Sonnenfeuer
Wahrscheinlich hat er darüber die Zeit vergessen.«
Die Suppe, die Austern und das Brathuhn wurden serviert, und von Ben noch immer keine Spur. Obwohl sich die beiden Männer betont fröhlich gaben, konnte Perfy die Spannung, die sich allmählich aufbaute, deutlich spüren. »Was ist denn los?« fragte sie schließlich.
»Nichts«, antwortete Darcy, doch sie sah ihm an, daß das nicht stimmte.
»Bestimmt nichts«, versicherte ihr Ginger. »Ben hat uns wahrscheinlich vergessen. Der soll bloß nicht glauben, daß ich mich jetzt auf die Suche nach ihm mache. Die Nachspeisen sind hier nämlich besonders gut.«
Perfy runzelte zweifelnd die Stirn. Darcy und sie waren jetzt seit zehn Tagen verlobt, und bisher hatte sich Ben noch nicht die Mühe gemacht, sie kennenzulernen. Allmählich drängte sich ihr der Verdacht auf, er wolle ihr aus dem Weg gehen. Womöglich war er mit Darcys Wahl nicht einverstanden. Wenn Ben seine Abneigung schon so deutlich zeigte, was würde dann erst Darcys Mutter sagen?
Trotzdem unterhielten sie sich glänzend. Ginger sprühte vor Witz und Charme, Darcys Bekannte, die ihn im Speisesaal entdeckten, kamen an ihren Tisch und gratulierten Darcy zu seiner hübschen Verlobten, umschmeichelten Perfy und luden das Paar ein, sie zu besuchen. Darcy hatte schon früher bemerkt, daß Perfy offensichtlich nicht wußte, wie schön sie war und wie ihre dunkelblauen Augen funkelten, wenn sie lachte.
In gewissem Sinne war er sogar froh, daß Ben fortgeblieben war und ihnen nicht die Laune verdarb. Trotzdem hätte er wenigstens ein Verlobungsgeschenk besorgen können, um Perfy seinen guten Willen zu zeigen. Darcy war fest entschlossen, seinem Bruder den Hals umzudrehen, wenn er seine Verlobte auch nur ein einziges Mal beleidigte.
»Du bist so schweigsam«, bemerkte Perfy auf dem Heimweg.
»Die Wirkung des Weins läßt nach«, meinte er lachend.
»Ach ja? Darcy, ich muß dir was sagen.«
»Hast du etwa deine Meinung geändert?« neckte er sie.
»Nein. Ich meine es ernst. Wußtest du eigentlich, daß meine Eltern deportiert wurden? Sie kamen als Sträflinge nach Sydney.«
»Nein, das wußte ich nicht«, log er. Ben hatte diese Information schon längst ausgegraben, und sie war Anlaß zu einem weiteren Streit gewesen. »Machst du dir deshalb Gedanken?«
»Ich? Nein. Ich dachte nur, du solltest es wissen.«
»Gut, nun weiß ich Bescheid. Und da ich deine Eltern mag, brauchst du dir auch keine anderen zu suchen. Ich habe gehört, mein Urgroßvater war ein blutrünstiger Pirat, der vor Tasmanien die Schiffe ausgeplündert hat.«
»Das klingt ja aufregend!«
»Stimmt, aber mit meiner Mutter darfst du über dieses Thema nicht sprechen. Sie findet das gar nicht lustig.«
»Woher kommt sie überhaupt?«
»Aus Schottland. Aber darüber spricht sie auch nicht gern. Sie kam wohl als junges Mädchen mit einer älteren Tante in dieses Land. Hier hat sie dann meinen Vater kennengelernt. Sie stammt anscheinend aus besseren Kreisen, denn sie war eleganter gekleidet, als man es damals in Sydney gewohnt war. Was ihr die Familie angetan hat, habe ich nie herausgefunden, aber sie hat ihnen nie vergeben. Für sie hat Schottland aufgehört zu existieren.«
Eine Gänsehaut kroch ihm über den Rücken. Ma konnte manchmal zur Furie werden, und wenn auch Ben weiterhin seine Vorbehalte gegenüber Perfy nährte, hatte seine zukünftige Frau zu Hause einen schweren Stand. Schließlich konnte er nicht immer daheimbleiben und aufpassen, daß sich die beiden nicht gegen sie verschworen. Auf einer Farm von der Größe Caravales mußten Ben und er gelegentlich eine ganze Woche über die Weiden reiten und nach dem Vieh und den Zäunen sehen. Arbeit gab es mehr als genug. Wie oft hatten sie schon in dem sechzig Kilometer vom Wohnhaus entfernt gelegenen Stützpunkt des Verwalters übernachtet! Es war wirklich besser, wenn er mit dem Bau ihres neuen Hauses sofort begann und sich hier in Brisbane schon einmal Gedanken dazu machte.
»Woran denkst du?« fragte sie ihn.
»Ich entwerfe gerade unser Haus«, antwortete er. »Ich finde es besser, wenn wir allein wohnen und ungestört sind. Den Platz dafür habe ich schon ausgesucht, und du wirst sehen, es gibt nichts Schöneres, als ein Haus nach eigenen Vorstellungen zu bauen. Wenn wir heimkommen, fangen wir gleich damit an.«
Er sah, wie sich ihre Gesichtszüge entspannten, und legte zärtlich den Arm um sie. »Es wird schon gutgehen, Liebes. Du brauchst dir keine Sorgen zu
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