Sonnenfeuer
mußte bei derartigen Anlässen in der Regel einen dummen Streich über sich ergehen lassen; ihm wurden die Hosen ausgezogen, oder man tauchte ihn in ein Bad aus scharfer Seifenlauge, aus dem er rot wie ein Krebs wieder herausgezogen wurde, und ähnlicher Unfug mehr. Aber nicht mit ihm! Er wollte die Augen offenhalten, nicht mehr so viel trinken und auf der Hut sein.
In den frühen Morgenstunden machten sich die ersten Gäste auf den Heimweg. Einer übergab sich und wurde mit Gewalt auf die Straße befördert. Ginger und einer seiner Freunde lagen unter dem Tisch, und der betrunkene Pianist hatte sich schnarchend auf dem Klavier ausgebreitet. Die Tänzerinnen waren nicht mehr zu sehen, und als Darcy sich suchend umblickte, stellte er fest, daß auch Ben aufgebrochen war.
»Das war’s dann wohl«, sagte Darcy zu den drei letzten Gästen, Clive, Neville und dem stämmigen Les Stohr. »Zeit, schlafen zu gehen, oder was meint ihr?«
Gemeinsam mit dem Trio torkelte er in den Hinterhof, um sich zu erleichtern, und erklärte sich dann bereit, Clive beim Satteln seines Pferdes zu helfen.
Das war der Moment, wo sie sich wie die Wilden kreischend auf ihn stürzten. Und Darcy erkannte, daß jetzt wohl der Zeitpunkt für den Streich gekommen war.
»Nein, nein, laßt mich los«, rief er und schob die Männer beiseite. Da sah er das Seil in Clives Händen. »Was ihr auch vorhabt«, schimpfte er, während er um sich schlug, »bei mir werdet ihr euch die Zähne ausbeißen. Also, Schluß jetzt!«
Doch ihre Gesichter spiegelten wilde Entschlossenheit wider, und die Schläge, die sie austeilten, wurden immer heftiger. Darcy, der sich kräftig wehrte, wurde allmählich wütend. Gleichzeitig kriegte er Clive an den Haaren zu fassen. Clive schlug ihm dafür in den Magen. Der dicke Les umschlang ihn von hinten, doch mit einem gewaltigen Stoß kämpfte Darcy sich wieder frei. Dann schickte er Neville zu Boden, der mit einem Schmerzensschrei zusammenbrach. Plötzlich wurde Darcy von einem Schlag seitlich am Kopf getroffen. Der Kampf war gefährlich geworden und hatte mit einem Streich nichts mehr zu tun. Hastig wirbelte er herum um und ging auf Les los. Die kleine Balgerei wuchs sich zu einer unbarmherzigen Schlägerei aus, und Darcy blieb keine andere Wahl mehr, als seine Angreifer ächzend und fluchend und nach besten Kräften abzuwehren.
Er schlug Clive zu Boden und stieß Neville in die Leisten, doch sie stürzten sich immer wieder auf ihn. Der dicke Les ließ die Schläge ohnehin an sich abprallen, als trüge er eine Ritterrüstung. Spuren an Darcys Händen deuteten darauf hin, daß jemand aus der Nase blutete. Gerade hatte Darcy das Gefühl, als hätte er es geschafft, als könne er sich im nächsten Moment freimachen und davonlaufen, als krachend ein schwerer Gegenstand auf seinem Hinterkopf zersplitterte. Neben der Hotelwand brach er zusammen, und sein Kopf schlug auf einen aufgestellten Gullydeckel aus Stein. Für eine Sekunde lag er still da und fühlte, wie das Blut ihm übers Gesicht strömte. Wenn er erst wieder Kräfte gesammelt hätte, würde er es diesen Kerlen schon zeigen. Doch der Atemzug, den er dann tat, war sein letzter.
Jack Middleton erfuhr noch während seiner Nachtschicht in den Armeebaracken von der Rauferei in Carmody’s Hotel. Normalerweise regte sich niemand sonderlich darüber auf, denn Prügeleien gab es jede Nacht in der Stadt. Doch da Darcys Junggesellenabschied bei Carmody stattfinden sollte, wollte er sich doch lieber mal ansehen, wen die Polizei festgenommen hatte. Möglicherweise saß jetzt auch Darcy hinter Schloß und Riegel. Ich kann meinen zukünftigen Schwiegersohn doch nicht im Knast schmoren lassen, sagte er zu sich selbst. Ein paar Worte mit dem zuständigen Polizisten, und er ist wieder draußen, noch bevor der Untersuchungsrichter Wind davon bekommt.
Als er durch die verlassenen Straßen ging, drang aus den hohen Eukalyptusbäumen bereits das Gegacker und Pfeifen der Kookaburras, der Rieseneisvögel. Den Wecker der Buschmänner nannte man sie, und wenn man Nachtschicht hatte, war man froh, ihren Ruf zu hören. Mit der Pünktlichkeit eines Uhrwerks stimmten sie ihren Ruf eine halbe Stunde vor Sonnenaufgang an und waren damit den Haushähnen einen guten Schritt voraus. Als nächstes meldeten sich die Krähen, und dann waren die Honigfresser mit ihrem typischen Rasseln an der Reihe. Die großen Singvögel wie die Elstern und die Würger warteten bis zum Tagesanbruch, vielleicht weil
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