Sonne über Wahi-Koura
verfolgt?«
»Ja, sie sind bestimmt noch nicht weit.« Helena lehnte sich an Newmans Schulter. Ihre Lunge schmerzte, und ihre Beine waren schwer wie Blei.
»Taylor, Leduc, Bronson!«, rief Newman über ihre Schulter hinweg, während er beruhigend ihren Rücken streichelte.
Die Gerufenen waren sofort zur Stelle. »Was gibt es, Boss?«
»Durchkämmt den Weinberg nach Störenfrieden! Wenn ihr sie habt, bringt sie mir!«
Sofort rannten die Arbeiter los.
Helena machte sich frei und knetete verlegen die Hände.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, fragte Newman. Auch er wirkte angespannt.
»Ja, mir ist nichts passiert.«
»Gut, dann sehe ich selbst mal nach dem Rechten.«
Als Helena nickte, rief er einem der Burschen zu: »Mike, begleite Mistress de Villiers zum Haus zurück.«
Helena wollte ihm nachrufen, dass das nicht nötig sei, doch da war er bereits verschwunden.
Louise blickte beunruhigt auf den Weinberg. Nach dem Gespräch mit der Heilerin hatte sie sich zum Kultplatz des Stammes begeben. Von hier aus hatte sie eine hervorragende Sicht auf ihren Besitz. Wie soll es weitergehen? Den Maori mochte nichts an Besitz liegen, aber auch ihr Leben hing davon ab, dass das Land in Louises Hand blieb. Louise wusste, wie einige Weiße noch heute mit den Maori umsprangen. Selbst wenn die Ureinwohner westliche Kleider trugen und regelmäßig in die Kirche gingen, waren sie keineswegs geachtet.
Louise seufzte. Nachdenken brachte sie nicht weiter. Ich sollte zurückkehren und mich um meine Bücher kümmern. Oder mit Newman reden.
Nach der Rückkehr zum Gut übermannte sie das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Aufgeregt redeten die Männer miteinander. Die Wortfetzen, die sie aufschnappte, ergaben für Louise allerdings keinen Sinn.
»Was ist los, Mister Newman?«, erkundigte sie sich beim Kellermeister, der zwischen seinen Leuten stand.
»Wir hatten Eindringlinge im Weinberg«, antwortete Newman ernst.
Louise versuchte, nicht allzu erschreckt dreinzuschauen. »Eindringlinge?«
»Wir vermuten, dass sie vorhatten, die Ernte zu vernichten. Ihre Schwiegertochter ist von diesen Leuten verfolgt worden.«
»Meine Schwiegertochter? Was hatte sie denn im Weinberg zu suchen?«
Newman fuhr sich verlegen übers Kinn. »Sie ist spazieren gegangen.«
»Und niemand war im Weinberg? Wo hatten Sie Ihre Leute?«
»Bisher war es nicht nötig, den Weinberg zu bewachen. Aber jetzt habe ich ein paar Männer dazu abgestellt. Wenn diese Kerle noch einmal auftauchen, werden wir sie kriegen.«
Louise fragte sich, was Manson wohl tun würde, wenn er ihrem Weinberg schaden wollte. »Suchen Sie sämtliche Stöcke nach Nägeln ab, und überprüfen Sie den Boden!«, wies sie die Männer schließlich an. »Für den Fall, dass sie Gift ausgegossen haben.«
»Ja, Madame. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Wo steckt meine Schwiegertochter?«
»Im Haus. Jedenfalls habe ich sie dorthin bringen lassen.«
Louise raffte die Röcke und eilte davon.
Helena hatte sich gerade hingelegt, um sich von der Verfolgungsjagd zu erholen, als es klopfte. »Komm rein!«, rief sie in der Annahme, dass es Sarah sei.
Mit raschelnden Röcken trat Louise ein.
Helena fuhr erschrocken auf und bezahlte dies mit einem heftigen Seitenstich. »Madame, was führt Sie zu mir?«
Louise blickte sich kurz um, bevor sie die Tür hinter sich schloss.
»Sie waren heute im Weinberg, nicht wahr?«, fragte sie mit verkniffener Miene.
Helena straffte sich. »Ja, das war ich.«
»Sie sind von Männern verfolgt worden, habe ich gehört.«
»Das stimmt, aber mir ist nichts passiert.«
Sorgt sie sich etwa um mich?, fragte sich Helena erstaunt.
»Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Sie nichts tun sollen, was Ihr Kind in Gefahr bringt. Sie werden sich ab sofort vom Weinberg fernhalten.«
»Aber warum?«, entgegnete Helena aufgebracht. »Die Spaziergänge tun mir gut.«
»Dann suchen Sie sich einen anderen Ort dafür. Der Weinberg ist für Sie ab sofort tabu.«
Vor Schreck brachte Helena kein Wort heraus. Jetzt schreibt sie mir auch noch vor, wohin ich gehen soll! Tränen schossen ihr in die Augen. Der Weinberg ist doch der einzige Ort, an dem ich mich richtig wohlfühle! Warum will Louise mir das nehmen?
»Ich verstehe nicht, was daran gefährlich sein soll, wenn ich in den Weinberg gehe, Madame!«
Louise presste die Lippen zusammen. Ihre Augen funkelten zornig. »Diese Männer hätten dem Kind gefährlich werden können. Sie hätten stürzen und eine Fehlgeburt
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