Sonnenfall - McAuley, P: Sonnenfall - The Gardens of Sun
früh, und wir werden weiterziehen müssen, wenn die DMB uns findet. Aber wenn wir so denken, dann ist es immer zu früh, bis es irgendwann zu spät ist.«
Newt meinte es tatsächlich einmal ernst. Das kam sehr selten vor, weshalb Macy seinen Vorschlag genau überdenken musste. Sie sagte ihm, dass sie sich durchaus Kinder wünsche, aber nicht sicher sei, ob sie bereit dafür sei. Sie redeten darüber, gingen alle Argumente dafür und dagegen durch und schliefen schließlich eng umschlungen in der tiefen Hängematte ein.
Macy erwachte, als Newt sich abrupt aufrichtete, an ihr vorbei nach seiner Spex griff und sie aufsetzte. Die Spex gab ein leises Piepen von sich, das aufhörte, als er sich die Kopfhörer über die Ohren stülpte.
»Was ist?«, fragte Macy. Gänsehaut breitete sich auf ihrer nackten Haut aus. Wie alle wahrten sie absolute Funkstille, wenn sie auf der Mondoberfläche unterwegs waren. Wenn ihnen jemand eine Nachricht geschickt hatte, bedeutete das, dass es irgendwelche Schwierigkeiten gab.
Einen Moment später nahm Newt die Spex ab und reichte sie ihr.
Sie setzte sie auf. Schwarze Buchstaben liefen vor ihren Augen über einen grauen Hintergrund: Möglicher Kontakt.
Kehren Sie sofort zurück. Möglicher Kontakt. Kehren Sie sofort zurück. Möglicher Kontakt. Kehren Sie sofort zurück.
»Das muss vom Observatorium auf der Titania kommen«, sagte Newt. »Das ist das Einzige, das sich im Moment oberhalb des Horizonts befindet.«
Macy hielt sich am Rand der Hängematte fest, als er sich herausschwang. » Möglicher Kontakt. Das heißt, sie sind sich nicht sicher«, sagte sie.
»Wir werden wohl zurückfliegen und es herausfinden müssen. Wie man es auch dreht oder wendet, es sind keine guten Neuigkeiten.«
»Aber auch keine wirklich schlimmen. Noch nicht.«
»Nein, noch nicht.«
Die Observatorien auf Oberon, Titania und Ariel hielten hochauflösende Teleskope auf die Teile des Himmels gerichtet, die Schiffe von Saturn, Jupiter oder Erde passieren mussten, wenn sie einen Orbit um den Uranus erreichen wollten. Nachdem zwei Jahre lang weder Schiffe noch hinterhältige, kleine Drohnen gesichtet worden waren, die das Uranussystem infiltrieren wollten, hatten die Freien Außenweltler sich beinahe schon in Sicherheit gewiegt. Sie hatten gehofft, die DMB hätte vielleicht beschlossen, dass es zu viel Aufwand sei, sie zu verfolgen. Jupiter befand sich gegenwärtig auf der anderen Seite der Sonne, und Saturn entfernte sich vom Uranus und war inzwischen sogar weiter weg als die Erde. Diese gewaltigen Entfernungen glichen einem Burggraben, der sie vom Rest der Menschheit trennte. Eine Quarantänezone. Ein Vergleich der Aufnahmen des Teleskops im Observatorium auf Oberon hatte jedoch einen Lichtfleck zutage gebracht, der sich durch die feststehenden Muster des Sternenfeldes bewegte. In der Spektralanalyse war daraufhin deutlich geworden, dass es sich um
das Licht eines Fusionsantriebes handelte, der zu einem Schiff gehörte, das vom Saturn gestartet war und sich nun auf den Uranus zubewegte. Wenn es seine Flugbahn beibehielt, würde es innerhalb von nur dreißig Tagen einen Orbit erreicht haben.
Sobald alle in das Habitat zurückgekehrt waren, wurde eine außerplanmäßige Versammlung im runden Gemeinschaftssaal einberufen, wo die Freien Außenweltler ihr Essen zubereiteten, spielten und sich unterhielten. Sie berieten sich den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinein. Obwohl der Grundton der Diskussion ernst und nüchtern war, wurde sie von einer gewissen Furcht und Anspannung begleitet, die sich immer wieder in uncharakteristischen Pfiffen und Streitereien Luft machte. Die Freien Außenweltler hatten sich auf diesen Tag umfassend vorbereitet, aber nun, da er gekommen war, sahen sie sich mit der Möglichkeit konfrontiert, dass sie nicht überleben würden.
Macy saß neben Newt auf ihrem angestammten Platz auf den oberen Rängen des Saals und beobachtete das Geschehen mit zunehmender Ungeduld. Sie war von Frustration und Klaustrophobie erfüllt. Sie hatte nie daran gezweifelt, dass die DMB eines Tages gegen die Freien Außenweltler vorgehen würde, und sich dennoch einem trügerischen Gefühl von Sicherheit hingegeben, während sie zusammen mit den anderen daran gearbeitet hatte, ihre vorübergehende Zuflucht in ein Zuhause zu verwandeln. Sie hatten Gärten angelegt und Kinder bekommen und sich gemütlich eingerichtet, und nun, da der Ernstfall eingetreten war, verschwendeten sie ihre Zeit mit
Weitere Kostenlose Bücher