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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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nannte mich meine Kleine weiterhin Daddy . Damit musste ich mich wohl oder übel zufrieden geben.
    Augenzwinkernd fragte ich zurück: «Welches Auto meinst du denn, mein Spatz?»
    «Daddyyyyy!»
    Lachend gab ich zu, dass ich mit dem Zug hier war, was mir einen überraschend harten Boxhieb in die Seite einbrachte. Wir machten uns auf zum Bahnhof, wo wir wenige Minuten später ankamen. Während wir auf den Zug warteten, fragte ich sie, was sie heute machen wolle.
    «Daddyyyyy!», stöhnte sie erneut. «Du bist so vergesslich!»
    «Ich weiss, Spatz», lachte ich. «Dein Daddy wird alt.»
    Sie kicherte. «Du bist aber gleich alt wie meine Mutter. Und sie sagt, sie sei noch ganz jung.»
    «Männer altern halt schneller.»
    «Warum?», fragte sie ernsthaft.
    Ich verkniff mir die Antwort, die mir automatisch in den Sinn kam: Wegen Frauen wie deiner Mutter! «Tja, ich weiss auch nicht… Die Natur hat das wohl einfach so bestimmt. Also, was möchtest Du machen?»
    «Können wir in den Zoo gehen?»
    «Schon wieder?»
    Niamh war entrüstet. «Wieso schon wieder? Das letzte Mal ist schon ganz lange her!» Sie wäre am liebsten täglich hingegangen. Ich mochte den Zoo, aber zweimal im Jahr war genug für mich. Trotzdem sagte ich: «Natürlich können wir in den Zoo gehen, Spatz, wenn du das möchtest.»
    «Ja, bitte bitte bitte!»
    Erneut musste ich lachen. «Okay, okay. Überredet.»
    Den Nachmittag verbrachten wir daher – wie so oft – im Zoo. Meine Tochter bestand darauf, eine gute Stunde lang in der riesigen Masoala-Regenwaldhalle die kleinen Äffchen zu beobachten, die dort lebten. Das wäre kein Problem gewesen, hätten in dieser Halle nicht tropische Temperaturen ge herrscht. Als wir wieder heraus kamen, war ich bis auf die Knochen durchgeschwitzt. Dies amüsierte Niamh mächtig, was ich zum Anlass nahm, sie aus meiner mitgebrachten Wasser flasche ebenfalls kräftig nass zu spritzen. Anschliessend mussten wir den obligaten Besuch im Elefantenhaus sowie bei Zorro, dem hässlichsten Maultier der Welt, machen. Wie üblich erkannte er Niamh, was mich jedesmal von Neuem verblüffte, und kam angezottelt, um sich über den Zaun hinweg streicheln zu lassen.
    Wir teilten uns zum Abschluss gerade einen grossen Eisbecher im Zoo restau rant, als mein Handy klingelte. Es war Markus Steiner. Er teilte mir mit, dass mein Vermisster weder in Untersuchungshaft sass noch in ein em Spital lag und auch sonst n irgendw o aktenkundig war. Ebenso entsprach seine Beschreibung keinem Todesfall der letzten Zeit. Ich dankte ihm und legte auf.
    Niamh stellte wie üblich keine Fragen. Das war auch gut so, denn ich wollte die hässlichen Aspekte meiner Arbeit so lange wie möglich von ihr fernhalten. Auf dem Rückweg nach Bassersdorf besprachen wir, was wir am Sonntag alles unternehmen wollten . Sie entschied sich für Kino bei Regen oder eine lange Schiffsfahrt bei Sonnenschein. Ich lieferte sie zu Hause ab, umarmte sie zum Abschied wie üblich und küsste sie auf die Stirn. Dann machte ich mich aus dem Staub, bevor Claudia meine Anwesenheit für einen weiteren Vortrag über meine vielen Fehler nutzen konnte.
     

Kapitel 6
     
    Ich war nicht gerade in Hochstimmung. Seit ich den Fall letzte Woche über nommen hatte, war ich noch keinen Schritt weiter ge kom men. Wenigstens war das Wochen ende mit meiner Tochter sehr schön gewesen. Aber seither war absolut nichts Gutes passiert.
    Es war später Mittwochnachmittag. Ich sass in Jeans und einem grauen T-Shirt mit der blauen Aufschrift ‹Chicago› über der Brust allein bei einem Bier in einer Ecke im vollen Ip’s Pub in Oerlikon und bewun derte mein Talent, absolut nichts heraus zu finden und dafür auch noch bezahlt zu werden.
    Ich leerte mein Bier in zwei langen Zügen und signalisierte dem Barkeeper, mir noch eines zu zapfen. Das Pub lag in einem unschein ba ren, blassroten Gebäude unmittelbar neben den Bahngleisen. Die Bar war dunkelrot und von diesem altertümlichen Typ, der vom Fussboden bis zur Decke reicht. Die Theke war aus massivem Holz, und das gleiche galt für das Kopfstück, welches Platz für allerhand Gläser bot. Getragen wurde es von mehreren auf die Theke montierten, wenig fantasievoll gedrechselten Holzsäulen.
    Ich war halbwegs durch mein zweites Glas, als mein Handy die Indiana-Jones-Titelmelodie abspielte. Steiner. Ich nahm ab und sagte mit hoher Kopfstimme: «Beratungsstelle für schwule Polizisten . »
    Steiner lachte. «Fick dich.» Dann wurde sein Ton sachlich. «Fertig

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