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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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Billy zu und winkte ihn von dem Kranken weg.
    »Er braucht seinen Anteil bestimmt nicht mehr«, meinte Billy. »Mit ihm ist’s doch schon so gut wie aus. Begraben wir ihn neben seiner Frau und machen uns in der Nacht aus dem Staub. Dann folgt uns bestimmt niemand.«
    »Mein Gott, Billy, Sie reden, als wäre er schon tot.«
    »Mit dem Loch in seinen Eingeweiden und den anderen Verletzungen ist es doch nur noch eine Frage der Zeit. Er quält sich nur. Wir sollten ihm einen Gefallen tun und ihm eine Kugel durch den Kopf jagen.«
    Entsetzt fuhr Ben zurück. »Wie können Sie nur so reden?«
    »Ich habe gesehen, wie Sie ihre Rinder von Qualen erlöst haben. Warum wollen Sie es nicht für einen Kumpel tun?«
    »Halten Sie’s Maul«, zürnte Ben. »Das ist ein barbarischer Vorschlag. Schließlich ist er kein Tier.«
    »In Ordnung, dann bleiben Sie hier sitzen und hören sich seine Schmerzensschreie an. Ich ertrage das nicht.«
    Einige Tage lang ließ sich Billy nicht blicken. Einsam hielt Ben bei Jock Wache, errichtete eine kleine Hütte zu seinem Schutz und wusch die Wunden mit abgekochtem Wasser. Zu seiner Verzweiflung breitete sich die Entzündung jedoch weiter aus. Er setzte Maden auf das Geschwür am Bein, damit sie das verwesende Fleisch fraßen, aber der Geruch war ekelerregend. Jock litt Todesqualen, biß jedoch tapfer die Zähne zusammen. Nur selten kam ein Laut über seine Lippen. Bens Bewunderung für den Schotten wuchs. Manchmal schämte er sich, daß er seine Bemühungen als eine Art Wettstreit mit Billy ansah, dem er beweisen wollte, daß dieser unrecht hatte.
    Erstaunlicherweise dachte er während all der Zeit nie an sein Leben daheim auf Caravale. Es war, als ob der Palmer sich seines Daseins bemächtigt hätte, dieser elende Ort, der für ihn zur einzigen Wirklichkeit geworden war. Noch nie war er der Hölle so nahe gekommen. Alles schien ihm feindlich gesinnt und zehrte an seinen letzten Kräften. Sogar das Heulen der Dingos in der Nacht zermürbte ihn, während ihm dieses Geräusch zu Hause selbstverständlich vorgekommen war.
    Manchmal betete Jock, doch mehr als die Lippen bewegen konnte er nicht. Auch Ben betete, wenn er zum schlammigen Flußufer und wieder zurück watete. Dabei wußte er, daß er die Pfade, die durch die ständige Benutzung in Matsch verwandelt wurden, besser hätte vermeiden sollen. In diesem Klima entzündeten sich sogar die kleinsten Kratzer, wenn Schlamm in die Wunde geriet. Dennoch schleppte er eimerweise Wasser vom Fluß herauf, goß es durch ein Moskitonetz und kochte aus Buschhühnern Suppe. Er war entschlossen, Jock den Klauen des Todes zu entreißen.
    Als er eines Nachmittags seine durchnäßten Stiefel auszog, entdeckte er ein schwarzes eiternden Loch in seiner Fußsohle.
    Erstaunlicherweise hatte er keinen Schmerz gespürt, obwohl sich das eiternde Geschwür tief ins Fleisch gefressen hatte. Als er ein Messer ausglühte und hineinschnitt, schrie er laut auf. Erst jetzt konnte er sich vorstellen, was Jock durchmachte. Niemand kann Schmerzen wirklich nachfühlen, sagte er sich; man glaubt nur, es zu können. Er ärgerte sich über sich selbst und verrückterweise auch über seinen alten Zahnarzt, der ihm vor Jahren einen Zahn gezogen und gesagt hatte: »Ganz ruhig, mein Junge, es tut überhaupt nicht weh.« In dieser Nacht träumte er in seiner Verzweiflung, er durchbohre den Zahnarzt mit glühenden Messern.
    Eines Tages erschien unvermutet Billy Kemp wieder auf der Bildfläche. »Wie geht’s ihm?«
    »Ziemlich schlecht«, antwortete Ben und starrte auf Jocks graues, schweißüberströmtes Gesicht. Die behelfsmäßigen Verbände bestanden aus alten Hemden, die er sich zusammengebettelt oder gekauft hatte, nachdem der Wagen der McFeats in Flammen aufgegangen war.
    Billy nickte. »Kann ich irgend etwas tun?«
    »Nein.«
    »Nun denn.« Billy war wieder ganz der alte. »Haben Sie schon die Neuigkeiten gehört?«
    »Welche Neuigkeiten?«
    »Flußaufwärts wimmelt es nur so von Goldgräbern. Man sagt, daß über Nacht Hunderte hier aufgetaucht sind.«
    Ben konnte es kaum fassen. Seine Kopfschmerzen hatten sich wieder eingestellt. »Wo sind sie hergekommen?«
    »Genau das ist ja das Interessante. Sie kommen von der Küste. Von hier sind’s nur hundertsechzig Kilometer bis zum Meer. Ich habe mir immer geschworen, nie mehr in die Nähe dieses verfluchten Endeavour River zu kommen, und jetzt kann ich’s kaum erwarten, ihn zu sehen. Dank der Goldsucher gibt es jetzt einen

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