbrechen: " Diejenigen aber, für deren Widerspenstigkeit
ihr fürchtet, warnet sie, verbannet sie in ihre Schlafgemächer und schlagt sie.
Und so sie euch gehorchen, so suchet keinen Weg wider sie. Allah ist der
Größte. "
"Ich
kenne diesen Vers", sagte Sonia. Sie blinzelte. Sie sah plötzlich alles
verschwommen und hatte ein starkes Schwindelgefühl. Doch sie wollte sich nichts
anmerken lassen: "Wie kann man das alles nur so falsch auslegen? Und wie
kann ich etwas, das über 1500 Jahre alt ist, vorbehaltlos auf unsere moderne
Zeit anwenden?"
Sonia
spürte einen Schlag im Gesicht. Sie fiel sanft auf die Matratze. Usamas
verzerrtes Gesicht schwebte über ihr. Sie hörte seine
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