Sonnenlaeufer
Davvi.
»Du weißt, was du ihm zu sagen hast, wenn er kommt.« Sie sah sich nach Ostvel um. »Ich weiß, was ich tue.«
»Das bezweifle ich. Sei vorsichtig, Sioned. Um der Göttin willen, bitte sei vorsichtig.«
»Um meines Gatten willen.« Sie beugte sich hinab, um ihm auf die Schulter zu klopfen, und fügte sanfter hinzu: »Mach dir nicht so viele Sorgen.«
Sein Schnauben zeigte, was er von dieser Warnung hielt. »Du weißt, dass Ostvel auf meiner Seite steht, was das angeht. Wir haben uns letzte Nacht lange unterhalten.«
»Ich habe von euch beiden nichts anderes erwartet. Ich bin sicher, er wird für dich über mich wachen.« Sie entdeckte Ostvel inmitten der stampfenden Pferde, der Soldaten und Diener, und sagte: »Ich muss los. Pass auf dich auf, Davvi.«
Sie wendete ihr Pferd und ritt zu den Toren hinüber, wo Ostvel mit zwei bewaffneten Männern wartete. Aber sie wurde von Lord Baisal aufgehalten, der aus dem Lager vor der Stadtmauer herbeieilte, in dem Davvis Männer und diejenigen, die sich über Nacht von den fernen Gütern eingefunden hatten, untergebracht waren. In wenigen Tagen würden die Weiden und Hügel mit Zelten bedeckt sein, und erst Chay würde diesem Chaos Sinn geben. Aber Sioned konnte nicht bleiben, um zu sehen, was für eine Macht sie befehligte.
»Herrin«, flehte Lord Baisal, »bitte, reitet nicht so bald schon fort! Was soll ich denn tun, bis Lord Chaynal eintrifft?«
»Gebt den Männern zu essen, versorgt die Pferde, bereitet Euch auf den Krieg vor. Wenn Euch bei alledem noch Zeit bleibt, dann könnt Ihr damit beginnen, Eure neue Burg zu entwerfen. Lebt wohl.«
Er starrte ihr mit offenem Mund nach, seine Miene eine komische Mischung aus Angst und Entzücken. Ostvel, der neben ihr ritt, warf ihr einen kurzen Blick zu.
»Er wird dich darauf festnageln, weißt du das?«
»Wenn es ihm gelingt, seinen Verstand beisammen zu halten und zu tun, was nötig ist, dann hat er seine Steinburg auch verdient.«
Sie ritten durch das quirlige Lager außerhalb der Burgmauern am Faolain entlang nach Norden. Sioned wusste, wie verrückt ihr Verhalten auf jedermann wirken musste, und war entschlossen, ihren Plan durchzuführen, ehe Chay und Tobin mit neuen Einwänden kommen konnten. Nicht, dass sie ihn mit irgendetwas hätten ins Wanken bringen können. Es gab niemanden sonst, der tun konnte, was sie tun musste, und es war direkt eine Erleichterung, dass ihre Wünsche zufällig ihrer Pflicht als Gemahlin und Prinzessin entsprachen.
Lord Eltanins Streitkräfte waren durch die Verteidigung von Tiglath gebunden; von dort würde es für Rohan keine Hilfe geben. Mit Roelstra im Süden konnte Chay keinen Angriff gegen Feruche führen. Das Schloss war ohnehin nicht leicht anzugreifen, da es hoch oben auf den Felsen thronte und nur von zwei Seiten zugänglich war. Beide Wege wurden schon in Friedenszeiten sorgfältig bewacht. Im Krieg sicher noch besser. Rohans einzige Hoffnung war Sioned, seine Lichtläufer-Prinzessin. Sie fragte sich, ob Ianthe sich so sicher war, dass sie nie fähig wäre, ihren Eid zu brechen, niemals zu töten. Sie hoffte es; das würde die Dinge einfacher machen, wenn erst die Zeit des Mordens kam.
Die Dunkelheit umsummte ihn, abwechselnd warm und kalt auf dem Schweiß, der seinen Körper netzte. Mit aufgerissenen Augen und klopfendem Herzen schüttelte er den Kopf und versuchte, in der Realität seines eigenen Fleisches Halt zu finden. Aber der Wind traf ihn wieder, die Dunkelheit blähte sich, und Drachen griffen mit scharfen Krallen nach ihm.
Er kauerte sich an die Höhlenwand, spürte harte Steine in seinem Rücken und starrte entsetzt auf die Szenen, die ihn umgaben. Drachen, die kämpften, Drachen, die sich paarten und töteten; Rachen, von denen Blut tropfte, Augen, die wie explodierende Juwelen blitzten; sich windende, stoßende Leiber, schlagende Flügel, peitschende Schwänze. Daneben riesige, aufgesprungene Eier, aufgeplatzt mit einem schrecklichen Laut, um wütende Jungdrachen zu enthüllen, die einander mit Zähnen und Krallen bearbeiteten und Feuer aus ihren Kehlen spien, das strahlend und heiß wie der Sonnenschein die wirbelnde Dunkelheit der Höhle durchdrang.
Er schrie auf, als Drachenfeuer die Haut in seinem Gesicht und an seinen Armen verkohlte. Der Geruch brennender Haut überdeckte sogar den Gestank von Drachenblut und Drachensamen. Noch hatten sie ihn nicht gesehen, und er versuchte, mit der Höhlenwand zu verschmelzen. Sie kämpften weiter, paarten sich,
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