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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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und erhob sich, um aus dem Fenster zu sehen. Der Türriegel klickte leise, und Roelstra war allein. Er beobachtete seine Töchter, sah Palilas kastanienbraunes Haar im Sonnenschein leuchten und überlegte, welche Ränke sie heute wohl schmiedeten. Die Prinzessinnen kamen in ein gefährliches Alter – sie wurden zu alt, um mit Spielzeug besänftigt zu werden, und alt genug, um sich mehr Seide und Juwelen zu wünschen, Zeitvertreib müßiger Frauen. Vor allem Ianthe und Pandsala mussten beobachtet werden, denn sie waren intelligent. Eine Frau mit Verstand durfte nicht vernachlässigt werden.
    Er fragte sich, ob das junge Prinzchen wohl Verstand hatte. Der Sohn des alten Drachen und Neffe der gestrengen Lady Andrade – vielleicht konnte er denken. Roelstra hoffte es. Das würde das Leben viel interessanter machen.
    Er fragte sich auch, ob Andrade über Crigo oder das Dranath Bescheid wusste. Eine so unauffällige, kleine Pflanze, die nur in den höchsten Höhen des Veresch vorkam, aber unglaublich potent war, wenn sie gekocht, getrocknet und zu feinem Puder gemahlen wurde. Crigo war davon abhängig, und weil Roelstra der Herr über seinen Dranath -Vorrat war, war der Lichtläufer Roelstras Sklave. Ein Jammer, dass sich ein so nützliches Werkzeug schließlich abnutzte.
    Der Hoheprinz atmete tief die feuchte Brise ein, die vom Fluss heraufkam, und dachte an die trockene Hitze der Wüste. Er grinste. Eine seiner Töchter würde schon bald herausfinden, wie die Menschen dort überlebten. Die Göttin hatte ihm nicht umsonst den Fluch so vieler weiblicher Nachkommen auferlegt. Prinz Zehava würde bald sterben; und im Spätsommer, wenn die Jungdrachen-Jagd vorüber war, würde man den jungen Prinzen als den Schwächling erkennen, der er war. Beim Rialla im Herbst würde Rohan sich mit einer passenden Prinzessin verheiratet sehen und würde feststellen, dass ihr Vater ihn in den Verhandlungen bei weitem übertraf.
    Roelstra reckte seine breiten Schultern und lächelte. Die Gedanken an das Rialla riefen in ihm Erinnerungen an die BrochwelBucht wach und wie er Palila dort geliebt hatte. Doch dann sagte er sich, dass die Schwangerschaft sie bis dahin zu grotesken Formen aufgetrieben haben würde. Roelstra zog sehr schlanke Frauen vor. Doch wenn ihre Schönheit geopfert wurde, weil sie seinen Sohn in sich trug … Er biss sich auf die Lippen angesichts einer Hoffnung, die nach siebzehn Töchtern längst hätte erloschen sein sollen.
    Aber welche sollte Rohans Braut werden? Naydra käme vielleicht in Frage; Lenala war unmöglich. Pandsala oder Ianthe – nun, das war eine Überlegung wert. Die schöne, geistreiche Ianthe. Aber würde sie nicht vielleicht die Macht genießen und darüber vergessen, wer sie ihr geschenkt hatte, indem er sie zu Rohans Gemahlin machte? Er versuchte, sich an die Gesichter und Eigenschaften der anderen Mädchen zu erinnern, vermochte es aber nicht; es waren so verdammt viele! Aber sie waren ihm nur selten aufgefallen, und das ließ ihn vermuten, dass sie vielleicht vertrauenswürdiger waren als Ianthe. Frauen, die seine Aufmerksamkeit suchten, wollten unweigerlich immer etwas – Gewänder, Schmuck, Kleinigkeiten, die sie für eine Weile besänftigten, ehe sie mehr wollten. Diese Dinge wogen nicht schwer, verglichen mit der Macht, die er verschenken konnte. Kein Kind von seinem Blut würde sich je mit weniger zufriedengeben.
    Welche von ihnen würde seine Ziele am besten verstehen und das Spiel mit demselben Genuss spielen, den er dabei empfand? Welche von ihnen ließ sich am besten benutzen, und welcher konnte er am ehesten vertrauen? Ein hübsches Problem, und er grübelte darüber nach, während er auf seine Töchter hinabschaute. Ein Jammer, dass Kiele so jung war; abgesehen von Ianthe und Pandsala war sie die lebhafteste. Aber vielleicht würde ihn eine der anderen noch überraschen. Er würde sie für den Rest des Sommers im Auge behalten müssen.
    Welche es auch werden würde, er würde gut für sie sorgen müssen. Eine hübsche, fette Mitgift, dazu noch Schloss Feruche an der Grenze in den Handel geworfen … nicht, dass es schwer gewesen wäre, sich davon zu trennen, denn innerhalb von zehn Jahren würde er alles zurückgewinnen, und außerdem noch die Wüste selbst. Der ganze Reichtum aus Minen und Salz, Pferden und Seidenhandel wäre sein. Er würde alles haben.
    Außer einen Sohn.
    Crigo schauderte trotz der Wärme des Sommertages, als er zwischen die Laken kroch. Sein Kopf schmerzte

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