Sonnenfeuer
dahin seid ihr längst wieder zu Hause und könnt euch auf sie vorbereiten.«
Darcy schüttelte den Kopf. »Kaum zu glauben.« Schließlich kehrte er in den Duschraum zurück. »Wir reiten wohl am besten gleich zurück«, erklärte er Ben.
»Du bist wohl nicht ganz bei Trost? In der Regenzeit können wir sowieso nichts tun, und du hast mir versprochen, wir würden in Brisbane ein bißchen ausspannen. Jeder fährt im Januar in die Stadt, warum sollen wir uns das also entgehen lassen?«
Um neun versammelte man sich zum Abendessen, und Jim Kendall öffnete zu Ehren der Buchanans eine Flasche Champagner. Katherine Kendall hatte Teddy immer sehr gern gemocht. Er war ein guter Viehzüchter gewesen und außerdem ein höflicher und fröhlicher Mensch. Zu schade, daß er so jung hatte sterben müssen.
Damals war Darcy gerade vierzehn Jahre alt, und Ben … ja, er muß zehn gewesen sein. Cornelia Buchanan hatte nicht aufgegeben, und allgemein hieß es, der junge Darcy hätte ihr unermüdlich zur Seite gestanden, geschuftet wie ein Stier und was noch wichtiger war, offensichtlich gewußt, worauf es ankam. Katherine hatte Cornelia persönlich nie kennengelernt, doch Jim und seine Freunde sprachen von ihr, der Schottin, immer nur mit großem Respekt. Sie habe viel Schneid, hieß es. Katherine hatte schon von jeher die Frauen bewundert, die sich nicht scheuten, ihre Männer auf einsame abgelegene Farmen zu begleiten, und allen Widrigkeiten trotzten, zu denen nicht zuletzt die plündernden Schwarzen gehörten. In ihren Briefen hatte sie Mrs. Buchanan schon mehrmals eingeladen, sie auf Sherwood zu besuchen, doch daraus war nie etwas geworden. Katherine konnte das verstehen. Der Weg war weit, und ihres Wissens war Cornelia in den letzten Jahren nicht ein einziges Mal nach Brisbane gefahren. Katherine blickte in die Tischrunde. Neben den beiden Buchanans saß Ginger Butterfield von der BliBli-Farm, und außerdem war John-Henry Champion anwesend, der örtliche Parlamentsabgeordnete, der auf sie den Eindruck machte, ständig angetrunken zu sein. Und dann war da noch ihre eigene Familie, also Tochter Fiona samt Ehemann Jack und ihre noch unverheiratete jüngere Tochter Kitty. Erleichtert bemerkte Katherine, daß Kitty ihre ganze Aufmerksamkeit Darcy zuwandte. Früher hatte sie nämlich lange Zeit für Ginger geschwärmt, doch leider verehrte Ginger nun mal Fiona. Als diese wiederum ihre Verlobung mit Jack, dem Verwalter von Sherwood, bekanntgab, war Ginger am Boden zerstört gewesen. Katherine seufzte.
Auch sie und Jim waren von der Wahl ihrer Tochter nicht besonders angetan gewesen. Sie hätten sich lieber Ginger als Schwiegersohn gewünscht, der keine Geschwister hatte und einmal das riesige Anwesen der Butterfields erben würde. Aber die Mädchen von heute wollten ja keinen Rat mehr annehmen. Darcy machte wirklich einen guten Eindruck, groß, stattlich und ein bißchen schüchtern. Dagegen hatte sie nichts einzuwenden. Sein Bruder Ben wiederum wirkte eher zu großspurig und überheblich für sein Alter.
Das Hausmädchen brachte den Rinderbraten herein, und Jim erhob sich, um ihn aufzuschneiden. »Das sieht lecker aus. Reich mir die Teller rüber, Kitty. Und schenkt euch Wein ein, Jungs. Den Rotwein kann ich wirklich empfehlen.« Schwungvoll wetzte er das Fleischmesser an dem passenden Schleifstahl mit Elfenbeingriff. Davon wurde das Messer zwar nicht schärfer, aber es machte Eindruck.
»Kitty hat bald Geburtstag, Darcy. Ich fände es nett, wenn ihr auf dem Heimweg ein paar Tage einschieben könntet, um mit uns zu feiern«, sagte Katherine.
»Vielen Dank, Mrs. Kendall«, erwiderte Darcy, »aber wir nehmen das Schiff. Wir segeln bis Bowen und reiten von dort aus nach Hause.«
»Wie schade!« bedauerte Katherine.
»Ja, aber ich mache mir allmählich Sorgen um Mutter. Die Goldgräber, die ich in Gympie gesehen habe, wirkten nicht besonders vertrauenerweckend, und der Gedanke, diese Gestalten könnten auf unserem Land herumlungern, gefällt mir ganz und gar nicht.«
Ben lachte. »Aber der Verwalter ist ja schließlich auch noch da. Um Ma brauchst du dir sicher keine Sorgen zu machen. Jeder Goldgräber, der sich in der Nähe der Farm herumtreibt, riskiert, daß er von Ma eine Kugel verpaßt bekommt.«
Kittys Augen funkelten. »Ich habe gehört, eure Mutter hätte mal einen Mann erschossen. Ist das wahr?«
»Kitty!« fuhr Katherine scharf dazwischen, aber Ben ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
»Das stimmt«, sagte er.
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