Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
Wiederbelebungsprozess scheint von einem Sensor ausgelöst worden zu sein, der auf die Änderung des Delta v des Shuttles reagiert hat, als es aus seiner Umlaufbahn geholt wurde. Irgendjemand an Bord des Shuttles hat das Mädchen offenbar in Kälteschlaf versetzt, in der Hoffnung, dass es gerettet werden würde.«
»Ich komme sofort in die Station«, sagte Loc. »Sagen Sie Barrett, dass er das Mädchen nicht anrühren oder es wecken soll. Die Kinder der Außenweltler sind schlau und einfallsreich. Und genauso gefährlich wie ihre Eltern.«
Aufregung und Neugier ließen den Einfluss des Alkohols schwinden. Er fragte sich, warum das Mädchen in dem Tank versteckt gewesen war. Wenn jemand die Kleine in Kälteschlaf versetzt hatte, in der Hoffnung, dass sie gerettet werden würde, warum hatte derjenige sie dann nicht gut sichtbar an Bord des Shuttles zurückgelassen?
»Sie ist nicht mehr hier«, sagte sein Assistent. »Oberst Barrett war der Meinung, dass die Station nicht richtig ausgerüstet ist, um sich um sie zu kümmern. Er hat sie in ein Krankenhaus in Paris verlegt. Es tut mir leid, Mr. Ifrahim, aber er hat sich nicht die Mühe gemacht, mich darüber in Kenntnis zu setzen. Ich habe erst davon erfahren, als die Mannschaft ihren Bericht abgegeben hat.«
»Wann war das?«
»Sie ist vor drei Stunden mit einem Schiff zur Mondoberfläche geflogen. Wie gesagt, ich habe das erst herausgefunden, als …«
»Befragen Sie die Mannschaftsmitglieder. Nehmen Sie sich einen nach dem anderen vor und holen Sie jede Einzelheit aus ihnen heraus. Machen Sie außerdem Aufnahmen von der Hefekultur und dem Druckanzug. Von allem.« Loc wollte gerade auflegen, als ihm noch etwas einfiel. »Haben Sie ein Foto von dem Mädchen?«, fragte er.
»Barrett hat nicht …«
»Die Druckanzüge der Mannschaften sind mit Überwachungskameras ausgerüstet. Gehen Sie die Dateien durch, suchen Sie eine gute Aufnahme von ihrem Gesicht und schicken Sie sie mir. Sofort.« Loc nahm seine Spex ab, gab einem der Kellner ein Zeichen und bestellte einen doppelten Espresso.
Yota fragte, ob er etwas tun könne.
»Du kannst ein Transportmittel für mich anfordern. Ich muss sofort ans andere Ende der Stadt fahren«, sagte Loc und rief das Krankenhaus an.
Die Zentralklinik der Stadt war während des Krieges durch ein Feuer schwer beschädigt worden und noch nicht wiederaufgebaut. Die medizinischen Abteilungen waren deshalb in ein umgebautes Lagerhaus am Ostende des Stadtzeltes,
in der Nähe des Güterbahnhofs, umgezogen. Als Loc und Yota dort ankamen, war das ganze Gebäude in Aufruhr. Nach Locs Anruf hatte der Chefarzt persönlich nach der Kapsel gesehen, in der das Mädchen behandelt wurde, doch die Kleine war verschwunden. Eine bewusstlose Krankenschwester lag in der Kapsel, und irgendjemand hatte das Überwachungssystem des Krankenhauses ausgeschaltet. Soldaten und Drohnen hatten das Gebäude umstellt und suchten es nun Kapsel für Kapsel, Zimmer für Zimmer ab. Loc fand die verantwortliche Mannschaftsführerin und teilte ihr mit, dass das Mädchen äußerst gefährlich sei, es aber auf keinen Fall getötet werden dürfe.
Inzwischen hatte Loc von seinem Assistenten eine Videoaufzeichnung erhalten, die von der Schulterkamera eines der Mitglieder der Bergungsmannschaft aufgenommen worden war. Sie zeigte das Gesicht des Mädchens durch die Sichtscheibe des Helms seines Druckanzugs. Loc hatte die Kleine sofort erkannt. Es war Avernus’ Tochter Yuli.
Die Mannschaftsführerin war eine stämmige, fähige junge Frau, die sich gelassen Locs kurze Erklärung anhörte, um wen es sich bei dem Mädchen handelte und wo es hergekommen war. »Inzwischen kann sie überall in der Stadt sein«, sagte er. »Stellen Sie mich zu Ihrem Vorgesetzten durch. Ich will, dass sofort eine Ausgangssperre verhängt wird. Alle möglichen Ausgänge müssen verriegelt und die ganze Stadt von Drohnen durchsucht werden.«
»Sie hat das Überwachungssystem der Klinik ausgeschaltet, aber die Kameras auf den Straßen funktionieren noch«, sagte die Mannschaftsführerin. »Ich habe die Aufnahmen von einer KI überprüfen lassen. Sie hat keine Spur von dem Mädchen entdecken können.«
»Dann hat sie einen der Wartungstunnel benutzt. Unter der Stadt gibt es ein ganzes Labyrinth davon.«
Die Mannschaftsführerin schüttelte den Kopf. »Dort unten haben wir auch Überwachungssysteme, seit wir einmal einen Trupp Rebellen in einem der Pumpenräume entdeckt haben. Festinstallierte
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