Sonnenfinsternis: Kriminalroman
dreissig Sekunden riss er dann doch ein kleines Loch in den Plastik vor Lucovićs Mund. Mit wilden, pfeifenden Atemzügen füllte dieser seine leeren Lungen wieder.
Ivica wartete scheinbar gelangweilt, bis sich die Atmung des Gangsters einigermassen normalisiert hatte. Dann nahm er in einer einzigen fliessenden Bewegung die Beisszange vom Boden auf, packte den Kerl erneut am Hals und riss ihm brutal ein grosses Büschel Schamhaare aus. Lucović, der wegen dem Plastiksack über seinem Kopf nichts sehen konnte, war so überrascht, dass er erst nach einer Sekunde reagierte, dafür dann umso heftiger. Er schrie wie am Spiess und begann am ganzen Körper zu zittern , bevor seine Schreie nach einer Weile in ein endloses Husten und Keuchen übergingen. Durch den Plastiksack klang alles seltsam dumpf.
Lucović durfte sich ruhig verausgaben. Niemand konnte ihn hören. Das Hauptzugangstor zum Fabrikgelände hatte ich mit Hilfe des Vorhängeschlosses sauber zugesperrt. Das Stahlschiebetor unseres improvisierten Verhörraumes hatten wir heruntergelassen. Niemand war uns gefolgt, und für den unwahrschein li chen Fall, dass uns seine Gehilfen doch identifizierten und uns über das im Miet wagen eingebaute Ortungssystem zu lokalisieren versuchten, hatten wir den Wagen etwas weiter hinten im gleichen Schuppen parkiert. Der dicke Beton sollte aus reichen, um die Ortung zu unterbinden.
Als sich Lucović endlich wieder einigermassen beruhigt hatte, wiederholte Ivica das Ganze. Mit dem gleichen Resultat.
Beim dritten Mal packte er zwar ein grosses Büschel von Lucovićs Scham haaren, riss sie aber nicht aus. Stattdessen zischte er ihm etwas ins Ohr. Dieser begann zunächst wieder zu schreien, aber dann änderte sich der Ton seiner Stimme und es klang eher wie Betteln.
«Was sagt die Sau?», fragte ich absichtlich laut und aggressiv.
«Er fragt, was wir wissen wollen. Wir sollen ihn endlich was fragen.»
Ich zog die Augenbrauen hoch .
Ivica schüttelte den Kopf. Dann kam er zu mir herüber, zeigte auf die Kühltruhe und flüsterte kaum hörbar: «Nimm das Steak und ein Eis raus. Gib mir das Eis und stell dich nahe neben ihm auf. Wenn ich dir ein Zeichen gebe, hältst du die Flamme an das Steak.»
Mir dämmerte, was er im Sinne hatte, und ich führte seine Anweisun gen buch stabengetreu aus. Ivica nahm das Eis, trat damit ein paar Schrit te zur Seite – wohl damit Lucović das Rascheln des Papiers beim Öffnen nicht hören konnte – und packte es aus. Währenddessen nahm ich die Grillzange vom Boden auf und ergriff das Steak damit.
Ivica holte den Gaskocher und stellte sich ganz nahe vor Lucović hin. Dann riss er ein langes, gezacktes Loch in die Vorderseite des Plastik s , so dass der Gangster hindurch sehen konnte, zeigte ihm den Kocher und zischte ihm wiederum drohend etwas zu. Lucović begann erneut am ganzen Körper zu zittern. Kaltschnäuzig klebte Ivica den Plastiksack wieder mit Klebeband zu , machte einen halben Schritt zurück, hielt den Brenner vor Lucovićs Kopf und entzündete die Gasflamme. Als dieser das leise Rauschen und Zischen hörte, wurde aus sein em Zittern ein heftige s Zucken und er begann halblaut zu stöhnen und zu jammern.
Ivica reichte mir wortlos den brennenden Gaskocher. Ich stellte mich neben Lucović auf wartete auf Ivicas Zeichen. Dieser sagte ein paar barsche Worte und hielt dann die Hand auf, Daumen nach oben. Sofort hielt ich das Steak mit der Grillzange in die Flamme , und fast augenblicklich erfüllte der beissende Geruch von verbranntem Fleisch die Luft. Gleichzeitig hielt Ivica dem Gangster das gefrorene Speisee is an die Brust und bewegte es langsam hin und her . Dieser wand sich wie verrückt und versuchte verzweifelt, der vermeintlichen Flamme zu entkommen, aber es nützte nichts.
Ein paar Sekunden später schaute Ivica zu mir herüber und nickte . Ich schaltete den Gasbrenner aus und machte einen Schritt zurück.
«Also», sagte Ivica laut und deutlich auf Deutsch, «ich werde ihm jetzt die Fragen stellen und er wird sie sofort und vollständig beantworten.» Er packte den Gangster am Hals und fragte leise, aber ungeheuer bedrohlich : «Nicht wahr?»
Es war nun offensichtlich, dass Lucović Deutsch verstand. Er begann wie wild zu nicken und wiederholte ständig den gleichen Satz auf Serbisch.
«Er wird alles sagen, was wir wissen wollen», übersetzte Ivica. Dann versetzte er ihm eine Ohrfeige und herrschte ihn an: «Sprich Deutsch, du nutzloses Stück Scheisse.»
Und
Weitere Kostenlose Bücher