Sonnenfeuer
Das Unglück hat dich sicher etwas mitgenommen. Aber ich habe das Haus im Nu wieder aufgebaut. Du bist im Augenblick nur ein wenig durcheinander.«
»Nein, keineswegs«, erwiderte sie mit fester Stimme. »Ich habe meine Entscheidung schon vor Tagen getroffen. Ich will nicht heiraten.«
»Aber warum denn nicht? Das ist doch albern.«
Er hatte ein Recht auf eine Antwort, sie brachte es aber nicht über sich, ihm den wahren Grund zu sagen.
»Frag deine Mutter«, entgegnete sie und wandte sich ab, doch er hielt sie fest.
»Was ist mit meiner Mutter? Was hat sie gesagt?«
»Ach, nichts.« Perfy versuchte sich von ihm loszumachen.
»Sprich doch mit ihr, sie kann dir alles erklären. Ich kann es nicht.« Sie riß sich los. »Laß mich gehen.«
Eine Gruppe von Leuten hatte sich um die beiden versammelt, und er wagte nicht, sie zurückzuhalten. Er half ihr aufs Pferd und sagte: »Wir treffen uns dann in Bowen. Dort besprechen wir alles in Ruhe.«
»Das glaube ich kaum«, erwiderte Perfy. »Leb wohl, Ben. Das mit dem Haus tut mir wirklich leid.«
Und das stimmte. Ben war tatsächlich zu bemitleiden. Er hatte sein Haus und seine Braut verloren. Und seine Geliebte, dachte sie bitter.
Die anderen Fahrgäste in der Kutsche waren Gus und Mary Hallam und ihre beiden heranwachsenden Söhne. Die Hallams besaßen eine Farm draußen am Gilbert River und wollten den Sommer in Sydney verbringen. Mit einer Kutsche reisten sie zum ersten Mal.
»Ich auch«, meinte Perfy. Sie war froh, daß sie sich in Gesellschaft fremder Menschen befand. Die Kutsche rollte zur Stadt hinaus und den Hügel hinunter und beschleunigte, als sie die Ebene erreichte. Während Perfy auf den Hufschlag der Pferde hörte, spürte sie, wie sie auch innerlich Abstand von all den Sorgen gewann, die sie in letzter Zeit so geplagt hatten. Freunde der Buchanans hatten sie freundlicherweise von einer Farm zur nächsten begleitet, bis sie und Diamond schließlich Charters Towers erreicht hatten. Dort hatte Perfy sich sogleich von ihr getrennt.
»Hier sind zwanzig Pfund«, sagte sie. »Damit wirst du über die Runden kommen, bis du Arbeit gefunden hast.« Diamond hatte sich bedankt und war ohne ein weiteres Wort davonmarschiert. Ein wenig neidisch beobachtete Perfy, wie zahlreiche Leute sich auf der Straße nach Diamond umdrehten. Sie wußte, es lag nicht nur daran, daß Diamond ein hübsch gekleidetes schwarzes Mädchen war, wie man es selten sah. Diamonds Bewegungen waren fließend und anmutig, sie ging mit der Geschmeidigkeit einer Katze und wirkte ebenso stolz und selbstsicher.
Perfy fragte sich, wohin Diamond gehen und was sie tun würde, doch dann verbannte sie diesen Gedanken aus ihrem Kopf. Diamond und Ben und ihr schmutziges Verhältnis, einfach widerlich! Und dann diese verrückte Mrs. Buchanan! Perfy war überzeugt, daß Cornelia dem Wahnsinn verfallen war. Und die Männer waren derselben Meinung. Sie hatte gehört, wie einer von denen, die Cornelia mit Gewalt aus dem brennenden Haus zerren mußten, bemerkt hatte: »Die ist völlig übergeschnappt.« Das fand sie auch. Überhaupt waren alle auf dieser Farm verrückt. Sie wollte nie wieder einen von ihnen sehen.
Perfy lehnte den Kopf gegen die hartgepolsterte Lederbank und schloß die Augen. Sie war auf dem Weg nach Hause. Mit Caravale wollte sie nichts mehr zu tun haben. Sie würde ihren Anteil an der Farm verkaufen, an irgend jemanden, nur nicht an die Buchanans; denen würde sie ihn auf gar keinen Fall überlassen. Sie erschrak bei dem Gedanken, Ben hätte sie nur heiraten wollen, um die Farm zusammenzuhalten, doch es hätte immerhin möglich sein können. Wie auch immer, all das war jetzt nicht mehr von Bedeutung, sie war den Buchanans entkommen und wollte keinen Gedanken mehr an sie verschwenden.
Die Kutsche holperte und schaukelte die Straße entlang, das Pferdegeschirr klirrte, die Peitsche knallte und die eisenbeschlagenen Wagenräder knirschten. Jeder der gleichmäßigen Hufschläge bedeutete für Perfy eine Erleichterung, brachte er sie doch weiter weg von den verwirrenden Ereignissen der letzten Monate. Die Asche der Vergangenheit zerstreute sich im Wind. Man hatte den Fahrgästen mitgeteilt, daß sie am großen Fluß mit einer Fähre übersetzen und dann in eine andere Kutsche umsteigen mußten, die sie nach Townsville bringen würde. Dort konnte Perfy ein Schiff nach Bowen nehmen. Wie reizvoll, einmal allein zu reisen! Sie war unternehmungslustig, sie brauchte Leben um sich herum.
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