Sonnenfeuer
Grenzstraße zu bringen; sollte sie selbst sehen, wie sie dann weiterkam. Es war nicht das erste Mal, daß sie aufsässige Schwarze loswerden mußten.
Cornelia fuhr herum, als es an der Tür klopfte. Wer konnte das sein? Es war doch erst fünf Uhr morgens. »Herein«, rief sie. In der Tür stand Perfy, durchnäßt bis auf die Haut.
»Aber meine Liebe«, rief Cornelia aus, »was haben Sie denn gemacht? Sie sind ja ganz naß.« Sie sprang auf und reichte Perfy ein Handtuch. »Um Himmels willen, trocknen Sie sich erst einmal ab. Gut, daß es so heiß ist, Sie könnten sich ja sonst den Tod holen.«
Perfy nahm das Handtuch und legte es sich um die Schultern. »Cornelia, ich bin gekommen, um Ihnen für Ihre Gastfreundschaft zu danken, und dafür, daß Sie sich so um mich gekümmert haben. Aber ich reise heute von Caravale ab. Ich bin froh, daß ich Sie nicht aufwecken mußte, ich will nämlich in aller Frühe aufbrechen.«
»Aber, aber, liebes Mädchen! Sie können doch nicht einfach so fortgehen. Lassen Sie uns erst zusammen frühstücken und darüber reden.«
»Nein, mein Entschluß steht fest. Ich werde so früh wie möglich abreisen. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir jemanden zur Begleitung nach Charters Towers mitgeben würden.«
»Aber Perfy, was ist mit Ihren Kleidern?«
»Meine Kleidertruhe ist mit einem Wagen hierhergekommen, Sie können Sie auf demselben Weg nach Bowen zurückschicken.«
Cornelia lächelte. »Das habe ich nicht gemeint, Perfy. Ich meine, Sie können doch nicht einfach so losreiten. Sie müssen sich doch für die Reise vorbereiten. Aber sagen Sie, Sie gehen doch nicht etwa wegen des Geredes Ihres Hausmädchens?«
»Doch, genau deshalb«, antwortete Perfy.
Cornelia nahm Perfy am Arm und führte sie zu einem Sessel, obwohl sie wußte, daß die nassen Kleider des Mädchens den Brokatbezug ruinieren würden. »Jetzt hören Sie mir mal zu. Sie kennen die Schwarzen nicht. Ein ziemlich eigenartiger Schlag, und ständig verlieben sie sich in weiße Männer.« Cornelia lachte. »Sie werden doch nicht etwa das wirre Zeug glauben, das Diamond daherschwatzt?«
»Doch. Und es tut mir schrecklich leid, Cornelia, daß ich Ihnen diese Enttäuschung nicht ersparen kann, aber Sie haben im Lauf der Jahre sicher schon Schlimmeres durchgestanden.«
Cornelia war erstaunt über Perfys Entschlossenheit und Unbeugsamkeit. Von ihrer ersten Begegnung an hatte sie Perfy für geziert und etwas nervenschwach gehalten, doch nun erkannte sie, welche Willenskraft in dem Mädchen steckte. Sie hatte sich von ihrem Fieber erholt; ein paar Schluck Mohnauszüge hätten sie ruhiggestellt. Einmal hatte Cornelia tatsächlich mit diesem Gedanken gespielt, war aber zu dem Schluß gekommen, daß es nicht notwendig sei. Wie närrisch von ihr, dieses Mädchen so zu unterschätzen! Und Ben war ein noch viel größerer Narr. Sie würde ihm die Hölle heißmachen, wenn er heimkam!
»Ich würde das alles etwas leichter nehmen«, meinte sie. »Zumindest sollten Sie aber warten, bis Ben zurückkommt, und ihn anhören.«
»Lieber nicht.«
»Finden Sie das nicht ein wenig ungerecht? Ich bin schließlich seine Mutter, und ich kenne meine Söhne. Weder Ben noch Darcy haben sich jemals mit schwarzen Mädchen eingelassen.«
»Mit Ausnahme von Diamond«, erwiderte Perfy ungerührt. »Sie ist anders. Ich kann durchaus verstehen, daß er sie anziehend fand.«
»Unsinn! Sie ist keineswegs anziehend. Das Mädchen gehört doch zu einer ganz anderen Rasse.«
So ging das Gespräch hin und her, aber Perfy ließ sich nicht von ihrem Entschluß abbringen. Schließlich schien Cornelia nachzugeben. »Na schön, ich sehe, was ich tun kann. Aber vergessen Sie nicht, Perfy, daß nicht ich hier das Sagen habe, sondern Ben. Die Männer haben eine Menge Arbeit zu erledigen, und es sind rauhe, ungehobelte Burschen. Ich kann Sie ja nicht mit irgend jemandem losschicken.«
»Ich will noch heute abreisen.«
»Ihre Mutter würde es mir nie verzeihen, wenn ich Sie ohne anständige Begleitung in den Busch schicken würde. Ich will gar nicht daran denken, was Ihnen alles zustoßen könnte. Jetzt ruhen Sie sich heute noch mal aus, und ich sehe zu, was sich machen läßt.«
Der Vormittag ging in einen trüben, dunstigen Nachmittag über. Als Diamond noch immer nichts von Perfy gehört hatte, besuchte sie sie in ihrem Zimmer.
»Mrs. Buchanan bereitet unsere Abreise nach Charters Towers vor«, erklärte Perfy ihr.
»Wann?«
»Sobald es geht«,
Weitere Kostenlose Bücher