Sonnenfeuer
hätten uns wenigstens erlauben können, uns auf die hintere Veranda zu setzen. Vielleicht haben sie uns vergessen. Wir sollten nach Hause gehen und erzählen, wie schäbig man uns behandelt hat.«
Perfy war entsetzt. »Wir werden doch die Gräfin sehen! Du kannst ja heimgehen, Amy Campbell. Ich bleibe, und wenn ich den lieben langen Tag hier sitzen muß.« Sie hoffte insgeheim sogar, daß Amy nach Hause gehen würde, dann hätte sie eine Mitbewerberin weniger.
Laura stieß sie an. »Schau mal, wer da kommt!«
Alle drei drehten sich um und sahen, wie die Witwe Beckmann durch den Lieferanteneingang hereinkam. Einem dunklen Schatten gleich glitt sie durch einen üppigen Tunnel von Frangipanibüschen; ihr Gesicht war durch einen schwarzen Schleier verdeckt. Die Haushälterin hatte in ihrem schwarzen Kleid groß und knochig ausgesehen. Mrs. Beckmann in einer altmodischen weiten Krinoline war das genaue Gegenteil. Unsicher sah sie sich um und ging dann auf Zehenspitzen auf die Mädchen zu. Ein hochgewachsenes schwarzes Mädchen folgte ihr. Aufmerksam betrachteten die Wartenden das schwarze Mädchen, das besser gekleidet war als die anderen Eingeborenen. Sie trug eine gestärkte weiße Bluse, einen langen schwarzen Rock mit hübschem Gürtel und hatte sogar Schuhe und schwarze Strümpfe an! Eingeborene Frauen liefen sonst immer barfuß. »Guten Morgen, Mädchen.« Mrs. Beckmann lüftete den Schleier. »Wo kann ich Mrs. Porter, die Haushälterin, finden?«
»Ich meine, sie ist dort oben.« Amy deutete auf das Haus.
Mrs. Beckmann zögerte. Ihr Gesicht unter dem schwarzen Schleier war rot und verschwitzt, und sie tat Perfy leid.
»Möchten Sie sich gerne setzen?«
»Nein danke, Liebes.« Mrs. Beckmann blickte hinauf zur Sonne, deren Strahlen sich erbarmungslos auf die Bank zubewegten, auf der die Mädchen saßen. »Ich warte lieber dort im Schatten.« Sie ging hinüber zu einem Gartenstuhl, der unter dem Dach eines kleinen Schuppens stand. Das schwarze Mädchen folgte ihr und stellte sich dann wie ein Wachposten neben sie, nicht wie die meisten Schwarzen, die mit hängendem Kopf und nach innen gedrehten Füßen herumlungerten, sondern aufrecht und mit erhobenem Kopf wie eine Statue; ihr kurzes, dichtes Haar lag wie ein Kappe über ihrem Kopf. Sie war etwa so alt wie die anderen Mädchen, sah aber so stark und selbstsicher aus, daß Perfy sich unwohl zu fühlen begann.
»Sie hat diese Schwarze doch wohl nicht mitgebracht, damit sie sich auch um die Stelle bewirbt?« flüsterte Amy. »Man wird sie doch nicht einem Niggerweib geben.«
»Sieht aber ganz so aus«, bemerkte Laura, und dann saßen sie wieder still da. Sogar die Vögel schwiegen jetzt und suchten in den Bäumen Zuflucht vor der brennenden Mittagssonne, aber die drei Mädchen harrten tapfer an dem ihnen zugewiesenen Platz aus. Verzweifelt spürte Perfy, wie ihr unter den Achseln der Schweiß ausbrach, wie er ihren Nacken entlanglief und ihr frischgestärktes Kleid durchnäßte. Sie hoffte, daß es den beiden anderen genauso erging.
Endlich kam diese Frau, in der sie Mrs. Porter vermuteten, die Hintertreppe herunter. Sie nickte der Deutschen zu.
»Sind Sie Mrs. Beckmann?«
»Ja, die bin ich.«
»Und sie fragten nach einer Stelle für Ihren Schützling? Ist sie das dort drüben?«
»Ja, ein braves Mädchen, das gut arbeiten kann.«
Die Haushälterin starrte Diamond an. »Ich habe nicht gern schwarze Mädchen im Personal. Sie sind dumm wie Bohnenstroh.«
»Dieses hier nicht.« Gussie mochte dieses böse Weib nicht, aber sie wollte höflich bleiben. »Es wäre nur ein Akt der christlichen Nächstenliebe, wenn Lady Bowen sie einstellen würde …«
»Schön und gut, von der Gräfin zu erwarten, daß sie eine praktizierende Christin ist, aber wie steht’s mit dem Mädchen?«
»Sie ist getauft und kennt die Bibel.« Gussie lächelte. »Wir haben das Mädchen Diamond getauft, nach der Gräfin, so sehr verehren wir sie.«
Mrs. Porter grunzte. »Nun, das würde ich erst einmal nicht erzählen. Ihre Hoheit wäre eher peinlich berührt als erfreut.«
Gussies Augen verengten sich. »Ihr Name ist Diamond, und das merken Sie sich bitte.«
»Ach, wirklich? Wenn ich sie überhaupt nehme.«
Mit klopfendem Herzen widerstand Gussie dem Drang, diese Frau beiseite zu schieben und sich selbst auf die Suche nach Lady Bowen zu begeben. »Mein verstorbener Mann«, sagte sie, »war ein Freund des Premiers, Mr. Herbert. Mr. Herbert hat mit der gnädigen Frau
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