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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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ihrem geistigen Auge. Ein Sohn, den sie eifersüchtig an ihre Brust presste; die Flammen der Lichtläufer, die ihr Gesicht und ihren Körper zeichneten. Ein plötzliches Zittern schüttelte sie, aber sie wollte gar nicht wissen, ob es Freude oder Furcht war, die sich dahinter verbarg.

Kapitel 21

    Fünf Tage später, als er den steilen Pfad nach Skybowl emporritt, kicherte Rohan noch immer, wenn er an die Abschiedsworte von Lord Hadaan dachte. »Passt auf, dass der Knabe seinen Verstand und seine Glieder noch eine Weile gebrauchen kann«, hatte der alte Mann mürrisch befohlen. »Beides wird er brauchen, wenn er aus diesem alten Wrack was machen will.« Weiter war zu der Sache nichts gesagt worden, aber ein Schlag auf die Schulter und diese hingeknurrte Bemerkung hatten verraten, dass Hadaan Rohans Wahl billigte, was den kommenden Athri von Remagev anging. Das war sehr erfreulich, selbst wenn seine Schulter dank dieses enthusiastischen Abschieds durch seinen Verwandten noch den ganzen Tag lang geschmerzt hatte.
    Als die Reiter am Rand des alten Kraters eintrafen, zügelte Rohan sein Tier, um den weiten, blauen See zu bewundern. Burg Skybowl kauerte am Strand wie ein schlecht gelaunter, grauer Drache, die Flügel gefaltet, die Klauen tief in den steinigen Boden geschlagen. Eine Straße, breit genug für drei Pferde, führte um den See herum, und ein schmaler Pfad wand sich an der anderen Seite des Sees nach oben, um dann jenseits der Klippen zu verschwinden. Er führte zu den Drachenhöhlen.
    »Ist das schön!«, ließ sich Tilal neben Rohan vernehmen. »All das Wasser!«
    »Das hört sich ja an, als wärest du auch in der Wüste gezeugt worden. Vielleicht werden die Drachen kommen, um etwas zu trinken, während wir hier sind.«
    »Glaubt Ihr das, Herr? Ich habe noch nie einen aus der Nähe gesehen, nur wenn sie über River Run geflogen sind. Sind die wirklich so groß, wie die Leute immer erzählen?«
    »Größer.« Rohans Aufmerksamkeit wurde von einer kleinen Gruppe Reiter angezogen, die die Burg verließ, und er blinzelte gegen die Sonne. Lord Farid ließ sich an seinen weiten, weißen Gewändern und dem schweren Bart leicht ausmachen, aber die vier anderen kannte Rohan nicht. Er hieb die Fersen in Pashtas Rippen und ritt vor.
    »Hoheit!«, rief Farid ihm zu. »Wenn Ihr Drachen sucht, wir haben soeben Kunde erhalten, dass sie sich auf den hohen Klippen befinden!«
    »Dann wollen wir sie ansehen!« Er winkte Walvis zu sich und sagte: »Bring die anderen in die Burg, und kümmere dich um die Pferde. Tilal, würde es dir gefallen, mich zu begleiten?«
    »Darf ich, Hoheit?« Der Knabe hüpfte in seinem Sattel, und sein Pferd schnaubte zornig. »Ich werde auch ganz bestimmt nicht im Weg sein, das verspreche ich.« Dabei warf er Walvis aus den Augenwinkeln einen Blick zu. Der lächelte und streckte die Hand aus, um die prinzliche Standarte zu übernehmen.
    Rohan und Farid tauschten ihre Neuigkeiten aus, während sie auf den Klippenpfad zuritten. Nach einer Weile rief der alte Mann jemanden aus seiner Eskorte zu sich. Bei der Vorstellung vergaß Rohan völlig seine Manieren und konnte Feylin aus Skybowl nur anstarren. Wie es schien, handelte es sich bei dem Drachenzähler um eine Frau – und noch dazu um eine junge und hübsche.
    Sie nahm seine Überraschung mit einem trockenen Lächeln zur Kenntnis, das ihr tiefbraunes Gesicht erhellte. »Es ist mir eine Ehre, Euch endlich kennenzulernen, Herr. Und mit Euch Drachen zu jagen.«
    »Die Ehre ist ganz auf meiner Seite«, erwiderte er und riss sich zusammen. »Verzeiht, dass ich Euch so angestarrt habe, aber Ihr seid sehr jung. Ich staune, dass Ihr schon so viel wisst und so viel Gutes für mich tut.«
    »Neunzehn im letzten Herbst«, antwortete sie fröhlich. »Noch jung, das gebe ich zu, aber scharfsichtig – und zählen kann ich auch. Und daraus Wissen ziehen.«
    »Das habe ich gemerkt.« Er lächelte. Ihre lockere Art gefiel ihm. »Habt Ihr schon immer Drachen beobachtet?«
    »Seit ich ein ganz kleines Mädchen war. Dort, wo wir lebten, nahe der Grenze zu Cunaxa, waren sie so nah, dass wir den Wind ihrer Flügel spüren und Messer aus ihren Zähnen machen konnten.« Sie zog einen Dolch aus ihrem Gürtel und gab ihn Rohan mit dem Heft zuerst.
    Das Messer eignete sich zum Stechen, nicht zum Schneiden, aber die Spitze war nadelscharf und würde durch den Unterleib eines Mannes bis zu seinem Rückgrat dringen. »Musstet Ihr mit dem Drachen sehr streiten, dem das

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