Sonnenlaeufer
an.«
Unwillkürlich tat sie es. Sein Gesicht war ganz Gold und Feuer, und seine Augen spiegelten die Flammen wider.
»Es ist wichtig für mich, dass du das auch willst. Früher war es wegen mir selbst und dem Besitz, den mein Vater mir hinterlassen hat. Aber jetzt ist es ebenso sehr deinetwegen. Die privaten Gründe sind genauso wichtig wie die offiziellen.«
Sie zögerte, ehe sie achselzuckend meinte: »Es ist schwierig, und es wird für uns beide noch schlimmer werden, ehe es besser werden kann. Was du bei der Jungtierjagd zu mir gesagt hast, zum Beispiel. Ich kann vorgeben, etwas zu sein, was ich nicht bin, aber ich kann und will die Vergangenheit nicht ändern, selbst wenn ich es könnte. Du musst mir vertrauen.«
Er hielt ihren Blick schweigend fest, so lange, dass sie innerlich zu zittern anfing. »Sag mir eines«, forderte er sie schließlich auf.
»Ja?«, erkundigte sie sich misstrauisch.
»Sag mir, dass du mich liebst.«
Sioned wandte sich von diesen unmöglichen Augen ab, unfähig, ein Wort zu sagen.
»Du tust es, und ich weiß es. Aber ich muss hören, wie du es sagst, Sioned. Und das sollte dir doch alles über mich verraten, was du wissen musst. Vielleicht kosten uns die nächsten Tage mehr, als wir zu zahlen bereit sind, aber ich muss daran glauben können, dass die Sache es wert ist. Wenn hier alles vorbei ist, können wir heimkehren und einander in Frieden lieben. Das ist für uns aber noch nicht der Anfang. Der muss warten, bis wir sicher wieder in unserem eigenen Land sind. Aber das Leben, das wir führen werden, Sioned, wenn ich in der Lage bin, mein Schwert für immer beiseitezulegen – zusammen können wir …«
»Hoheit?«, ließ sich jemand von der anderen Seite des Feuers vernehmen, und Rohan fluchte leise. Er stand auf und fuhr mit den Fingerspitzen behutsam über Sioneds Haar, als er sie verließ.
»Ja, Lord Eltanin. Verzeiht mir, ich hatte vergessen, dass wir heute Abend miteinander reden wollten. Sollen wir in mein Zelt gehen und es uns bequem machen?«
Der Feuerschein streckte sich nach ihm aus und schien die Berührung seines Körpers und seines Haares nicht aufgeben zu können. Sioned ging in ihr Zelt, lag auf dem Bett, konnte aber nicht schlafen.
Bei Tagesanbruch erhob sie sich und schlüpfte in ihre Reitkleider, sorgsam darauf bedacht, die anderen Faradhi’im nicht zu wecken. Aber als sie ihre Stiefel anzog, erwachte das Lager mit einem Lärm zum Leben, den ein Krieger sicher mit einem bevorstehenden Angriff in Verbindung gebracht hätte. Schwerter klirrten, Stiefel und Hufe donnerten durch den Sand, und die Wachen brüllten Befehle. Sioned sprang auf und zog die Klappe vor dem Zelt beiseite. Die plötzliche Aktivität erstaunte sie.
»Was, im Namen der …?« Camigwen, ihr langes Haar offen, zwängte sich an Sioneds Seite. »Warum rennen die denn alle herum und brüllen einander an?«
Die anderen Lichtläufer, ebenso aus dem Schlaf gerissen, drängten sich heran und stellten ihre eigenen Spekulationen an, aber niemand hatte eine Antwort, bis Ostvel am Zelt vorbeikam und rief: »Zieht euch an! Alle! Schnell!«
»Ist etwas nicht in Ordnung?«, fragte Cami verblüfft.
»So könnte man es auch sehen«, gab er zurück und ließ sie noch verwirrter als zuvor zurück.
Cami zog ihre Kleider über und folgte Sioned nach draußen. Sie entdeckten Ostvel in der Menge, die zum Fluss hinabströmte. Als sie ihn erreichten, hörten sie, wie er den Wachen in scharfem Ton befahl, Haltung anzunehmen.
»Macht Eure Tunika zu, Frau! In geraden Reihen jetzt! Seht lebendig aus, auch wenn Ihr noch nicht wach seid!« Als alle zu seiner Zufriedenheit Aufstellung genommen hatten, drehte er sich um, erblickte die Faradhi’im und salutierte ironisch. »Guten Morgen, meine Damen. Ihr kommt gerade rechtzeitig, um mit uns anderen armen Sterblichen Aufstellung am Flussufer zu nehmen. Der Hoheprinz ist eingetroffen.«
»Das alles geschieht seinetwegen?«, staunte Cami und deutete auf die Betriebsamkeit um sie her, die sich in jedem anderen Prinzenlager ebenfalls zeigte.
»All das und noch mehr. Aber wir aus der Wüste werden ihm nicht die Freude machen, uns als ein bewaffneter Rüpelhaufen zu präsentieren«, fügte er an seine Truppen gewandt streng hinzu. Er bellte einen Befehl, und die Soldaten marschierten den Hang hinab zum Fluss. Sioned und Camigwen folgten, dankbar für den Pfad, den sie ihnen durch die Menge bahnten.
Flussaufwärts konnte Sioned in der Morgensonne schlaff und reglos
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