Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
Vom Netzwerk:
verlegen.
    »Komm schon, Mutter«, meinte Jack. »Trau dich doch. Wir könnten es doch mal probieren.«
    »Keine Haifischflossen?« erkundigte sich Perfy.
    Lew lächelte sie an. »Das verspreche ich Ihnen.«
    Es gelang Lew, auch Chin Ying zum Kommen zu überreden. »Sie sind sehr nette Leute. Von der anderen Sorte lernst du noch genug kennen, es wird eine gute Erfahrung für dich sein.«
    Die Dschunke versetzte die Gäste in Staunen. Mrs. Middleton hatte offensichtlich einen schmuddeligen alten Kahn erwartet, wo sie von finsteren Chinesen angeglotzt werden würde. Um so überraschter war sie, als sie sah, daß alles an Bord blitzte und glänzte. Die Nacht war mild und sternenklar, und so hatte man die Tafel an Deck aufgebaut. Lew zeigte Jack und Perfy das Schiff, während Chin Ying sich mit Alice in ein höfliches Gespräch vertiefte.
    Lew erklärte währenddessen, daß der Rumpf mit dickem Spantenwerk in mehrere wasserdichte Kammern unterteilt war. Dann zeigte er seinen Gästen die Becken, in denen lebende Fische gehalten wurden, den Raum mit dem gepökelten Fleisch, die besonderen Wasserbehälter, die beiden Kombüsen und die komfortablen Einzelkabinen. Jack und seine Tochter waren sehr beeindruckt.
    Das Bankett gestaltete sich vergnüglicher, als Lew gedacht hätte. Ying erklärte jeden einzelnen Gang des Menüs aus zahlreichen verschiedenen Rindfleisch-, Enten- und Schweinefleischgerichten mit kleinen Klößen und gewürztem Gemüse, und der Familie machte es Spaß, die kleinen Portionen aus den Schälchen zu essen.
    »Meine Güte«, rief Alice aus, »wie viele Gänge gibt es denn bei Ihnen zu Hause?«
    »Das hier sind nicht besonders viele«, erwiderte Ying lächelnd.
    »Sie lassen es sich ja ganz schön gutgehen«, meinte Jack. »Ich hätte nie gedacht, daß mir Reis in etwas anderem als Pudding schmecken würde.«
    »Dabei heißt es, die Chinesen leben fast nur vom Reis«, sagte Perfy.
    Ying schüttelte den Kopf. »Keineswegs, Miss. Wir legen großen Wert auf gutes Essen.«
    Dabei ließ Ying allerdings außer acht, daß die chinesischen Bauern und Kulis mit sehr kärglichen Rationen Reis und Fisch auskommen mußten, und Lew wagte es nicht, ihn darauf aufmerksam zu machen.
    Nach dem gelungenen Abend wurde die Familie mit einem Boot an Land zurückgebracht. Chin Ying dagegen beschloß, an Bord zu bleiben.
    »Du hast also schon eine Dame für dich gefunden«, stellte er fest, als die Gäste aufgebrochen waren. »Darauf sollten wir noch einen Becher Wein trinken.«
    »Dir entgeht aber auch gar nichts«, meinte Lew. »War das denn so offensichtlich? Und wie findest du sie?«
    »Eine Jungfrau. Recht gutaussehend für eine Engländerin, denke ich.«
    »Aber Ying! Sie ist eine Schönheit! Bleib du nur bei deinen Goldfeldern, solange du willst. Ich glaube, hier läßt’s sich gut aushalten.«
     
    Perfy, ihr Hausmädchen Diamond und Lew verabschiedeten sich von Chin Ying, als dieser sich auf den langen Weg zu den Goldfeldern machte. Ying und ein ortsansässiger Führer reisten zu Pferde, Yings Diener Yuang Lu und Yuang Pan gingen zu Fuß. Sie hatten große Leinensäcke auf dem Rücken festgeschnallt und trugen Bambusstöcke, um die Kulis anzutreiben. Ying überreichte Perfy feierlich eine kleine Katze aus Jade, einen Glücksbringer, über den sie sich sehr freute. Von der Art und Weise, wie die Kulis behandelt wurden, gewann sie jedoch keinen so guten Eindruck.
    »Die armen Kerle«, sagte sie zu Lew. »Sie sind ja bepackt wie Esel.«
    »Das sind sie gewöhnt«, erwiderte er ungerührt. Wie er feststellte, fing Ying nun an, sich seiner Umgebung anzupassen. Statt der farbenprächtigen und unpraktischen Gewänder, die er sonst trug, hatte er einen dunklen Rock und Hosen angezogen, in denen er sehr geschäftsmäßig wirkte.
    »Auf Wiedersehen und viel Glück«, rief Lew, als sich der Zug auf der staubigen Straße in Bewegung setzte. »Ich bin gespannt, wie er vorankommt«, sagte er zu Perfy.
    »Weiß er nicht, daß sie durch die Berge müssen?«
    »Doch, warum?«
    »Weil es für all diese Männer furchtbar anstrengend wird, wenn sie soviel schleppen müssen.«
    »Nein, das glaube ich nicht. Es sind zähe Burschen. Ein Kuli kann bis zu siebzig Kilo tragen.«
    »Wie die Tiere.«
    Er faßte sie am Arm. »Perfy, jeder weiß, daß die Versorgung da draußen schlecht ist. Sie müssen gut ausgerüstet sein und genug Proviant haben. Außerdem geht es mit Kulis schneller als mit den Wagen, die ständig steckenbleiben.«
    »Ja,

Weitere Kostenlose Bücher