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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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aber ich bin unfruchtbar, Davvi. Die Seuche hat meine letzte Hoffnung auf ein eigenes Kind zunichtegemacht. Deshalb ist es jetzt an mir, einzusetzen, was ich weiß und was ich bin.« Sie lächelte ihn traurig an. »Ich glaube nicht, dass Andrade damit gerechnet hat. Aber sie hat sich diese Last aufgeladen, und wenn ich sie richtig kenne, wird sie dorthin gehen, wohin sie gelenkt wird. Sie ist nicht dumm.«
    Auf Davvis Stirn zeigten sich noch tiefere Sorgenfalten. »Keinen solchen Höhenflug, Sioned«, warnte er.
    »Aber ich bin doch mit einem Drachen verheiratet, Bruder.«
    Prinzessin Tobin, in einem weinroten Seidengewand prachtvoll anzusehen, betrat das Zimmer ihrer Söhne, um ihnen eine gute Nacht zu wünschen. Sie war in Eile, denn ihr Haar war noch nicht frisiert, und sie wollte an diesem Abend ein kleines Abschiedsessen für den Botschafter aus Syr geben. Sie warf den schweren Zopf über die Schulter und betrat das Schlafgemach, bereit zum Kampf mit den Zwillingen. Nur selten schlüpften sie brav in ihre Betten, und wenn es der Fall war, dann waren sie entweder krank oder wollten ihr einen Streich spielen.
    Natürlich waren sie wieder bei einer wilden Kissenschlacht mit ihrem Erzieher und den beiden glücklosen Knappen, die ihnen zugeteilt worden waren. Die Letzteren hatten sich hinter umgestürzten Stühlen verschanzt. Tobin seufzte, weil sie wusste, dass sie zu spät zum Abendessen kommen würde, wenn sie hier erst wieder Ruhe herstellen musste.
    »Genug!«, brüllte sie in den Aufruhr. Der Erzieher, der gerade einen königlichen Knöchel packen und einen Angriff mit einem bestickten Kissen starten wollte, blickte auf, lief dunkelrot an, verlor das Gleichgewicht und stürzte Hals über Kopf in einen undefinierbaren Haufen. Die Knappen sprangen hinter den Möbeln hervor und flohen. Ihrer Beute beraubt bewaffneten sich die Zwillinge mit Kopfkissen, die fast so groß waren wie sie selbst, und schlichen sich an den Erzieher heran. Tobin machte ein paar Schritte in den Raum, packte je einen mit der Hand am Kragen und schüttelte ihre Söhne spielerisch.
    »Zwei gegen einen – ist das etwa ritterliches Verhalten?«, schalt sie. »Lasst den armen Gervyn in Ruhe!«
    Dunkelhaarig, blauäugig, einander so ähnlich wie Drachenjunge aus demselben Ei, zeigten Sorin und Andry keinerlei Reue. Da man sie um ihr Opfer betrogen hatte, das sich klugerweise inzwischen aus dem Staub gemacht hatte, griffen sie sich jetzt gegenseitig an und brüllten vor Lachen, als eine Naht riss und Federn flogen.
    »Zum Teufel, was soll ich bloß mit euch machen?«, schimpfte Tobin, deren Gewand nun von oben bis unten mit Feder-Schnee bedeckt war. Sie packte mit jedem Arm einen Zwilling, hob sie hoch und deponierte sie auf ihrem Bett. Dann baute sie sich mit einem, wie sie hoffte, wütenden Blick vor ihnen auf. Doch dieser Versuch, bei dem sie mit weißen Federn übersät war, wurde von dem schelmischen Grinsen ihrer Söhne zunichtegemacht. Tobin gab ihre Bemühungen als sinnlos auf und lachte. »Ihr seid eine Plage, und ich weiß wirklich nicht, womit ich euch verdient habe«, erklärte sie und umarmte sie beide. »Ich sollte euch den Hintern versohlen.«
    »Mit Lichtläufer-Flammen, so wie Sioned es immer androht?«, erkundigte sich Sorin spitz.
    »Ihr haben wir auch nicht geglaubt«, fügte Andry grinsend hinzu und hüpfte von seinem Bett in das seines Bruders, um auch seinen Teil mütterlicher Zärtlichkeit abzubekommen.
    Tobin küsste die beiden und zog sie an sich. »Lasst es mich mal so sagen: Wenn ihr noch mehr Streiche, Scherze oder Sonstiges ausheckt, dann dürft ihr in diesem Jahr nicht nach Stronghold, wenn euer Vater und ich in Waes sind.«
    »Aber Sioned hat versprochen, wir könnten die Drachen sehen!«, heulte Sorin.
    »Und es wäre doch ein Jammer, wenn euer Verhalten sie daran hindern würde, ihr Versprechen zu halten, nicht wahr? So, und jetzt wird geschlafen. Nachdem ihr den ganzen Nachmittag geritten seid und jetzt noch diesen kleinen Krieg auf die Beine gestellt habt, wagt es bloß nicht, mir zu erklären, ihr wäret nicht müde!«
    Andrys kleine Gestalt erstarrte plötzlich in ihrer Umarmung. Der dunkle Kopf des Knaben wandte sich den Fenstern zu, durch die das silbrige Licht des Mondes aufs Bett fiel. Seine blauen Augen waren groß und schattig, seine Wangen bleich, und seine Lippen bewegten sich in tonlosem Wispern.
    »Andry? Was ist los, Liebling?«, fragte Tobin und fürchtete, den Grund nur allzu gut zu

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