Sonnenfeuer
auf ein Gespräch mit einem schwarzen Mädchen einlassen? Sie mochte Mr. Chin. Bei ihm fühlte sie sich sicher und geborgen.
»Du mußt dich nicht sofort entscheiden«, meinte er. »Du kannst auch ein andermal wiederkommen.«
»Ich habe mich schon entschieden«, sagte sie kühn. »Ich bleibe. Zumindest für eine Weile, wenn Ihnen das recht ist.«
»Selbstverständlich.« Er läutete, und eine junge Chinesin kam herein und verbeugte sich. »Das ist Fan Su. Sie wird dich ins Badehaus bringen und dich auf deine Arbeit vorbereiten.« Er gab ihr auf chinesisch Anweisungen. »Außerdem wird sie dir zu einem etwas weiblicheren Erscheinungsbild verhelfen und dir dein Zimmer zeigen.« Lächelnd fügte er hinzu: »Siehst du, jetzt hast du ein eigenes Zimmer. Deshalb bist du doch gekommen, nicht wahr?«
Diamond wußte, daß er ihr ein wenig von der Aufregung nehmen wollte, die sie plötzlich überkommen hatte. Worauf hatte sie sich nur eingelassen? Was würde Mrs. Beckmann dazu sagen? Mit welchen Männern würde sie zu tun haben? Ein Schauer rieselte ihr über den Rücken, und sie wäre am liebsten fortgelaufen. Aber wohin?
»Du sehnst dich nach Sicherheit«, bemerkte er. »Und die einzige wirkliche Sicherheit kann dir nur Geld geben, Diamond. Hier wirst du Geld verdienen, und ich werde dir zeigen, wie du es anlegen und mehr daraus machen kannst.«
»Danke«, murmelte sie. Es kam ihr alles so unwirklich vor.
»Ich werde dich zur besonderen Dame meines Hauses machen, denn du bist etwas Besonderes. Und wie dein Name Diamond schon sagt«, fügte er lächelnd hinzu, ehe er sie Fan Sus Obhut übergab, »bist du ein wahrer Schatz.«
5
E dmund Gaunt ging es inzwischen besser. Mit Billy Kemp durch das Land zu ziehen, war ziemlich anstrengend gewesen, denn mit so einem Energiebündel konnte kein Mensch Schritt halten.
Billy betrachtete jeden Tag als den letzten Tag vor dem »großen Treffer«, dem Glückstreffer, der dann doch nie kam. In der Nähe von Gympie hatten sie Gold gewaschen, und es war nicht schlecht gelaufen, aber Billy hatte bald die Nase voll.
»Wieso sollen wir uns für ein paar Pfund abrackern?« sagte er. »Man muß das Leben genießen, Eddie. Zehn Pfund, fünfzig Pfund – das sind doch alles kleine Fische. Wir müssen ’nen richtigen Volltreffer landen. Nur einmal das große Los ziehen, und wir sind gemachte Leute. Sag nicht immer, daß das nicht geht, Kumpel, wir haben es doch mit eigenen Augen gesehen.«
Reden konnte Billy, das mußte man ihm lassen, und mit ein paar schönen Worten hatte er ihnen schon oft eine kostenlose Mahlzeit verschafft, wenn sie wieder einmal pleite waren. Aber beim Goldsuchen hatte ihnen sein Geschwätz auch nicht viel geholfen. Eines Tages hatten sie dann vom Cape River gehört. »Junge, wir hauen ab! Den Misthaufen hier können sie behalten. Auf in den Norden! Die Firma Kemp und Gaunt segelt in wärmere Gefilde!«
Nur segelten sie nicht. Sie gingen zu Fuß mit ihrem Gepäck auf dem Rücken.
»Nur ein paar hundert Kilometer«, hatte Billy gemeint. Es hörte sich so einfach an, aber es war alles andere als das. Die Stiefel durchgelaufen bis zum Oberleder. Mitfahrgelegenheiten auf Wagen erbetteln, tagsüber in der sengenden Hitze die Überlandstrecke entlang marschieren, nachts frieren. Sich Goldgräberbanden anschließen und zusehen, daß man etwas abbekam von dem gestohlenen Rind oder Schaf, das sie gleich am Wegrand schlachteten. Und sich vor den Gewehrkugeln der aufgebrachten Viehzüchter in acht nehmen. Diese Geizhälse! Als ob sie einen Stier oder zwei nicht verschmerzen könnten.
Als sie den Cape River erreichten, war Eddie völlig ausgemergelt und dürr wie eine Bohnenstange. Aber Billy erwies sich als echter Freund. Er fand immer etwas Eßbares und kümmerte sich um Eddie, der sich unter einem Palmblätterdach ausruhte. Irgendwie gelang es Billy sogar, das Geld für die Anmeldung eines Claims aufzutreiben, und so machten sie sich wieder an die Arbeit. Sie nannten ihr abgestecktes Gebiet »Taipan-Loch«; ein verrückter Name, dachte Eddie, bis Billy ihm erklärte, daß der Name Diebe abschrecken würde. Die Taipans waren die gefährlichsten Giftschlangen weit und breit, und Billy streute das Gerücht aus, daß es auf ihrem Claim von diesen Biestern nur so wimmelte. Der Plan funktionierte; niemand wagte sich in ihre Nähe.
Und so fing alles wieder von vorne an: Wenn sie etwas Gold fanden, verjubelten sie es sofort und schürften dann weiter. Wie gewonnen, so
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