Sonnenlaeufer
Prinzip und sah in allen anderen Frauen Rivalinnen im Kampf um Roelstras Gunst. Sie hatte ihre eigenen Töchter zwar gern, aber nicht einmal diese blieben von ihrem Misstrauen verschont. Palila legte eine Hand auf ihren Bauch und schwor sich, dass es diesmal ein Sohn sein würde.
Sie schritt die wenigen Stufen hinab, erneut zornig darüber, dass Roelstra an einem anderen Ort in der Burg beschäftigt war, denn der Garten gab einen reizvollen Hintergrund für ihre Schönheit ab – und für das kleine Spielchen, das sie im Verlauf der letzten Jahre zur Perfektion entwickelt hatte. Er war wie eine große, in den Felsen eingelassene Schüssel, angefüllt mit blühenden Ranken und Töchtern in sommerlicher Seide. Palila besuchte jede der kleinen Gruppen, blieb stehen, lächelte und plauderte und spielte ihnen allen gegenüber ihre Rolle der liebevollen Ziehmutter. Ihre Position als einzige Mätresse ihres Vaters seit nunmehr vier Jahren hatte ihr Respekt eingebracht, wenn nicht gar ihre Liebe. Es kümmerte sie wenig, ob sie sie mochten oder nicht, solange nur jede so tat, als würden sie einander von Herzen lieben.
Die vier Prinzessinnen saßen in einer Laube und spielten Karten. Große, dunkelhaarige Mädchen mit guten Figuren; von allen vieren hatte einzig Ianthe die Klugheit ihres Vaters geerbt. Naydra war sanft und fügsam, Lanela war einfach nur dumm, und Pandsala hatte eine Art, Menschen versteckt zu mustern, bei der Palila nicht sicher war, ob es ein Zeichen von Verschlagenheit, Intelligenz oder beidem war. Aber Ianthe, mit ihren zweiundzwanzig Jahren die Jüngste der vier, hatte einen wachen Verstand und bemühte sich auch gar nicht, das zu verbergen.
Die vier Töchter von Lady Vamana waren nichtssagend und langweilig. Die Schönheit ihrer Mutter zeigte sich bei ihnen nicht; auch Vamana selbst hatte sie durch eine Krankheit verloren, die vielleicht hätte geheilt werden können, wenn Palila nicht die Medizinfläschchen vertauscht hätte. Sie hatte Vamana nicht töten wollen – aber sie hatte an ihrem Scheiterhaufen auch nicht geweint. Lady Karaynas Töchter standen an der Rosenwand und warfen ernst einen Ball hin und her. Palila schüttelte die kleine Kiele und Lamia mit einem Achselzucken ab, so, wie sie auch ihre Mutter mit einem Tropfen Gift im Frühstückswein aus Roelstras Diensten geschüttelt hatte.
Lady Suryas Mädchen, Moria und Cipris, waren etwa im selben Alter wie Palilas ältere Töchter und wetteiferten mit ihnen um Roelstras Aufmerksamkeit, wie es Palila mit ihrer Mutter getan hatte, bis ein Sturz auf den feuchten Fliesen am Badebecken Suryas blonden Schädel hatte aufplatzen lassen. Palila hatte sie nicht einmal sehr heftig stoßen müssen. Doch nachdem sie sich dreier Rivalinnen entledigt hatte, sah sie sich schon bald einer vierten gegenüber. Roelstras Begeisterung für die charmante, hohlköpfige Lady Aladra hatte zwei unglückliche Jahre lang angehalten. Alle Töchter hatten sie ehrlich gern gehabt; Palila hatte sich der Magen umgedreht, wann immer die hübsche Idiotin den Mund aufgemacht hatte. Ihr Tod im Kindsbett, nachdem sie einer weiteren Tochter das Leben geschenkt hatte, hatte das Schloss in echte Trauer gestürzt. Palila, wenngleich in diesem Fall unschuldig, hatte der Schule der Göttin eine großzügige Spende Wein zukommen lassen – angeblich im Gedenken an Aladra, in Wirklichkeit jedoch als Dank für ihr Hinscheiden.
Seither hatte es keine neuen Mätressen mehr gegeben. Palila regierte uneingeschränkt. Obwohl sie nicht neu für ihn war, hing Roelstra noch immer sehr an ihr, und die Schwangerschaft hatte ihren Halt noch verstärkt. Doch so gern er die Töchter hatte, die sie ihm geschenkt hatte – seine »kleinen Blumen« nannte er sie –, und wenn auch nichts darauf hindeutete, dass er sich mit Palila langweilte, sie wusste doch, dass weder Sentimentalität angesichts seiner Kinder noch Sinnlichkeit in ihrem Bett sie vor einer Frau schützen würde, die ihm einen Sohn gebären konnte. Deshalb beabsichtigte sie, ihm den langersehnten Erben selbst zu schenken, seine legitime Gemahlin zu werden und den Hochzeiten seiner siebzehn Töchter vorzustehen.
Das einzig Gute an ihnen war, dass sie sich prächtig »vermarkten« ließen. In naher Zukunft konnten sie wie Goldmünzen an Männer vergeben werden, die sich nützlich gemacht hatten. Roelstra würde sicher erfreut sein, wenn Palila die ermüdenden Verhandlungen übernahm, und noch größer wäre gewiss seine Freude, wenn
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