Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Titel: Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
Vom Netzwerk:
hatte, als er ursprünglich in die Stadt gekommen war. Dort hatte er auch Zi Lei kennengelernt. Andere Mannschaften zogen in die benachbarten Wohnblöcke. Anfangs nur Männer, aber bald auch Frauen und Kinder. Familien und Freunde fielen einander in die Arme. Langsam erwachte das Stadtviertel wieder zum Leben. Unternehmer richteten notdürftige Cafés an Straßenecken ein, servierten Tee und Snacks oder zogen in kleinen Gefäßen Kräuter und Gemüse. Es gab Buden, wo Güter ausgetauscht werden konnten. Ein informelles Bezahlsystem auf der Grundlage des persönlichen Ansehens entwickelte sich. Entlang des Flussufers errichteten die Menschen Mahnmale für die Toten, schufen kleine Skulpturengärten aus Trümmern und Glas, befestigten Gedenktafeln an der Böschungsmauer oder steckten selbstgemalte Flaggen und Wimpel an Drahtstäben in den Boden, die im Luftzug der Klimaanlage flatterten. Auf die mit Einschusslöchern übersäten Mauern malten sie Wandbilder. Sehr beliebt war es auch, winzige, aber äußerst komplizierte abstrakte Muster auf die Ärmelaufschläge von Einheitsoveralls zu sticken. Es gab Gedichtvorträge, Liederfeste und Diskussionsgruppen über Wissenschaft und Philosophie.
    Aber der größte Teil der Stadt war immer noch marode und vom Krieg gezeichnet. Das halblebendige Gras, das Straßen und Alleen bedeckte, war abgestorben und zerbröckelte zu Staub. Parks und Gärten waren noch nicht neu bepflanzt worden, und viele Gebäude waren immer noch
stark beschädigt und unbewohnbar. Sperrstunden und andere Einschränkungen wurden strikt durchgesetzt. In den Wohnblocks wurde zwischen zehn Uhr abends und sechs Uhr morgens der Strom abgeschaltet, und brasilianische Drohnen patrouillierten unablässig im Luftraum zwischen dem hohen Zeltdach und den flachen Dächern der Häuser im alten Stadtviertel. Es waren tödliche, funkelnde Maschinen mit flackernden Lichtern, die sich unter trägem Summen fortbewegten. Nachts wanderten die roten Fäden ihrer Laserstrahlen über die leeren Straßen und Alleen. Manchmal führten brasilianische Patrouillen in den Wohnblocks nächtliche Razzien durch, weckten sämtliche Bewohner und durchsuchten alle Räume, beschlagnahmten Eigentum und warfen es auf den Hof hinaus, zertrampelten kostbare Gärten und nahmen wahllos Leute fest. Die meisten Festgenommenen kehrten zwei oder drei Tage später zurück, benebelt vom Schlafmangel und den Nachwirkungen von Wahrheitsdrogen. Manche jedoch wurden nie wieder gesehen.
    Die Brasilianer waren ebenfalls in die Stadt gezogen und hatten das gesamte Stadtgebiet westlich der ausgebrannten Ruinen der Börse und des Senatsgebäudes abgesperrt. Das Stadtzentrum und der am Hang gelegene Park wurden in eine Festung und verbotene Zone verwandelt, die von dicken, explosionssicheren Mauern und einem Gewirr aus intelligentem Draht umgeben war. Ein Wohnhaus, das in einem eigenen Zelt untergebracht und deshalb relativ unbeschädigt geblieben war, als das Hauptzelt einen Riss bekommen hatte, wurde in ein Bürogebäude umgewandelt. Hier hatte die neue Regierung des Saturnsystems ihren Sitz. Ein steter Strom von Schleppern und Shuttles transportierte brasilianische und europäische Offiziere und Verwaltungsbeamte in den Orbit und wieder zurück. Dann wurden
sie mit großer Geschwindigkeit durch die Stadt in das Sperrgebiet befördert, das nun als Grüne Zone bezeichnet wurde.
    Als die Besatzer anfingen, für niedere Tätigkeiten in der Grünen Zone Außenweltler anzuwerben, gab sich der Spion besondere Mühe, sich bei den Wachen einzuschmeicheln. Im Gegensatz zu den meisten Außenweltlern sprach er fließend Portugiesisch. Zusätzlich zu seiner sonstigen Arbeit erledigte er kleine Botengänge für die Wächter und tat so, als würde es ihm nichts ausmachen, wenn sie sich ihre derben Späße mit ihm erlaubten. Schließlich wurde er zu einem kurzen Gespräch mit einem Sicherheitsoffizier eingeladen und erhielt eine Anstellung im Büro für die Bemessung von Kollateralschäden. Dort sollte er Übersetzungen von Dateien überprüfen, die von den Spex und Lesetafeln toter Außenweltler stammten.
    Sobald er Gelegenheit dazu erhielt, schleuste er einen seiner Dämonen in das brasilianische Netz ein, ein Datenmaulwurf, der rasch mit den Ergebnissen seiner Suche in den großen Registern der Lebenden und Toten zurückkehrte. Zi Leis Name befand sich nicht in der Liste der Toten und auch nicht in denen der Verweigerer und Arbeitskräfte. Und obwohl der Dämon dem Spion

Weitere Kostenlose Bücher