Sonnenfeuer - Der Frieden war nah
schaute sich auf ihrem Smartphone die Zusammenfassung der alliierten Satellitenaufklärung an. Seit Tagen befand sich Kuala Lumpur am Rande eines Bürgerkriegs. Hier prallten zahlreiche Fronten aufeinander; die traditionellen Muslimen; eine ehrgeizige Geschäftswelt und eine recht üppige Ölindustrie. Ob die Konferenz gerade deshalb in diesem Schmelztiegel der Kulturen abgehalten wurde?
Sie würden in Kürze landen, Simin saß neben ihr und frühstückte in aller Gelassenheit. Genüsslich ließ sie sich ein Croissant mit Butter und Marmelade schmecken. Eine Frau wie Feuer und Eis, stark, wunderschön und trotzdem zerbrechlich, wie eine Blume in einer Frostnacht. Lea war sich immer noch nicht sicher welche Gesten gespielt waren und welche nicht. Die meisten Menschen waren für sie binnen Sekunden zu durchschauen, nur Simin Navid verstand es perfekt, sich nicht in ein Schema pressen zu lassen.
„Ist alles in Ordnung? Lea, S ie schauen so besorgt. Bekommen wir in Kuala Lumpur Probleme?”
„Nein, nein… wir haben die Lage im Griff.” Was erzählte sie nur für einen Blödsinn, sie hatte gar nichts im Griff. Simin las in ihr wie in einem Buch. Verdammt, dass war ihr Job und nicht der ihrer Schutzperson, sie musste wieder die Kontrolle übernehmen. „Simin, darf ich Ihnen eine private Frage stellen?”
„Bitte.” Simin lächelte. „Ich glaube zwar nicht, noch über etwas Privates zu verfügen, über das sich nicht bereits die Analysten der Nachrichtendienste ausgiebig ausgelassen haben.”
„Können Sie mir etwas über Ihren Mann erzählen?” Die Analysten hatten tatsächlich nahezu über alles aus ihrem Leben berichtet. Ihre politischen Ansichten; ihren Bezug zum Geld; die Bedeutung ihres Glaubens und auch ihre sexuellen Vorlieben waren ausführlich dokumentiert. Nur, trotz der vielen Berichte konnte Lea darin nichts von Bedeutung erkennen.
„Er ist vergangenes Jahr gestorben. Er war ein guter Mann und ein liebevolle Vater”, erklärte Simin geduldig. Die Vita von Simin Navid war perfekt, die Frau wie auch ihr Mann hatten nicht den kleinsten Makel. „Aber vor ihm brauchen wir uns nicht mehr fürchten.”
„Fürchten?”
„Das war ein Scherz. Lea, ich verstehe, dass Sie wachsam sein müssen. Aber nicht hinter jeder Ecke lauert etwas Böses.” Simin legt ihr die Hand auf den Arm.
„Ja, ja… Berufskrankheit.” War die Geschichte mit ihrem Mann eine Sackgasse?
„Ich bin trotzdem froh Sie an meiner Seite zu wissen. Und glauben Sie mir, wir bekommen Probleme. Wobei nicht jedes Problem eine Waffe trägt.”
„Ihre Geschäftspartner?”
„Sie werden sie noch kennenlernen.”
Es war der erste Weihnachtsfeiertag. Lea befand sich wieder am anderen Ende der Welt und solange die Probleme sie weder erschießen noch in die Luft jagen wollten, würde sie gut damit umgehen können.
„Hier spricht Ihr Captain. Im Namen der Crew bedanke ich mich, dass Sie mit uns geflogen sind. Bitte schnallen Sie sich an und richten die Lehnen auf. Wir landen in wenigen Minuten.”
„Lea.” Noam stand vor ihr. „Wir brauchen dich.” Lea würde die Unterhaltung später fortführen, die Geschichte mit Simins Mann wollte sie besser verstehen.
Lea atmete tief ein, die warme Luft schlug ihr wie eine Wand ins Gesicht. 29 Grad Celsius, in Kuala Lumpur waren es immer 29 Grad Celsius. Das KLIA Bodenpersonal schob eine Treppe an die Lufthansa Maschine. Zahlreiche gepanzerte Fahrzeuge sicherten das Vorfeld, die Männer von Noam verließen als erstes das Flugzeug.
„Status green”, meldete Peter Norrington über das Kommandonetz. Lea zögerte, am liebsten hätte sie den Ami in einem grünen Sack im Meer versenkt.
„Alles in Ordnung!” Auch Noam hatte jetzt seine Leute in Position. Kim stand neben Lea und nickte.
„Los!” Lea legte Simin ihre Hand an den Rücken und verließ neben ihr das Flugzeug. Sie hasste es, etwas zu tun, was andere für sie geplant hatten. Der kurze Weg zur gepanzerten Limousine erschien ihr ewig. Die Sonne brannte. Aber alles blieb ruhig.
Die Wagenkolo nne setzte sich in Bewegung und stoppte erst wieder westlich des Contact-Piers am Bunga Raya Complex, den die malaysische Regierung üblicherweise für Staatsempfänge nutzte. Der an diesem Tage allerdings ausfiel, nur zwei Beamte empfingen die Delegation. Glücklich sahen die beiden Malaien dabei auch nicht aus, die ganze Reisegesellschaft hatte auch den Charme eines bewaffneten Gefangenentransportes. Die Hälfte des Gepäcks bestand aus
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