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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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kennen.
    Sorin fuhr herum und berührte den Arm seines Bruders. Seine glatte Stirn war in sorgenvolle Falten gelegt. Aber was der eine Zwilling spürte, konnte der andere nicht fühlen. Tobin trat ins Mondlicht und stöhnte bei der Berührung.
    Die Göttin segne dich, Schwester. Verzeih mir, dass ich Andry erschreckt habe. Tobin, o Tobin, sie hat Rohan gefangen genommen, Ianthe hält ihn auf Feruche fest! Roelstra lagert in der Nähe des Faolain und plant einen Angriff, und die Merida sind vielleicht schon im Norden mit uns im Krieg. Chay muss die Vasallen des Südens zusammenrufen und bald schon den Kampf mit Roelstra aufnehmen. Ianthe hat Rohan. Die Armee des Nordens muss Tiglath verteidigen – es gibt niemanden, der nach Feruche gehen kann. Bitte Chay, schnell zu kommen, bitte! Er muss es tun!
    Tobin schwankte und presste als doppelten Anker in der Realität ihre Söhne an die Brust. Sie verfluchte ihren Mangel an Ausbildung, der es ihr unmöglich machte, auf den Strahlen des Mondlichts Fragen an Sioned zurückzusenden. Es gab einen scharfen Bruch, ganz anders als der sonst übliche sanfte Abschied, und Tobin schrie leise auf.
    »Mama?«, hauchte Sorin verängstigt und zupfte an ihrem Ärmel. Sie blickte mit einem beruhigenden Lächeln auf ihn. Dann wandte sie sich Andry zu. Er war benommen und verwirrt von dem, was er unbeabsichtigt erlebt hatte, und als er die Augen aufschlug, wirbelte Mondschein darin.
    »Es ist alles gut, Liebling«, tröstete sie. »Nur die Monde, weiter nichts. So, jetzt wollen wir euch zwei Mal zu Bett bringen.«
    »Aber Mama …«
    »Pst, Sorin. Es waren nur die Monde.« Sie beschäftigte sich mit den tröstenden, vertrauten Aufgaben des Zudeckens, küsste die beiden auf die Stirn, lächelte und wünschte ihnen eine gute Nacht. Sorin war bereit zu glauben, dass nichts Ungewöhnliches geschehen war, und legte sich schlafen. Aber Andry, ihr zweites Lichtläuferkind, war noch immer beunruhigt. Aber nicht ängstlich, stellte Tobin stolz fest, so wie auch Maarken nicht ängstlich gewesen war, als er entdeckte, welche Gaben er geerbt hatte. Sie streichelte Andrys Wange und flüsterte: »Schlaf jetzt, mein Schatz. Es ist alles in Ordnung, das verspreche ich.«
    Er biss sich auf die Lippen. Dann nickte er und rollte sich auf die Seite. Sie zwang sich, zu warten, bis beide eingeschlafen waren, ehe sie in ihre Gemächer eilte, um sich umzuziehen. Sie bürstete ihr Haar und ließ es offen, ein Bruch der Etikette, denn verheiratete Frauen trugen ihr Haar in Gesellschaft niemals offen, aber das kümmerte sie nicht. Sie eilte die Treppe hinab und sah, dass Chay gerade dabei war, ihre Gäste in ihr privates Speisezimmer zu führen. Tobin gesellte sich lächelnd zu ihm und verbarg ihre sorgenvolle Ungeduld, bis sie beide direkt vor der Tür allein waren.
    »Finde schnell eine Entschuldigung«, flüsterte sie hastig. »Ich muss mit dir reden. Sofort.«
    »Tobin, sie warten alle.« Er sah sie genauer an, und die Muskeln in seinen Wangen spannten sich an. »Also gut. Warte hier.«
    Sie hörte, wie er sich bei den Gästen aus Syr charmant entschuldigte und anordnete, dass das Mahl augenblicklich begann. Dann kehrte er zu ihr zurück und schloss die Tür hinter sich. »Erzähle.«
    Sie wartete keinen Augenblick damit.
    »Ianthe!«, spie er deren Namen förmlich aus. »Im Namen des Teufels, der sie gezeugt hat – Tobin, bist du sicher?«
    »Sioned ist es. Ich weiß nicht, wie oder warum, aber Ianthe hat Rohan.« Sie suchte plötzlich seine Kraft, denn sie hatte Angst um ihren Bruder, um sie alle. »Chay, sie wird ihn töten …«
    »Nein. Das ist nicht ihre Art.« Sein schlanker Körper bebte vor Wut, als er zurücktrat und sie bei den Schultern nahm. »Geh hinein. Erzähl ihnen, was du willst, wohin ich gegangen bin. Nur erzähl ihnen nicht die Wahrheit.« Sie schaute in seine Augen auf und sah das Silbergrau wie eine Sturmwolke. Seine Wut nährte seine kriegerischen Instinkte und verwandelte sein Gesicht in eine wütende Maske. »Jetzt weiß ich, warum vom Syrener Hof schon vor dem Rialla zusätzliche Pferde gekauft wurden. Roelstras Truppen bedrohen die Wüste – ich werde ihn persönlich niedermetzeln.«
    »Wie viele der Prinzen werden mit ihm gegen uns sein?«
    »Darüber können wir uns später noch Gedanken machen. Ich habe viel zu erledigen.«
    »Ich werde dafür sorgen, dass das Essen kurz gehalten wird, dann helfe ich dir. Beeile dich, Chay.« Sie reckte sich, um ihm einen Kuss zu geben. Dann zwang

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