Sonne über Köln (German Edition)
ihre Riesenarmbanduhr und verdrehte ungeduldig die
Augen. Bei jeder Bewegung, die sie machte, zog ein Schwall von Körpergeruch in
Bodes Nase. Der gab sich keine Mühe seinen Ekel zu verbergen und wedelte
übertrieben mit der Hand um die Luft zu verwirbeln. Das Mannsweib tat so, als
ob das alles nichts mit ihr zu tun hätte.
"Ist
Ihnen in letzter Zeit etwas Besonderes aufgefallen?", fragte Bode.
"Mir
ist nichts aufgefallen. Ich bin Rentner. Ich komme jeden Tag für drei Stunden
her, erledige mein Zeug und bin wieder weg."
"Und
wie ist es dazu gekommen, dass Sie ihn gefunden haben?"
"Heute
sollten in allen Wohnungen neue Wasseruhren eingebaut werden. Die Mieter sind
vor vier Wochen informiert und dazu aufgefordert worden, heute zwischen 8 und
12 Uhr den Zugang zu ihren Wohnungen zu ermöglichen. Da hier keiner aufgemacht
hat, bin ich mit dem Generalschlüssel rein. Na und dann haben wir ihn liegen
sehen. Wenn das nicht gewesen wäre, hätte er wahrscheinlich noch wochenlang
hier gelegen. Im Haus hier hätte ihn jedenfalls keiner vermisst."
Bode
nahm die Worte des Hausmeisters nickend zur Kenntnis. Dann wandte er sich an
den weiblichen Gas/Wasserinstallateur. Er musterte sie mit einem Blick, der
ausdrückte, dass er sie für das hässlichste Exemplar der Gattung Frau hielt,
das ihm je untergekommen war. Sie schien das nicht zu interessieren, geschweige
denn zu beeindrucken.
"Genau
so war's", sagte sie sachlich. "Wir sind hier rein und haben ihn
liegen sehen. Wir haben nichts angefasst oder verändert." Sie deutete mit
dem Daumen auf den Hausmeister, wobei Bode nun auch ihre schmutzigen
Fingernägel auffielen: "Er hat direkt die Polizei gerufen. So und jetzt
muss ich gehen! Ich habe nämlich einen Zeitplan und muss bis Mittag hier fertig
sein." Sie schaute abermals auf ihre Uhr, winkte dann aber ab: "Ach!
Das schaff ich sowieso nicht mehr."
"Bevor
Sie gehen, brauche ich Ihre Personalien", sagte Bode mit gekräuselten
Lippen.
Als
Usama die Tür öffnete, stand sein Onkel vor ihm. Der blickte erstaunt auf das
Tablett mit Kaffee, Obst und zwei belegten Brötchen, das sein Neffe in den
Händen hielt: "Wo willst du denn hin?"
"Äh
... rüber in mein Labor", sagte Usama. Er war im ersten Moment
überrumpelt, fing sich aber sofort wieder.
"Und
was ist mit dem Tablett?"
"Ich
arbeite an einem Projekt und muss eine Menge Experimente für mein Vordiplom
machen. Deswegen esse ich gleich drüben."
"Ich
habe mich schon gewundert, was du in den letzten Tagen dauernd da drüben zu tun
hast ... Also keine Uni heute?", sagte der Onkel.
Usama
schüttelte den Kopf: "Der Prof ist krank."
Am
Gesichtsausdruck des Onkels war zu erkennen, dass er diese Aussage bezweifelte.
"Vordiplom ist mein Stichwort. Können wir reden?", fragte er in einem
Ton, der Usama keine Wahl ließ. Der zuckte denn auch hilflos mit den Schultern,
als Zeichen des Einverständnisses, ging wieder zurück ins Zimmer und stellte
das Tablett ab.
Der
Onkel folgte seinem Neffen. Er nahm ihm gegenüber Platz und schaute Usama ernst
an. In einer nachdenklichen Pose, presste er seine Finger so fest
gegeneinander, dass die Knöchel knackten. "Usama", begann er zögernd,
"ich muss mit dir über dein Studium reden."
Usama
nickte: "Und worüber genau?"
"Kannst
du dir das nicht denken?", sagte der Onkel. "Wie oft hast du mir
schon erzählt, dass du dein Vordiplom machst?–In welchem Semester bist du
jetzt eigentlich?"
Über
Usamas Gesicht huschte ein verlegenes Lächeln: "Du weißt genau, in welchem
Semester ich bin. Ein Chemiestudium ist nunmal nicht einfach. Aber ich gebe
mein Bestes."
Der
Onkel schüttelte entschieden seinen Kopf: "Genau das tust du eben nicht!
Im Gegenteil. Du lässt dein Studium schleifen und verpulverst dazu mein
Geld."
"Aber
du–"
Der
Onkel bedeutete mit einer energischen Handbewegung, dass er nicht unterbrochen
werden wollte: "Du verpulverst mein Geld und hängst immer wieder ein weiteres
Semester dran. Das kann nicht so weitergehen. Ich habe dich wie meinen eigenen
Sohn aufgezogen. Du hast alles gehabt. Aber irgendwann ist auch meine Geduld zu
Ende."
"Du
hast viel für mich getan. Aber trotzdem konntest du mir meine Eltern nicht ersetzen",
sagte Usama leise mit gesenktem Haupt.
Der
Onkel merkte, dass er Usamas wunden Punkt getroffen hatte und nahm die Schärfe
aus seinem Ton: "Ich weiß. Aber daran lässt sich doch nichts mehr ändern.
Alles, was ich tun konnte, war, dir ein anständiges Zuhause zu geben. Und du
darfst nicht
Weitere Kostenlose Bücher