Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Bilder von dreiundzwanzig jungen Frauen zeigte, die er aus Dateien und den Aufnahmen von Überwachungskameras herausgefiltert hatte, wies keine von ihnen mehr als nur eine oberflächliche Ähnlichkeit mit Zi Lei auf. Es war deshalb unwahrscheinlich, dass sie einen anderen Namen angenommen hatte. Ein wenig länger dauerte es, bis es zwei weiteren seiner Dämonen gelang, sich Zugang zu dem stark verschlüsselten Kommunikationssystem zu verschaffen und Kopien seines Datenmaulwurfs zu den Verwaltungen der anderen Monde unter brasilianischer Herrschaft zu schicken.
Zi Lei war weder auf Mimas, noch auf Enceladus, Thetys oder Titan registriert.
Der Spion weigerte sich, die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass sie sich an Bord eines der toten Schiffe befand, die immer noch den Saturn umkreisten. Nein, sie war am Leben. Sie musste es einfach sein. Vielleicht war sie auf einem der Schiffe gewesen, die zum Uranus geflohen waren. Oder vielleicht war sie zum Mond Rhea oder Iapetus geflogen. Die Rhea wurde von der Europäischen Union regiert und Iapetus von der Pazifischen Gemeinschaft. Zu ihren Netzen gab es keine direkte Verbindung. Oder womöglich befand sich Zi Lei auch immer noch auf Dione, als Teil der aktiven Widerstandsbewegung, deren Mitglieder die Stadt infiltriert hatten oder in Verstecken lebten, die von den Besatzern noch nicht entdeckt worden waren. Der Spion schleuste einen weiteren Dämon in das brasilianische Netz ein und gab ihm den Auftrag, jede einzelne Aufnahme der Überwachungskameras der Stadt nach Zi Lei abzusuchen. Dann begann er damit, Kontakt zu Sympathisanten des Widerstands aufzunehmen.
Jeden Tag trafen neue Gerüchte über Sabotageakte und Angriffe auf die Besatzer ein. Trupps, die abgelegene Schutzhütten durchsuchten, gerieten in einen Hinterhalt. Sprengfallen wurden an Straßen vergraben. Einmal wurden mehrere zivile Berater in der Grünen Zone durch eine ferngesteuerte Bombe getötet. Die Bombe explodierte in der Nähe des Gebäudes, in dem der Spion arbeitete. Die Explosion warf ihn von seinem Stuhl. Und als er sich aufgerappelt hatte, sah er eine schwarze Rauchwolke zum Dach des Stadtzelts aufsteigen. Noch in derselben Stunde durchsuchten Soldaten sämtliche Büros, und wie alle anderen Außenweltler, die in der Zone arbeiteten, wurde der Spion festgenommen, verprügelt und kurz verhört. Seine angenommene Identität
hielt der Überprüfung stand, und zwei Tage später konnte er gemeinsam mit den anderen seine Arbeit wieder aufnehmen. Allerdings dauerte es jetzt länger als eine Stunde, die verstärkten Sicherheitskontrollen an den Zugängen zur Grünen Zone zu durchlaufen, und alle, die dort arbeiteten, wurden immer wieder nach dem Zufallsprinzip angehalten und durchsucht.
Anfangs endeten die vorsichtigen Erkundigungen, die der Spion über die Widerstandsbewegung einholte, stets in einer Sackgasse. Ein paar Männer und Frauen hatten offenbar Mitleid mit ihm und versprachen ihm, dass sie alles versuchen würden, um etwas über Zi Lei in Erfahrung zu bringen. Aber keiner von ihnen meldete sich je bei ihm zurück. Einmal wurde er auf dem Weg von der Arbeit nach Hause von zwei Männern abgefangen. Beide trugen Stoffärmel über den Köpfen, in denen sich Schlitze für die Augen und den Mund befanden. Einer hielt ihm ein Messer an die Kehle, während der andere, der deutlich älter war, ihm sagte, dass er zu viel Lärm um etwas machte, das ihn nichts anging. Der Spion hätte beide innerhalb von dreißig Sekunden ausschalten oder töten können, aber er gab vor, erschrocken und verängstigt zu sein. Dem älteren Mann sagte er, dass er verzweifelt nach der Frau suche, die er liebe, und dass er in der Grünen Zone arbeite und deshalb von Nutzen für sie sein könne. Er habe Zugang zu wichtigen Informationen und würde ihnen jeden Gefallen tun. Sie müssten lediglich fragen.
Der Mann schüttelte den Kopf. »Deswegen können wir dir nicht trauen – weil du für sie arbeitest. Bleib uns vom Leib. Such deine Frau ohne unsere Hilfe.«
Der Spion ließ die beiden Männer ziehen und merkte sich ihre Gangart. Daran erkannte er wenige Tage später den jüngeren Mann. Er folgte ihm zu seiner Wohnung und
brachte seinen Namen in Erfahrung. Er war immer noch damit beschäftigt, den jungen Mann zu beschatten, in der Hoffnung, dass er ihn zu anderen Mitgliedern des Widerstandes führen würde, als die Brasilianer drei Frauen verhafteten und behaupteten, sie hätten die Bombe in der Grünen Zone gelegt. Es
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