Sonnenfeuer
darauf, das sagen zu können. »Ich fange morgen an.«
»Oh, das freut mich. Wie ist Ihr Name?«
»Perfy. Perfy Middleton.«
Die Witwe strahlte und ergriff Perfys Hand. Ihre Hände waren heiß und schweißnaß, aber Perfy wollte ihre Hand nicht wegziehen.
»Ich bin Mrs. Beckmann, und das ist Diamond. Sie wird ebenfalls morgen anfangen.«
Da Perfy Mrs. Beckmann bereits kannte, nickte sie dem schwarzen Mädchen zu. »Guten Tag.«
»Guten Tag, Miss«, erwiderte Diamond ohne die übliche Schüchternheit der Aborigines. »Ich werde in der Wäscherei arbeiten.«
»Wie nett«, murmelte Perfy.
»Ihr beiden könnt doch Freundinnen sein«, sagte Mrs. Beckmann. Wie eine ältere Schwester lächelte Diamond auf Perfy herab, was diese verwirrte, weil es ihrem Gefühl nach umgekehrt hätte sein müssen. Außerdem war niemand, den sie kannte, mit einem schwarzen Mädchen befreundet.
»Wo wohnen Sie?« fragte Mrs. Beckmann.
»Im Fortitude Valley.«
»Oh, wir müssen auch in diese Richtung gehen. Wir begleiten dich. Komm.«
Perfy hatte keine Wahl, sie mußte mit ihnen gehen. Sie wünschte, sie hätte eine andere Adresse genannt, oder gesagt, sie müsse jemanden besuchen, aber nun war es zu spät. Mrs. Beckmann redete fast ununterbrochen. Während sie den Hügel hinabgingen, erzählte sie Perfy vom Tod ihres geliebten Mannes, des Kapitäns, und dem tragischen Verlust der
White Rose.
»Nur zwei der Männer haben überlebt.«
»Ja, ich weiß«, sagte Perfy. »Edmund Gaunt wohnt im Haus neben uns.«
»Edmund? Ich erinnere mich an ihn. Vor Jahren hat er auf der
White Rose
als Kajütenjunge angefangen. Man hat mir erzählt, auch ein anderer Matrose sei gerettet worden.«
»Das war Billy Kemp. Er hat Edmund zwei Tage lang auf einer Art Floß über Wasser gehalten, und dann wurden sie von Schwarzen entdeckt, die in ihren Kanus hinausfuhren und sie an Land brachten. Sie hatten Glück«, fügte Perfy hinzu. Sie wollte gerade sagen, sie habe aufgeschnappt, daß Edmund und Billy vor den Eingeborenen mindestens genausoviel Angst gehabt hätten wie vor dem Ertrinken, aber gerade noch rechtzeitig wurde sie sich Diamonds Anwesenheit bewußt.
»Die Schwarzen waren sehr freundlich zu ihnen«, sagte sie und wartete auf eine Entgegnung von Diamond, die jedoch keine Miene verzog.
Mrs. Beckmann hatte Tränen in den Augen. »Wenn sie nur meinen lieben Otto gerettet hätten.«
»Es muß ein furchtbarer Sturm gewesen sein«, bemerkte Perfy. »Edmund hat nun Angst und will nicht mehr zur See fahren. Er und Billy wollen Gold schürfen, aber Mr. Gaunt, Edmunds Vater, ist strikt dagegen. Er sagt, Edmund müsse Seemann bleiben.«
»Ich hätte gedacht, die beiden würden mir vielleicht einen Besuch abstatten«, murmelte Mrs. Beckmann traurig.
»Sie sind gerade erst nach Hause gekommen«, erklärte Perfy. »Mit den Gaunts haben wir nicht so viel zu tun, aber Billy Kemp wohnt bei ihnen, und ich finde, er ist recht zuvorkommend.«
Das war stark untertrieben. Perfy war beeindruckt von Billy Kemp, dem Helden, der sie oft über den Zaun hinweg grüßte. Er machte einen äußerst verwegenen Eindruck und nannte sie »Perfy«, als ob er sie schon ewig kennen würde. Außerdem sah er gut aus, irgendwie unbekümmert, mit seinem sonnengebleichten Haar, das ihm in das gebräunte Gesicht fiel. Dunkles Haar würde auf diese Weise nur unordentlich wirken, aber Billys Haar, das fast weiß war, gefiel ihr sehr; es paßte so gut zu seinem schelmischen Grinsen.
Laura und Amy waren hinter dem Vorhang gestanden und hatten ihn heimlich beobachtet. In ihren Augen war Billy ein Draufgänger und ein ungehobelter Klotz obendrein.
Inzwischen waren sie am Tor eines hübschen Häuschens angekommen. »Hier wohnen wir«, sagte Mrs. Beckmann. »Möchten Sie noch auf eine Tasse Tee hereinkommen?«
»Vielen Dank, aber ich kann nicht. Meine Mutter wird wissen wollen, ob ich die Stelle bekommen habe.«
»Selbstverständlich. Ich gebe Ihnen noch ein paar Rosen für Ihre Mutter mit. Diamond, würdest du bitte ein paar Rosen für Miss Perfy schneiden?«
Das schwarze Mädchen nickte und eilte ins Haus. Mrs. Beckmann wandte sich an Perfy. »Seien Sie bitte nett zu Diamond«, sagte sie, »Gott wird es Ihnen lohnen. Ich werde bald nach Deutschland zurückkehren, und ich bringe es kaum übers Herz, sie hier zurückzulassen. Sie ist ein kluges Mädchen, sie kann lesen und schreiben und rechnen wie ihr. Im Grunde ist sie zu gut für die Wäscherei, aber das war alles, was ich
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