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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Sie pünktlich an der Treppe!« Damit rauschte Louise davon.
    Eine halbe Stunde später erschien Sarah mit dem Picknickkorb.
    Helena war gerade auf dem Weg in die Halle. »Ah, da kommt ja mein Proviant«, bemerkte sie lächelnd.
    »Das hat mir Adelaide gegeben«, erklärte Sarah. »Sie sagte, Sie wollen einen Spaziergang machen.«
    »Ja. Vielen Dank.«
    Als Helena die Hand nach dem Korb ausstreckte, wich Sarah zurück. »Sie wollen den Korb doch nicht allein tragen, Madame!«
    »Was spricht dagegen?«
    »Er ist ziemlich schwer. Es wäre besser, wenn ich ihn trage.«
    »Mit anderen Worten, du möchtest mich begleiten.« Helena schmunzelte, als Sarah errötete. »In Ordnung. Ein wenig Gesellschaft ist nie verkehrt. Weißt du vielleicht, wo es in der Nähe einen ruhigen Ort für ein Picknick gibt? Vielleicht einen ohne Absturzgefahr.«
    »Unten am Fluss ist es sehr schön.«
    »Aber der Weg dahin ist beschwerlich, und ich möchte Didiers Dienste nicht in Anspruch nehmen.«
    Als habe er seinen Namen gehört, erschien der Kutscher in der Tür und schaute sich in der Halle um, als suche er jemanden.
    »Wie sieht es mit dem Wald hinter dem Gut aus?«, fragte Helena. »Die Landschaft dort ist reizend. Da findet sich doch bestimmt ein nettes Plätzchen.«
    Sarah erbleichte. »Nein, da sollten Sie nicht hingehen.«
    »Warum?«
    »Weil dort das Dorf ist.«
    »Das Dorf?« Helena war verwirrt. Was hat sie nur? Hausen dort wilde Tiere?
    Sarah presste verlegen die Lippen zusammen.
    »Nun sag schon, was ist mit dem Dorf? Ist es verboten, es zu besuchen?«
    Sarah schüttelte den Kopf.
    »Das Dorf gehört den Maori«, schaltete sich nun Didier ein. »Verzeihen Sie, wenn ich mich einmische, Madam, aber ich habe zufällig gehört, worüber Sie sich unterhalten haben.«
    »Mögen die Dorfbewohner nicht, wenn man in ihrer Nähe spazieren geht?«
    »Die Leute sind misstrauisch gegenüber pakeha«, antwortete Didier.
    »Pakeha?«
    »Das ist ihre Bezeichnung für die Weißen.«
    »Und die mögen sie nicht.«
    Sarah und Didier wechselten einen kurzen Blick.
    »Die Maori sind friedliebende Menschen. Sie sollten nur nicht allein dort auftauchen. Ihre Bräuche sind für Menschen aus Europa sehr ungewöhnlich. Sie könnten schockiert sein.«
    »Warum sollte ich schockiert sein, Didier? Laufen diese Menschen etwa unbekleidet herum?«
    »Nein, aber Sie könnten einiges missverstehen.« Didier senkte den Blick. »Und falsch reagieren.«
    »Ach, keine Angst, ich nehme ja Sarah mit«, beschwichtigte Helena, die es vor Neugier plötzlich kaum noch abwarten konnte, das Dorf zu sehen. »Sie wird mich sicher warnen, wenn sich etwas Schockierendes ankündigt.«
    Der Kutscher neigte nur den Kopf und verschwand in Richtung Arbeitszimmer.
    Helena wandte sich aufmunternd lächelnd an Sarah. »Also, wollen wir es wagen?« Damit stürmte sie zur Tür hinaus.
    Auf dem Spaziergang entdeckte Helena so viel Neues, dass sie die körperliche Anstrengung vergaß. Sarah führte sie auf verborgenen Trampelpfaden durch das Buschland, die Helena allein niemals gefunden hätte. Die Wachsamkeit des Mädchens war auffallend.
    Fürchtet Sarah sich vor Gefahren?, wunderte Helena sich. Didier hat doch behauptet, dass die Maori friedlich sind.
    Plötzlich raschelte es neben ihr. Helena sprang erschrocken zur Seite. Sehen konnte sie nichts.
    »Hatten Sie Angst, Madam?«
    »Ich dachte nur, es wäre ein wildes Tier.«
    »Hier gibt es keine wilden Tiere.«
    »Wirklich? Keine Schlangen oder Skorpione?«
    »In Neuseeland gibt's keine Schlangen. Jedenfalls nicht auf dem Boden, sondern nur im Wasser. An Land haben wir Vögel, Weta, Fledermäuse ...«
    »Eine Weta habe ich auf dem Weg hierher gefunden.«
    Sarah riss erschrocken die Augen auf. »Haben Sie sie etwa mitgenommen? Madame Louise ...«
    »Nein, keine Sorge!« Helena legte Sarah beruhigend die Hand auf den Arm. »Didier hat mich bereits gewarnt. Ich habe sie gelassen, wo sie war.«
    Das Dienstmädchen atmete auf. »Madame wird sehr ungehalten, wenn sie Weta auf ihrem Grund sieht.«
    »Was ist mit Fledermäusen oder diesen Kiwis?«, fragte Helena.
    »Die Fledermäuse zeigen sich erst in der Dämmerung. Auch die Kiwis sind sehr scheu. Es ist ein Glück, wenn man einen zu sehen kriegt.«
    »Und sonst? Gibt es keine Rehe oder Hirsche?«
    »Es gibt in manchen Gegenden Füchse. Und Hasen. Die ersten Engländer haben sie mitgebracht, um jagen zu können.« Sarah deutete nach oben, wo es in den Baumkronen raschelte. »Das da sind Keas.

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