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Sonnenfeuer

Sonnenfeuer

Titel: Sonnenfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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für sie finden konnte.«
    Sie sahen Diamond zu, die mit einer Schere einige aufgeblühte rote und rosa Rosen schnitt und in buntes Papier wickelte. Perfy bedankte sich, als Diamond ihr die Blumen reichte. Um noch etwas zu sagen, fügte sie hinzu: »Mrs. Beckmann hat mir erzählt, daß du in der Schule warst.«
    Diamond grinste. »Nicht in der Schule. Die Missus hat mich unterrichtet. Schwarze Mädchen dürfen nicht zur Schule gehen, nicht wahr, Miss Perfy?«
    Perfy starrte sie an. Zum ersten Mal hatte sich Diamond direkt an sie gewandt und obwohl ihre Stimme höflich klang, meinte Perfy eine Spitze herausgehört zu haben, die sie dazu veranlaßte, sich zu verteidigen. »Ich glaube nicht«, antwortete sie. »Aber die meisten sind nicht wie du, Diamond. Sie würden nicht in die Schule passen. Ich will damit sagen, daß sie nicht wie Weiße erzogen wurden.«
    »Ich glaube trotzdem nicht, daß sie mich zulassen würden«, widersprach Diamond. »Aber das macht nichts. Es würde mir in der Schule gar nicht gefallen. Sie schlagen euch, nicht wahr?«
    »Mein Wort darauf, daß sie es tun. Ich weiß gar nicht, wie oft ich den Rohrstock zu spüren bekommen habe.«
    »Mich hat nie jemand geschlagen. Ich hatte eine gute Lehrerin. Der Käpt’n sagte immer, die Missus sei die beste«, erwiderte Diamond fröhlich. Mrs. Beckmann seufzte. »Wir haben noch so viel zu packen. Ihr jungen Mädchen wißt ja gar nicht, wie hart das Leben sein kann. Ihr werdet lernen müssen, stark zu sein und für eure Rechte zu kämpfen.«

3
    P erfy erinnerte sich an Mrs. Beckmanns Bemerkung, als sie ihre Stellung im Haus des Gouverneurs antrat. Daß man für seine Rechte kämpfen mußte, war leicht gesagt, aber wenn man das gegenüber Mrs. Porter versuchte, wurde man auf die Straße gesetzt.
    Perfy trug das schwarze Kleid, das ihre Mutter genäht hatte, dazu eine gestärkte weiße Schürze und ein Häubchen. Es war nicht leicht, die dicken Zöpfe unter der kleinen Haube hochzustecken. Mrs. Porter löste dieses Problem im Handumdrehen. Sie packte Perfy, verdrehte ihre Zöpfe und steckte sie dann mit Haarnadeln so fest, daß sie Perfy dabei die Kopfhaut aufkratzte. Die Haushälterin war streng mit den Mädchen. Ständig trieb sie zur Eile an, knuffte sie in den Rücken und gab dem kleinen Küchenmädchen eine Ohrfeige, wenn das Geschirr nicht glänzte. Und Perfy hatte auch gehört, daß das schwarze Mädchen in der Wäscherei eine Tracht Prügel bezogen hatte.
    Nach Perfys Meinung war das Lady Bowens Schuld. Das Haus war wunderschön, eine prunkvolle, zweistöckige Villa aus Sandstein. Aus den Fenstern und von den beiden Balkonen aus konnte man den Fluß sehen. Die Gräfin legte Wert darauf, daß Haus und Garten einen gepflegten Eindruck machten. Deswegen hatte sie diesen Alptraum von einer Haushälterin auf die Dienstboten losgelassen. Mrs. Porter wagte jedoch nicht, die männlichen Dienstboten zu schikanieren; der Butler und die lächerlich ausstaffierten Lakaien, die eine geschmacklose Livree aus Satin tragen mußten, waren vor ihr sicher. Die Mädchen und die Köchin machten sich oft über die Livree lustig, doch die Gräfin war nicht davon abzubringen. Schließlich hatte sie die Uniform selbst entworfen. Außenstehenden mochte sie als der Liebreiz und die Mildtätigkeit in Person erscheinen, die sich hingebungsvoll um die Armen kümmerte. Zu Hause allerdings war davon nicht viel zu bemerken. Dort hielt sie Hof wie eine Königin. Nie richtete sie selbst ein Wort an die Dienstboten; Befehle erteilte sie nur über Mrs. Porter.
    Perfy hätte eigentlich Sonntagnachmittag Ausgang haben sollen, aber für gewöhnlich hatte die Haushälterin andere Pläne. Meistens beschloß sie, daß die Fußböden gebohnert werden mußten, und der Sonntag, an dem im Haus Ruhe herrschte, am besten dazu geeignet war, um sich die Räume im Erdgeschoß vorzunehmen. Also verbrachten Perfy und Anna, das andere Hausmädchen, den Sonntag auf ihren Knien und kratzten die alte Wachsschicht mit kleinen Messern ab, um dann eine neue Lage aufzutragen.
    Manchmal erhaschte Perfy draußen einen Blick auf Diamond, aber sie bekam erst Gelegenheit, ein paar Worte mit ihr zu wechseln, als sie die schmutzige Wäsche in die Waschküche tragen mußte. Da Diamond eine Schwarze war, aß sie nicht mit dem übrigen Hauspersonal, sondern bekam ihre Mahlzeiten in die Wäscherei gebracht. In Perfys Augen war das gar nicht einmal so schlimm; so konnte sie wenigstens Mrs. Porters Adlerblick

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