Sonnenlaeufer
Narr hat keine Angst, wenn Gefahr besteht. Aber nur tapfere Männer tun trotz ihrer Angst, was getan werden muss.«
Rohan pflichtete ihm aus vollem Herzen bei. Er sah sich einem harten Test seines Mutes gegenüber, wenn Pandsala oder Ianthe trickreich versuchten, mit ihm allein zu sein. Aber es war angenehm, begehrt zu werden, wenn auch nur seines Geldes und seiner Macht wegen. Ihm kam der Gedanke, dass er auf ihre Manöver eingehen könnte, nur einmal, um zu sehen, welche neuen Erfahrungen er sammeln könnte. Doch er verwarf diesen Gedanken unverzüglich. Solche Dinge tat man Prinzessinnen nicht an, und schon gar nicht, wenn man in eine andere Frau verliebt war, bei der es sich noch dazu um eine Lichtläuferin handelte. Aber er fand es hart, ein ehrenhafter Mann zu sein.
An diesem zweiten Abend gab Prinz Clutha ein Festessen für seine Mitprinzen und eine auserwählte Gruppe von Athr’im , und Rohan war höchst dankbar, dass sich alle Gespräche um die Rennen des nächsten Tages drehten, nicht um Politik, Handel und Verteidigung. Allerdings nur fast alle Gespräche.
»… und der Strom feuergoldenen Haares auf ihrem Rücken? Unglaublich!« Lord Ajit mit den fünf Frauen grinste direkt gegenüber von Rohan Lord Bethoc an. »Ihr seid ein junger Mann, Bethoc, und unbeweibt – aber ich kann Euch aus Erfahrung sagen, dass Rotschöpfe innen und außen wie Feuer sind!«
»Sie ist eine Lichtläuferin«, schniefte Bethoc und machte damit jeglichem Zweifel ein Ende, den Rohan bezüglich der Dame, über die sie sprachen, möglicherweise noch gehegt hatte. Der Herr der Catha-Höhen wählte eine reife Pflaume aus der Obstschale, drückte darauf, um das Fruchtfleisch zu lösen, und schlitzte die Haut mit einem Messer auf. »Eine Faradhi- Hure in meiner Burg – ah!« Er saugte die Pflaume aus und warf die leere Haut ins Gras. »Ich bat sie, mir in einer kalten Nacht ein wenig Feuer zu beschwören, und sie erklärte, ich könnte doch wie jeder andere Mann Stahl an Feuerstein wetzen, und wenn ich zu schwach würde, hätte ich sicher eine ganze Armee aus Dienern, die das für mich tun könnten.«
Ajit grinste breit. Seine dunklen Augen funkelten im Fackelschein. »Dann habt Ihr also versucht, sie zu verführen, was? Ein Fehler, mein Freund. Versucht es noch einmal, und Andrade stürzt sich auf Euch wie ein Drachenweibchen!«
»Wie ich sehe, hindert Euch das nicht, nach diesem Feuer-Wesen zu lechzen.«
»Lust ist eine Sache, Vorsicht eine andere. Nicht einmal Roelstra wagt es, Andrade zu erzürnen. Es gibt Zeiten, in denen glaube ich, dass sie wirklich eine Hexe ist.«
»Ist Euch das erst jetzt aufgefallen?«, brummte Bethoc ironisch. »Das sind sie doch alle, einschließlich dieses Mädchens.«
»Anständige Frauen sind so langweilig. Meine dritte Frau war ein wahres Wunder an Langeweile. Das Aufregendste, was sie je getan hat, war, im Schlaf zu sterben.«
Rohan fragte sich, ob sie ihn für so dämlich hielten, dass er den Namen seiner Tante sogar überhörte, wenn er direkt vor ihm ausgesprochen wurde. So, Sioned wurde also bewundert, ja? Er fühlte sich gleichzeitig stolz und eifersüchtig und vermutete, dass er nur noch Stolz empfinden würde, wenn sie seine offizielle Auserwählte wäre.
Prinz Lleyn aus Dorval, der zu seiner Rechten saß, lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich und bat: »Ich kann Euch wohl nicht überzeugen, dass Ihr Lord Chaynal überredet, morgen nicht zu reiten? Ihr könntet zumindest dafür sorgen, dass er nur an der Hälfte der Rennen teilnimmt. Er verdirbt uns den ganzen Spaß, weil er unweigerlich gewinnt.«
Rohan lachte. Ihm gefiel der alte Mann, dessen Sohn Chadric Knappe in Stronghold gewesen war, als Rohan noch klein war. »Ihr würdet ihm den ganzen Spaß verderben, wenn er nicht an den Rennen teilnehmen darf. Er liebt es, meine Schwester in Angst und Schrecken zu versetzen, und lacht dann, wenn sie mit ihm schimpft, weil er nicht vorsichtiger gewesen ist.«
Lleyns blaue Augen, mit den Jahren blass geworden, aber immer noch fröhlich wie die eines Knaben, blitzten vor Vergnügen. »Ich nehme mir die Freiheit, das zu bezweifeln, Rohan. Ich glaube nicht, dass Eure Schwester in ihrem Leben jemals Angst gehabt hat, und ich bin überzeugt, dass selbst ihr Schimpfen in den Ohren jedes Mannes wie Musik klingt.«
Rohan beugte sich vor und klopfte Chay auf die Schulter. »Hast du das gehört? Er meint, Tobins Wutanfälle sollten in Musik umgesetzt werden!«
»In Kriegstrommeln«, stimmte Chay
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