Sonnenfeuer
sich zu rühren. Der ohrenbetäubende Krach mußte im ganzen Haus zu hören sein. Perfy vermutete, ein Schwarzer habe den Verstand verloren und sei ins Haus eingebrochen. Schon überlegte sie, ob sie möglicherweise durch die offenen Verandatüren flüchten konnte. Sie hörte das Klirren von Glas … Da wurden die Vorhänge beiseite geschoben, und Diamond trat ins Zimmer.
»Gott im Himmel!« keuchte Perfy. »Du hast mich ja zu Tode erschreckt. Was ist denn los?«
»Pst!« machte Diamond und schob sie beiseite. »Seien Sie still.«
Doch ehe Diamond weitersprechen konnte, wurde die Tür aufgestoßen, und Cornelia stürzte herein. Cornelia! Mit weit aufgerissenen Augen stand sie da, das Nachthemd zerfetzt, das sonst so gepflegte rote Haar hing zerzaust herab. Ihr Gesicht war zu einer Grimasse verzerrt. »Wo ist er?« schrie sie in ihrem Wahn.
»Er ist nicht da«, erwiderte Diamond ruhig. Cornelia versuchte sich an ihr vorbeizudrängen, doch das große schwarze Mädchen stellte sich ihr in den Weg. »Er ist nicht da«, wiederholte sie. »Gehen Sie.«
»Doch, er ist da, du lügst!« Cornelia versuchte Diamond aus dem Weg zu schieben, doch diese ließ sie nicht vorbei. Da deutete die Tobende auf Perfy, die am anderen Ende des Betts kauerte. »Da ist er! Das ist Clem! Töte ihn! Wir müssen ihn umbringen, schnell!« Sie wich zur Seite und warf dabei die Lampe auf der Kommode zu Boden. Im Nu fingen die Spitzengardinen Feuer. Perfy sprang über das Bett und versuchte die Flammen mit einem Kissen zu ersticken, während Diamond sich nach besten Kräften bemühte, Cornelia aus dem Zimmer zu drängen.
»Laufen Sie raus«, rief Diamond Perfy zu.
»Nimm deine Hände weg!« kreischte Cornelia. »Du bist nicht Clem.« Sie sah, wie Perfy auf die Veranda hinausrannte. »Fangt den Hundesohn! Ich muß ihn aufhalten!«
Sie hatte Diamond an den Haaren gepackt und zerrte mit solcher Gewalt daran, daß Diamond glaubte, sie würde ihr das Haar büschelweise ausreißen. Die andere Hand krallte sich in Diamonds Gesicht. »Runter mit der Maske!« schrie sie. »Das ist doch nur eine dreckige schwarze Maske!« Diamond versetzte ihr einen so heftigen Schlag, daß Cornelia losließ, nach hinten durch die Tür taumelte und zu Boden stürzte. Diamond blieb schwankend neben ihr stehen.
Cornelia sah erschreckt zu ihr auf, ihre Stimmung schien umzuschwingen. Händeringend wimmerte sie: »Er ist mein Ehemann. Wir müssen ihn finden. Verstehst du denn nicht?« Ihre Stimme steigerte sich wieder. »Es ist Clem!«
»Ich weiß«, sagte Diamond. »Es ist Clem, Ihr Ehemann.«
»Hilfst du mir, ihn zu suchen?« flüsterte Cornelia. »Sie dürfen nichts davon erfahren.« Sie kicherte irre. »Keiner darf was davon erfahren.«
Diamond glaubte, wieder den Baum zu riechen, die verkohlten Überreste der vom Blitz gefällten Buche am Friedhof. Doch da bemerkte sie den Qualm um sich herum. Die Eingangshalle, die sie niemals hatte betreten dürfen, hatte sich in ein prasselndes, funkensprühendes Flammenmeer verwandelt.
Erst stürzte Mae an ihr vorbei, dann der Vorarbeiter Paddy und andere Männer, und gleich darauf vernahm sie aufgeregte Schreie, daß das ganze Haus in Flammen stehe, das Schlafzimmer, der Flur, das Wohnzimmer und auch schon der Seitenflügel. In ihrem Wahn hatte Cornelia mehrere brennende Lampen umgestoßen, ohne sich weiter darum zu kümmern. Einige Männer hoben die Frau nun auf, und mit Mühe gelang es ihnen, die fluchende und wild um sich schlagende Tobsüchtige ins Freie zu schaffen.
Inzwischen kamen auch die Schwarzen vom Lager herbeigerannt, um den Farmarbeitern beim Löschen zu helfen. Mit Hilfe einer Menschenkette wurden Eimer von den Wassertanks weitergereicht, und Diamond hörte einen Mann sagen: »Warum zum Teufel regnet es nicht jetzt, wo wir’s brauchen könnten?«
Der Mond stand hoch am Himmel und verlieh den vorüberziehenden Wolken ein fahles Leuchten, während aus dem Wohnhaus der Caravale Station riesige Flammen emporzüngelten, die noch viele Kilometer weiter zu sehen waren.
Diamond empfand nichts beim Anblick der Feuersbrunst. Holz splitterte und krachte, die Männer sprangen beiseite, um herunterstürzenden brennenden Balken auszuweichen. Nasse Säcke wurden in die Flammen geschleudert, und verzweifelt versuchte man, das Feuer einzudämmen. Das Haus war nicht mehr zu retten, aber es mußte verhindert werden, daß die Flammen auf die kostbaren Wirtschaftsgebäude übergriffen. Das war zum Glück nicht allzu
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