Sonnenfeuer
breites Grinsen lag auf ihren Gesichtern, als warteten sie auf ein großes Ereignis.
»Sie sehen so zufrieden aus«, stellte Perfy fest.
»Ja«, sagte er, »sie freuen sich.«
»Wieso?«
»Weil wir die Dschunke getauft haben. Schauen Sie!« Auf dem Rumpf des Schiffes direkt hinter dem Bug prangten große, noch feuchte chinesische Schriftzeichen.
»Was bedeutet das?«
»
Perfection.
Die Mannschaft ist begeistert von diesem Namen.«
»Oh«, murmelte sie geschmeichelt. »Das ist aber nett.«
»Ich habe meinen Leuten ein Fest anläßlich der Bootstaufe versprochen, wenn Sie an Bord kommen. Was sagen Sie dazu?«
»Eine wunderbare Idee«, erwiderte sie fröhlich. »Sagen Sie ihnen, ich fühle mich sehr geehrt.«
Durch das tiefblaue Wasser der Whitsundays fuhren sie nach Süden, die großen Segel über ihnen blähten sich im Wind. Perfy schlenderte über das Deck und genoß die Aussicht. Den Alltag hatte sie am Ufer zurückgelassen, und sie war froh, mit ihren Gedanken allein zu sein, während Lew die Arbeit seiner Mannschaft überprüfte. Seit Darcys Tod hatte sie unter ständiger Aufsicht gelebt. Ihre Eltern hatten sich Sorgen um sie gemacht und sich viel zu große Mühe gegeben, sie aufzuheitern und abzulenken. Deshalb war es ihnen auch recht, wenn ihre Verehrer wie Herbert, Lew und andere junge Männer aus der Stadt um ihre Gunst wetteiferten.
Es war erstaunlich, wie gut ihre Mutter sich eingelebt hatte. Sie war jetzt selbstbewußter und verbrachte ihre Zeit nicht nur mit ihren vielen Freunden, sondern auch in gleich zwei Damenzirkeln, einer Nähgruppe und einem Verein wohltätiger Frauen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, den unzähligen menschlichen Wracks, die von den Goldfeldern zurückkamen, wieder auf die Beine zu helfen. Ohne Darcy, dachte Perfy wieder einmal, wäre das alles nicht möglich gewesen.
»Wollen wir zu Mittag essen?«
»Ist es denn schon so spät?«
»Doch, eigentlich wäre es an der Zeit. Ich habe für heute einen Koch angestellt. Seit Ying weg ist, muß ich mich mit dem zufriedengeben, was unser Schiffskoch zubereitet, und das sind vor allem Reisgerichte.«
»Wie kann ein Mann von Ihrer Statur nur mit Reis auskommen?«
»Ganz gut«, erwiderte er lachend, »wenn es sein muß.«
»Was ist denn das für eine Insel dort drüben?« fragte Perfy. »Sie sieht so unberührt aus.«
»Gloucester Island.«
»Könnte wir nicht dort hinfahren und sie erkunden?«
»Keinesfalls, Verehrteste. Ich habe Ihrem Vater versprochen, daß ich Sie wohlbehalten zurückbringe. Möglicherweise hausen auf diesen Inseln wilde Schwarze, und auf ein solches Wagnis lasse ich mich nicht ein.«
Das Essen für den Kapitän und seine Begleitung wurde unter einem Sonnendach auf dem Deck aufgetragen. Perfy fühlte sich wohl, es war so einfach, mit Lew zu reden und ihm zuzuhören. Zu ihrer Überraschung erfuhr sie, daß seine Eltern Missionare gewesen waren, die von England nach China gereist und später dort gestorben waren. Doch als sie mehr über sie erfahren wollte, wurde Lew ziemlich einsilbig und wechselte rasch das Thema. Also erzählte sie ihm von Brisbane, von den Umständen, die ihre Eltern nach Australien verschlagen hatten, von Jacks langjährigem Dienst bei der Armee und von ihrer Arbeit im Haus des Gouverneurs. Lew hörte aufmerksam zu. Und ehe sie sich versah, redete sie über Darcy, bis sie mit Schrecken feststellte, daß sie die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte. So weinte sie sich an seiner Schulter aus, ließ sich von ihm in den Armen halten und schämte sich, daß sie sich so gehenließ und diesen wunderbaren Tag verdarb. Ihm schien es jedoch nichts auszumachen.
»Man muß sich mal ausweinen«, meinte er. »Es wird erst vorüber sein, wenn Sie Ihren ganzen Kummer herausgelassen haben.«
Später umfuhren sie Gloucester Island, wo sie ankerten, um in das ruhige, kristallklare Wasser mit den farbenprächtigen Fischen hinabzuspähen und einen Blick auf die Korallenbänke zu erhaschen. Bei Sonnenuntergang segelte die Dschunke, die sich wie ein großes glänzendes Goldstück von den dunkler werdenden Hügeln abhob, in die Edgecumb Bay und seinen belebten Hafen zurück.
Perfy lachte wieder fröhlich, als Lew sie an Land ruderte, und ihr peinlicher Gefühlsausbruch war vergessen. »Es war ein herrlicher Tag, Lew. Herzlichen Dank. Nehmen Sie mich mal wieder mit?«
»Wann immer Sie wollen«, antwortete er.
Als sie den Sandstrand überquerten, legte er einen Arm um sie. »Auf dem Schiff
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