Sonnenfinsternis: Kriminalroman
wahrscheinlich als Princip zur Bank ging. Trotz der langen Zeit hat er ihn wiedererkannt. So jemanden vergisst man wahrscheinlich nicht, oder? Hasanović hat sich an Princip d rangehängt, wohl um sich zu rächen. Irgendwie hast du davon erfahren und Princip informiert. Oder Princip hat selbst was gemerkt.»
Rappolder schnaubte verächtlich. «Er hat sich zuerst nicht mal an den kleinen Kanaken erinnert, obwohl meine Schwester so ein Riesen tam tam um ihn und seine Heldentaten gemacht hat.»
Das wunderte mich nicht angesichts der Menge an Opfern, die wäh rend des Krieges durch Princips blutverschmierte Finger gegangen sein mussten. Aber n un waren wir an einem Punkt angelangt, der mich neugierig machte. «Wieso hat sie dir überhaupt von ihm erzählt?»
Erneut schnaubte er verächtlich. Das Geräusch war im höchsten Masse irritie rend. «Nachdem Harald mit seiner Geschichte zu mir kam, habe ich sie zur Rede gestellt. Am Anfang wollte sie es abstreiten, aber Harald hatte Fotos. Er wusste wohl, dass ich ihm sonst vielleicht nicht geglaubt hätte. Ich konfrontiere sie also damit und sage ihr, was ich von diesem feigen Saupack halte, und weisst du, was sie dann macht? Statt die Rassenschande zuzugeben und um Verzeihung zu bitten, verliert sie die Beherrschung und erzählt mir allen möglichen Schrott über den Wixer. Folteropfer hier, grosser Kriegsheld dort, und so weiter. Ich habe das natürlich nicht geglaubt, und da erzählt sie mir, dass sie sogar den Namen der Person kennt, die ihn gefoltert hat.»
«Luka Princip», warf ich automatisch ein .
«Ganz genau , Luka Princip . Da habe ich zwei und zwei zusammen ge zählt und Princip von der Sache erzählt. Und was stellt sich heraus? Sarah hatte Recht.»
«Du hast ihn unter seinem richtigen Namen kennengelernt?»
«Ich weiss nicht, ob es sein richtiger ist, aber er wurde mir so vorgestellt. Was auf seinem Pass steht, weiss ich nicht.»
Ich überlegte. «Du hast vorhin gesagt, Princip hätte sich gar nicht an Hasanović erinnert. Wieso hat er dich dann trotzdem unter Druck gesetzt, ihn verschwinden zu lassen?»
Rappolder setzte zu einer Antwort an, als er plötzlich stutzte und inne hielt. Dann grinste er mich an und fragte: «Was soll das? Ich dachte, du weisst schon alles?»
«Ich weiss alles, was wesentlich ist. Nur bei ein paar Details bin ich mir noch nicht ganz sicher.»
«Und du denkst wirklich, ich sei jetzt blöd genug, dir den Rest zu erzählen? Was habe ich davon?»
«Befriedigung? Eine Chance, mir dein wahres Genie zu zeigen? Du bist ja anscheinend überzeugt davon, dass ich sowieso nichts mehr ausplaudern kann.»
«Da hast du auch wieder Recht. Sehen wir’s als letzten Wunsch. Dafür kriegst du keine letzte Mahlzeit, bevor du abtrittst.» Er bleckte erneut die Zähne wie ein Wolf, dann holte er tief Luft und sagte beiläufig: «Na ja, Princip meinte, der Kanake könne ernsthaft Ärger machen. Einige dieser M o sl e mbastarde seien gar nicht so inkompetent. Auch wenn das schwer zu glauben ist. Und das konnten wir natürlich nicht brauchen.»
«Aber das macht doch keinen Sinn, wenn er sich ja nicht mal an ihn erinnert hat!»
«Nicht an die Zeit, als er den Kanaken gefoltert hat. Aber er wusste vom Ruf des kleinen Fickditsch später im Krieg, als ich ihm den Namen und ein paar Hintergrundinfos gegeben habe. Hast du gewusst, dass die Serben ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt hatten, weil sie ihn nicht erwischen konnten? Das muss man sich mal vorstellen! Einen kleinen Untermenschen wie den!» Er schüttelte ungläubig den Kopf, als läge das jenseits seiner Vorstellungkraft.
«Ja», erwiderte ich trotzig, «das weiss ich. Weisst du auch wieso? Weil er eine ganze Reihe serbischer und kroatischer Heckenschützen erledigt hat. Dreck schweine, die auf Frauen und Kinder schossen, während die nach etwas Essbarem oder ein wenig Feuerholz suchten.»
«Alles Kanaken», sagte er gleichgültig. «Im Krieg gibt es halt Opfer. Sie hätten nicht dableiben sollen.»
«Und das war’s? Das ist alles? Deshalb musste Hasanović sterben?»
«Na ja, deswegen und weil er meine Schwester gefickt hat, selbst ver ständ lich.»
«Und was solltet ihr dafür kriegen? Ein paar Gratisgewehre?»
«Einen Rabatt auf die ganze Lieferung. Ausserdem wollte er das Geschäft nur machen, wenn wir den Kerl erledigen.»
«Aber du wusstest, dass nach dem Mord der erste Verdacht auf dich fallen würde, sobald jemand deine verqueren Ansichten mit der… sagen wir… besonde ren
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