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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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Innenseite von sechs juwelengeschmückten Handgelenken. Naydra bewunderte ganz offen Rohans goldene Locken; Lenala zierte sich; Pandsala lief rot an. Ianthe sah Rohan offen in die Augen und hielt seinen Blick kühn und lange fest, ehe sie sich abwandte. Gevina kicherte und protestierte, dass er sie kitzeln würde, und Rusalka zog ihre Finger zurück, so schnell sie konnte.
    »Meine Töchter«, bemerkte Roelstra beiläufig, nachdem Rohan sie alle begrüßt hatte. »Diejenigen, die alt genug sind, um mich dieses Jahr auf meiner Reise zu begleiten.«
    »Und sogar noch mehr daheim!«, rief Rohan bewundernd aus. »Welches Glück für Euch, Vetter, in einem so leuchtenden Garten zu leben! Mein Vater hat immer gesagt, seine Tochter wäre sein größter Schatz – und Ihr habt siebzehn davon! Oh – kennt Ihr meine Schwester, Prinzessin Tobin? Und ihren Gemahl, Chaynal von Burg Radzyn?«
    Sie wurden vorgestellt. Andrade freute sich auf ein herzhaftes Lachen, wenn sie Zeit dazu hätte und die Ruhe, um es wirklich zu genießen.
    »Aber Ihr müsst müde sein«, fuhr Rohan mit der süßen Überängstlichkeit eines jungen Mannes um einen, der schon fast senil ist, an den Hoheprinzen gewandt fort. »Ich sollte Euch nicht hier in der heißen Sonne festhalten. Ich freue mich darauf, schon sehr bald mit Euch zu reden, Vetter – und, darf ich hoffen, auch mit Euren reizenden Töchtern?«
    Der Hoheprinz und sein Gefolge kehrten auf die Barke zurück, bis ihre Zelte aufgestellt und eingerichtet waren. Die anderen Prinzen und Edlen kehrten in ihre eigenen Lager zurück. Die Willkommensfarce war vorüber. Alle Punkte in diesem Spiel, von dem nur wenige überhaupt wussten, waren an Rohan gegangen. Als Andrade die Stufen des Piers hinabstieg, erhaschte sie einen Blick auf ein bleiches, aufmerksames, von unordentlichem rot-goldenem Haar gekröntes Gesicht. Jegliche Belustigung über Rohans Spiel wich von ihr. Sioned hatte Augen nur für ihn, und in diesen Augen lag ihr Herz.

Kapitel 11

    Ein violetter Himmel türmte sich düster über ihnen auf, und brennender, kristallharter Regen tropfte daraus hervor und stach ins Fleisch. Er stöhnte und bedeckte sein Gesicht mit Händen, die zu sprödem, geschnitztem Eis gefroren waren. Keuchend atmete er die wasser-dicke Luft ein. Sie schmerzte, als sie in seine Lunge eintrat, schmerzte sogar noch mehr, als sie keuchend mit einem Schluchzer entwich. Also war es endlich geschehen, stellte ein Teil seines Verstandes fest, er hatte zu viel Dranath geschluckt und war tot. Von diesem Gedanken ging ein gewisser Frieden aus, wenngleich der Tod noch schmerzhafter war als das Leben. Vielleicht geschah ihm das ganz recht.
    Durch die gespreizten Finger blinzelte er zum Himmel empor und sah, dass der aus klaren Segmenten bestand, die sich zu beiden Seiten von ihm erhoben und in einem Punkt über seinem Kopf vereinten. Das war überhaupt nicht der Himmel, nur eines von Roelstras violetten Zelten. Auch keine gefrorenen Nadeln aus Regen, nur der Mangel an Dranath , der seine Nerven in schmerzende Nadelspitzen verwandelte.
    Crigo setzte sich auf und hielt den hämmernden Schädel zwischen seinen Händen. Neben seinem Bett stand ein Tisch mit einer silbernen Weinkaraffe. Er schüttete die Hälfte des drogenversetzten Weines direkt aus dem kühlen Behälter in seine Kehle, ehe er mit einem Schauder der Erleichterung in die Kissen zurückfiel.
    Er konnte sich an keine Reise erinnern, aber es gab nur einen Ort, wo er jetzt sein konnte: in Waes. Das Zelt um ihn her, die Stimmen draußen, der Geruch von zertretenem Gras und der Fluss sprachen für diesen Ort. Aber er hätte sich erinnern müssen, dass er den Faolain von der Felsenburg aus herabgesegelt war – es sei denn, dass sein Drogenhunger bedeutete, dass man ihm sein Dranath bewusst entzogen hatte, damit die Fahrt über das Wasser ihn außer Gefecht setzte. Entweder das, oder er hatte sich in jener Nacht, als er den Mondscheinpfad nach Stronghold gewebt hatte, wirklich fast umgebracht.
    Jene Nacht war das Letzte, an das er sich wirklich erinnern konnte, und er wünschte, er könnte es nicht. Besonders gut erinnerte er sich an die Farben des Geistes jener Faradhi , durchscheinend und eindeutig weiblich: Feuergold, das ihn verbrannte, Wasserblau, das ihn ertränkte, Sommergrün, das seinen unfruchtbaren Geist mit ihrem verschmelzen ließ, und der schwarze Zorn entschlossenen Beschützens und unerbittlicher Verdammnis. Er zwang sich, die Szene zu rekonstruieren, und

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