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Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun

Titel: Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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erzählte ihr Geschichten über ihre eigene Kindheit. Dass sie als Kind schüchtern und unbeholfen gewesen war und sich in ihrem Heimatstädtchen einsam gefühlt hatte, weil sich dort sonst niemand für Wissenschaft interessierte. Dass sie alles darangesetzt hatte, diesen Verhältnissen zu entkommen, sie es aber wegen ihrer niederen Herkunft nur zu einer Anstellung in einer landwirtschaftlichen Forschungsanstalt in São Luis gebracht hatte. Wie ihre Arbeit die Aufmerksamkeit des grünen Heiligen Oscar Finnegan Ramos geweckt hatte, der ihr eines seiner berühmten Stipendien verschafft hatte. Sie erzählte Yuli von ihrer ersten großen Entdeckung, einem Geistesblitz, mit dessen Hilfe sie ein schwieriges Problem
bei der Entwicklung eines neuartigen künstlichen Photosynthesesystems lösen konnte. Sie redete über ihre beiden Söhne, die Forschungseinrichtung, die sie auf der Halbinsel der Antarktis aufgebaut hatte, die Biome, die sie dort und an anderen Orten geschaffen hatte, wie zum Beispiel das Projekt in Rainbow Bridge auf Kallisto, das von Anfang an unter einem schlechten Stern gestanden hatte.
    Sri breitete ihr ganzes Leben vor Yuli aus. Öffnete dem Mädchen ihr Herz. Erzählte ihr Dinge, die sie nie zuvor irgendjemandem erzählt hatte. Versuchte, eine Verbindung herzustellen. Gemeinsamkeiten aufzudecken. Den Mord an ihrem Mentor ließ sie aus, aber sie versuchte, den Ehrgeiz und die Frustration zu erklären, die sie dazu gebracht hatten, alles aufs Spiel zu setzen und ins Saturnsystem zu kommen, wobei sie einen Sohn auf der Erde zurückließ und den anderen mitnahm und ihn als Geisel opferte.
    »Ich bin einsam«, sagte Sri. »Viele kluge Leute sind das hin und wieder. Und obwohl ich nicht so klug bin wie deine Mutter, bin ich doch intelligenter als die meisten Menschen. Aber manchmal wünschte ich mir, es wäre nicht so. Das hätte mir vieles erleichtert, weil ich dann ein ganz gewöhnliches Leben mit einfachen, gewöhnlichen Zielen hätte führen können.«
    Yuli dachte darüber nach und sagte dann: »Ich durchschaue die Masken, die die Menschen in der Öffentlichkeit tragen, und ich denke schneller als sie. Meistens kann ich ihre Gedanken ganz gut erraten. Dadurch fällt es mir schwer, sie zu mögen, und das macht mich einsam. Ich habe das Gefühl, der einzige echte Mensch in einem Spielzeuguniversum zu sein, das für mich viel zu klein ist. Geht es Ihnen auch so?«
    »Manchmal.«
    »Ich habe dieses Gefühl ständig. Bei allen Menschen.«

    »Auch bei deiner Mutter?«
    Einen Moment lang glaubte Sri, Yuli würde sich ihr öffnen, doch dann zuckte das kleine Mädchen nur die Achseln und sagte: »Niemand versteht meine Mutter. Nicht einmal sie selbst.«
    Und so ging es weiter. Sri verbrachte Stunden damit, eine Gesprächsgrundlage zu schaffen, und immer, wenn sie gerade glaubte, eine zaghafte Verbindung hergestellt zu haben, zog sich das Mädchen in seine Eisfestung zurück. Nach drei Tagen ging Sri zu dem Oberst, der für die Sicherheit im Habitat verantwortlich war, und sagte ihm, was sie brauchte. Der Mann hatte seine Zweifel, aber er konnte sich nicht mit Arvam Peixoto abstimmen, weil der General gerade Bagdad auf Enceladus besuchte. Sri trug ihr Anliegen außerdem mit großer Dringlichkeit vor und versicherte ihm, die volle Verantwortung dafür zu übernehmen.
    Am nächsten Tag traf sie sich mit Yuli am Rand des Waldes, der das Habitat umgab. Ein paar Drohnen schwebten wie Habichte über ihnen. Die Handgelenke des Mädchens waren vor dem Körper gefesselt, und sie stand vor einer Phalanx aus bewaffneten Wachen in schwarzer Rüstung. Sie wirkte ernst, gelassen und sehr klein.
    »Ich dachte, du hättest vielleicht Lust auf einen Spaziergang«, sagte Sri.
    »Warum nicht?«, erwiderte Yuli gleichgültig.
    Die Wachen und die Drohnen folgten ihnen, während sie durch das schattige Grün des Waldes schlenderten. Yuli erzählte Sri, dass sie bereits einige Male hier gewesen war. Ihre Mutter war mit Abbie Jones befreundet, der Matriarchin des Jones-Truex-Bakaleinikoff-Klans.
    »Sie lebt sicher nicht mehr hier, oder?«, sagte Yuli.
    »Ich glaube, sie wurde nach Paris gebracht.«

    Abbie Jones war eine politische Gefangene, eine von mehreren Hundert, die ohne Gerichtsverhandlung interniert worden waren.
    »Ich bin froh, dass sie nicht tot ist«, sagte Yuli. »Ich habe sie gemocht. Sie war beinahe genauso berühmt wie meine Mutter, aber der Ruhm bedeutete ihr nichts.«
    Sie unterhielten sich über die Erforschung der

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