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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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noch Eure geistlose Zwillingsschwester gewählt habe.«
    »Wie ich sehe, lässt auch Euer Gedächtnis nach«, spottete Andrade. »Milar verachtete Euch auf den ersten Blick, und ich hatte bereits gesehen, was aus Euch werden würde.«
    »Ich werde Sioned haben!«
    »Ihr werdet nichts haben!« Sie beugte sich vor, und jetzt lächelte sie nicht mehr. »Glaubt Ihr wirklich, ich würde auch nur flüchtig in Erwägung ziehen, dieses Mädchen einem Mann zu überlassen, der bereits einen Faradhi korrumpiert hat? O ja, ich weiß alles darüber – und Ihr wusstet, dass ich es wusste. Ihr habt meine Erlaubnis, mir das zu erklären.«
    Er sprang auf die Füße und richtete sich hoch vor ihr auf. »Eure Erlaubnis? Wie könnt Ihr es wagen, mich zu beschuldigen …«
    »Ich hätte Euch wohl vor den anderen Prinzen beschuldigen sollen?«
    »Und warum habt Ihr es nicht getan?«, schoss er zurück. »Seid Ihr zu stolz zuzugeben, dass Ihr nicht alles und jeden auf dieselbe Art beherrschen könnt wie Rohan?«
    »Wie kommt Ihr darauf, ich würde ihm sagen, was er zu tun oder zu sagen hat? Ihr müsst noch eine Menge über ihn lernen, Roelstra.«
    »Ich warne Euch, Andrade …«
    Sie erhob sich und zog ihren Umhang fester. »Es war Euer Gesicht, das Gesicht, das Ihr jetzt zeigt, beschmutzt von der Macht, das ich im FEUER sah, als ich noch ein junges Mädchen war. Lebt Euer Leben, wie Ihr es wollt. Aber ich warne Euch, Roelstra. Rührt nie wieder einen meiner Faradhi’im an.«
    Sie rauschte aus dem Zelt, von einem inneren Beben erschüttert. O Göttin, wie sie diesen Mann hasste, wie sehr sie wünschte, ihn zu ruinieren – aber ohne den abtrünnigen Lichtläufer an der Hand hatte sie keinen Beweis. Sie war selbst überrascht darüber, wie stark ihr Bedürfnis war, den Hoheprinzen völlig gebrochen zu sehen. Und sie wusste auch: Erst wenn das der Fall war, würden Rohan und Sioned sicher sein.
    Der Hoheprinz kümmerte sich nicht um seine Diener, als er zu seiner Barke marschierte. Er hörte Palilas Stimme seinen Namen rufen, hatte aber keine Zeit für sie – die nutzlose, aufgedunsene Palila, die ihm niemals einen Sohn gebären würde. Er betrat seine eigene Kabine und versperrte die Tür vor ihr. Sollte sie es ruhig fertigbringen, ihren schweren Leib von ihrer Liege zu hieven! Dann dachte er an Sioneds schlanke Gestalt, an ihre geschmeidigen Bewegungen und an Sioneds unergründliche grüne Augen – und Sioneds Faradhi -Ringe.
    Er öffnete ein Fach, das in der Holzvertäfelung verborgen war, und zog ein kleines Samtsäckchen hervor. Er wog es nachdenklich in der Hand und überdachte Crigos Bedürfnisse. Der Mann war wertlos. Er würde nicht mehr bekommen als das, was er bereits in seinem Zelt hatte.
    Hier hatte er mehr als genug Dranath für Sioned.

Kapitel 15

    Rohan verließ das Zelt des Hoheprinzen in bester Laune, denn von allen Prinzen war er der einzige, der Andrade gut genug kannte, um ihre Miene zu verstehen, als sie mit leicht hochgezogenen Brauen die von ihm unterzeichneten Verträge durchsah. Für einen vorgeblichen Idioten hatte er gar nicht so schlecht abgeschnitten, sagte er sich – aber er überlegte doch, ob seine Tante wohl seine wahre Absicht hinter einigen ansonsten unschuldigen Vereinbarungen mit den Prinzen Clutha und Volog erkannte.
    Keine Kuh mit einer gewissen Menge Selbstachtung blieb freiwillig länger als eine Saison in der Wüste, ganz gleich, wie gut die Zucht war, Meadowlord hatte dagegen in den letzten Jahren ohnehin zu viel Vieh hervorgebracht. Rohan hatte sich erboten, Clutha einige von Chays besten Pferden und eine ordentliche Summe Bargeld für die Häute von Vieh zu geben, das geschlachtet worden war, um die Herden auszudünnen. Dies war der erste Schritt auf einem langen Weg; das Abkommen mit Volog war der zweite. Diesem Prinzen – Sioneds Vetter – hatte er die Erlaubnis abgehandelt, im Austausch gegen größere Schiffsladungen von Glasbarren an die Handwerker in Kierst zwei Meister in der Kunst der Pergamentfertigung auszuleihen. Offizieller Grund für sein Handeln war, dass er die Ausbildung seiner Neffen mit Hilfe von Kopien der Bücher verbessern wollte, die sich in Rohans eigener, umfassender Bibliothek befanden. Dadurch erklärte sich auch Chays Beteiligung.
    Doch was er wirklich wollte, irgendwann in der Zukunft, war der Aufbau einer Schule. Rohan hatte den Vorteil eines nachgiebigen – wenn auch sehr irritierten – Vaters gehabt, der bereit war, jede erdenkliche Summe auszugeben, um

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