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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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einander, beeinträchtigt durch die dicke Kleidung, die Kälte und einen absoluten Mangel an Platz. Rohan war nie im Leben glücklicher gewesen.
    Sie hätten den ganzen Nachmittag über bis tief in die Nacht so sitzen können, aber allmählich wurde sich Rohan bewusst, dass kein Regen mehr auf sein Haar tropfte und dass das blaugraue Dämmerlicht in ihrem Versteck goldenem Sonnenschein gewichen war. Zögernd ließ er sie los. Sie kuschelte den Kopf bequem an seine Schulter.
    »Es gibt so viel, was ich dir erzählen möchte, und nie haben wir Zeit dafür. Rohan, es wird Spaß machen, dich heimlich zu treffen, wenn wir verheiratet sind und es eigentlich nicht nötig haben. Nur um miteinander zu reden. Aber im Augenblick ist es einfach lächerlich!«
    »Warte nur, bis ich dich in diesem Winter allein in Stronghold habe!«, versprach er.
    »Dann sattle die Pferde, und lass uns heimreiten!« Sie lachte und zog sich von ihm zurück. »Nur noch ein Weilchen länger, ich weiß. Vergiss bloß nie, dass ich die Dinge, die ich vor anderen Leuten sage, nicht wirklich meine.«
    »Auch nicht deine Bemerkung über Flusskiesel?«, neckte er. »Ich habe sie gestern Abend gefunden. Sehr romantisch.«
    Sie lief dunkelrot an und boxte ihn gegen seine Schulter. »Verschwinde von hier, ehe sie dich vermissen. Und zieh dir frische Kleider an – diese hier sind schlammverkrustet.«
    »So viel zur Romantik.« Er raubte ihr einen weiteren Kuss. »Was dich angeht, Mylady, geh und trockne dich ab, und zieh dir etwas Warmes an.«
    »Mir war warm, bis ich dich losgelassen habe«, beschwerte sie sich und legte die Arme erneut um ihn.
    »Hör auf damit. Sioned, ich verbiete dir strengstens, mich zu verführen.«
    »Muss ich das denn?« Sie kicherte. »Also schön. Ich gehe. Ich schätze, es ist nicht sehr elegant, wenn ich während unserer Hochzeit die ganze Zeit über niesen muss. Aber mit diesen Smaragden werde ich wunderbar aussehen.«
    »Gierige Hexe«, meinte er vorwurfsvoll. »Schon allein deshalb sollte ich dir eine Kette aus Flusskieseln machen lassen.«
    »O nein, das wirst du hübsch bleiben lassen!« Sie nahm sein Gesicht zwischen ihre Hände und gab ihm einen herzhaften Kuss. Als sie ihn losließ, sagte er das Einzige, was unter diesen Umständen möglich war.
    »Ich liebe dich!«
    Ihre grünen Augen füllten sich mit Tränen. »Das hast du noch nie gesagt.«
    »Natürlich habe ich das.«
    »Nein, es war das erste Mal.«
    »Aber du hast es gewusst, Sioned. Du musst es gewusst haben.«
    »Ich möchte es manchmal gern hören, Rohan. Das macht alles leichter.«
    »Was denn, Liebes? Die Prinzessinnen? Kümmere dich nicht um sie.«
    »Du hast es aber getan«, erinnerte sie ihn spitz. »Aber sie sind es eigentlich nicht.«
    »Was dann?«
    Sie hob die Hand mit dem Smaragd. »Ich weiß nicht, wie lange ich die anderen Ringe noch in Ehren tragen kann.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Ein leiser Seufzer kam über ihre Lippen. »Ich weiß nicht mehr, was ich sein soll. Lichtläuferin oder Prinzessin oder beides? Ich fühle mich – in der Falle.«
    Jetzt endlich verstand er, was sie zuvor gemeint hatte. »Sioned, niemand kann dich besitzen, außer du lässt es zu. Nicht ich, nicht Andrade. Jeder, der es versucht, macht es mit der Absicht, dich zu benutzen. Ich verspreche dir, dass ich das nicht tun werde. Ich liebe dich so sehr – ich will niemals sehen, dass dich etwas verletzt. Hab keine Angst vor mir, Geliebte. Ich werde dich nicht einfangen.«
    »Das hast du schon.« Sie gebot seinem Protest mit einem weiteren Kuss Einhalt. »Halte du nur einfach dein Versprechen, Rohan. Sei mir gegenüber immer ehrlich. Bitte.«
    Sie krochen aus ihrem kleinen Versteck, schaudernd in dem rauen Wind, der die Wolken vertrieben hatte, und trennten sich – Sioned kehrte zu ihren Lichtläuferfreunden zurück und Rohan zu seinen Prinzen. Keiner von ihnen bemerkte ihre Schatten: eines ein Faradhi , eines ein Knappe und außerdem ein erfahrener Schwertkämpfer aus Rohans eigener Wache. Und keiner von diesen dreien sah die Gestalt im dunkelvioletten Umhang, die von einem Baum verborgen blieb. Hass glühte in ihren dunklen Augen.
    Am nächsten Nachmittag stand Lady Andrade im Konferenzzelt und drückte das Siegel der Schule der Göttin auf eine Reihe von Dokumenten. Alle Prinzen sahen zu, wie sie heißes, schwarzes Wachs auf die weißen Bänder tropfen ließ, die Urival auf jedes Pergament gelegt hatte, und wie sie dann ihr Siegel hineindrückte, das ein Bildnis des

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