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Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Sonnenfinsternis: Kriminalroman

Titel: Sonnenfinsternis: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Moor
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gestrichene Haustür aufschloss und zu Fuss die zwei Stockwerke zu meiner Wohnung hochstieg. Dort angekommen füllte ich trotzdem zuallererst seinen Fressnapf auf, bevor ich den Fernseher einschaltete. Danach schloss ich meine Pistole in den kleinen Wandsafe ein, zog mich aus und duschte erst einmal ausgiebig, bevor ich erfolglos versuchte, Fiona anzurufen. Sie war wohl aus. Ich nahm eine Flasche Rotwein aus dem Schrank und setzte mich auf das Sofa, wo ich eine gute halbe Flasche später einschlief.

Kapitel 5
     
    Das aufdringliche Klingeln meines Telefons riss mich aus dem Schlaf. Im Halbkoma griff ich nach dem Hörer und nuschelte ein schludriges « Hallo » in die Sprechmuschel.
    «Du blöder Arsch!» Aha, meine Ex. Wortlos legte ich wieder auf, ignorierte das fast sofortige erneute Klingeln, duschte erst einmal ausgiebig und machte mir eine Tasse starken Kaffee mit drei Würfeln Zucker. Danach rief ich Claudia zurück. Die Zwangspause hatte ihre Laune nicht wesentlich verbessert. Nachdem ihre erste Schimpftirade abgeflaut war, erfuhr ich den Grund für ihre Aufregung: Anscheinend hatte sie diesen Monat meine Alimente nicht erhalten. Ich wäre zerknirschter gewesen, wenn ich nicht gewusst hätte, dass Claudia kurz vor unserer Trennung zwei grosse Mietshäuser geerbt hatte und absolut nicht am Hungertuch nagte. Im Gegensatz zu mir. Ich versprach mürrisch , mich um die Sache zu kümmern und sie zurückzurufen, bevor ich den Hörer auf die Gabel knallte.
    Danach braute ich mir einen zweiten, noch stärkeren Kaffee, trank einen halben Liter Wasser und machte mich daran, die Sache auszu sor tie ren. Eine halbe Stunde später war das erledigt. Bevor ich Claudia jedoch zurückrief, bereitete ich mir ein Katerfrühstück zu, welches aus Rührei mit viel Speck und der obligaten dritten Tasse Kaffee bestand. Das Ablaufdatum des Specks lag zwei Wochen zurück. Nachdem ich die letzten paar Bissen förmlich inhaliert hatte, biss ich in den sauren Apfel und rief meine liebenswürdige Ex zurück. Sie war nicht eben dankbar für meine Bemühungen. Auch das war nichts Neues. Danach nahm ich ein Aspirin, spülte es mit einem weiteren Glas Wasser hinunter und legte mich wieder aufs Ohr.
     
    Als mein Wecker um halb elf klingelte, war mein Kater verflogen und die Zeit gekommen, meine Tochter zu treffen. Der Einfach h eit halber holte ich sie normalerweise mit dem Auto ab, aber Mina hatte sich meinen kleinen silber farbe nen Mitsubishi Colt für einen zweitätigen Abstecher nach Deutschland ausge liehen, weil irgendetwas mit ihrem Wagen nicht stimmte. Daher bestieg ich die S-Bahn nach Bassersdorf, einer Agglomerationsstadt im Nordosten Zürich s , wo Niamh mit ihrer Mutter in meinem Haus wohnte.
    Meine Tochter erwartete mich bereits. Sie war ein süsses, eher ernsthaftes Mädchen mit einem blassen Teint, Sommersprossen und roten Pippi-Lang strumpf-Zöpfen. Schuld an letzteren mussten die irischen Gene auf meiner Seite der Familie sein. Mir gefielen sie, aber in den Augen ihrer Mutter war das einfach ein weiterer Punkt auf der langen Liste meiner Defizite und Vergehen . Für ihr Alter war Niamh gross, schon fast so gross wie ihre Mutter. Sie trug knielange Jeansshorts und ein rotes T-Shirt mit der Aufschrift ‹Miss Sixty›, wer immer das sein mochte.
    Niamh hasste es, wenn sich ihre Eltern stritten, und so verab schie de te sie sich vorbeugend mit einem über die Schulter gerufenen « Tschüss » von ihrer Mutter und rannte mir entgegen, packte mich an der Hand und zog mich Richtung Parkplatz davon. Ich liess sie gewähren. Dort ange kom men, schaute sie sich suchend um. «Daddy, wo ist denn dein Auto?»
    Während Niamhs ersten Jahren hatte ich ausschliesslich Englisch mit ihr gesprochen, da ich der festen Überzeugung war, dass dies später ein Vorteil für sie sein würde. Im Gegensatz dazu war Claudia der Meinung, dass Kinder nur eine begrenzte kognitive Kapazität hatten und zweisprachige Kinder daher statt einer Sprache richtig einfach zwei Sprachen nur zur Hälfte beherrschten. Kurz vor ihrem sechsten Geburtstag hatte Niamh dann tatsächlich praktisch von einem Tag auf den anderen aufgehört, mit mir Englisch zu sprechen. Und zwar nur mit mir. Sie sprach weiterhin absolut fliessend, wenn auch mit einem gut hörbaren Schweizer Akzent, und unterhielt sich sowohl mit meiner Mutter wie auch mit meinen irischen Grosseltern in der Sprache Shakespeares . Aber mit mir sprach sie fortan eisern nur noch Schweizer deutsch. Immer hin

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