Sonnenlaeufer
Zügel, als das Pferd den Kopf warf. Er konnte sich nicht umdrehen und konnte seine Gemahlin nicht ansehen. Stattdessen blinzelte er zum Himmel empor, in den ein dunkler Schatten aufstieg.
Drachen.
Er hielt den Atem an und hörte Sioneds leises, überraschtes Murmeln hinter sich. Ein Drache, dessen Flügel sich vor dem blauen Himmel abzeichneten, wandte sich den nahen Dünen zu. Gütige Göttin, dachte Rohan, wie konnte er nur so schön sein?
Aber als dann ein zweiter Drache sichtbar wurde und dem ersten seine Aufforderung zum Kampf entgegenschleuderte, begriff er, was hier gleich geschehen würde. »Sioned! Beeil dich!«
Er trieb die Stute vorwärts in eine kleine Höhle, die durch einen Überhang des bräunlichen Felsens entstanden war. Dort blieben sie auf ihren Pferden und versuchten die erschreckten Tiere zu beruhigen, während Drachenschreie die Luft durchschnitten. Sioned kauerte sich tief auf die Mähne ihres Pferdes, die Zügel so fest angezogen, dass das Kinn des Wallachs an seiner Brust lag. Rohan musste kämpfen, sein eigenes Pferd zu zügeln, wobei er es in der Enge herum und wieder herum drehte, wobei er die Zügel fast am Zaumzeug hielt.
Sioned schrie auf, als sich ihr Pferd aufbäumte und sie sich den Kopf an der niedrigen Decke anschlug. Rohan packte zu, verfehlte sie und wäre fast selbst vom Pferd gestürzt. Sioned fiel, einen Fuß verdreht, als er sich im Steigbügel verfing, glitt dann zu Boden und blieb reglos liegen. Der Wallach, nun bar jeglicher Last, galoppierte Hals über Kopf aus dem Versteck.
Rohan sprang ab, die Zügel um seine Hand gewunden, weil sein eigenes Pferd verzweifelt versuchte, sich dem anderen anzuschließen. »Sioned …« Er bückte sich hinunter, berührte mit der freien Hand ihr Gesicht und kämpfte die ganze Zeit über mit seinem Pferd. »Sioned!« Schreie der Drachen und das Wiehern des Pferdes hallten von den Felsen wider, und die Stute hätte ihm fast die Hand gebrochen, so verzweifelt kämpfte sie um ihre Freiheit. Er stöhnte vor Schmerz auf, während sie sich wieder und wieder aufbäumte und sich schließlich losriss.
Als er die Arme um sie legte, öffnete Sioned die Augen. Sie waren glasig vor Schmerzen. »Pst«, beruhigte er sie. »Du hast eine Beule am Kopf und einen verrenkten Knöchel. Beweg dich nicht.«
Sie nahm seine Hand, untersuchte die von den Zügeln zerschundenen Stellen und schaute dann hinaus in den Sand. Ganz leise sagte sie: »Es ist nicht wichtig.«
Aus unerfindlichen Gründen erzürnten ihn diese Worte. Er sprang auf die Füße und funkelte sie an. »Es ist nicht wichtig!«, brüllte er zornbebend. »Nichts ist wichtig, oder? Überhaupt nichts! Sieh uns doch an!«, brüllte er und verlor zum ersten Mal in seinem Leben die Beherrschung. »Sind wir denn überhaupt wichtig?«
Sie schaute mit ihrer schrecklichen Ruhe zu ihm auf und sagte gar nichts. Er wirbelte herum, presste seinen zitternden Körper an den Felsen und starrte in die Wüste hinaus, wo die Drachen standen, die Flügel gespreizt und bis zum Platzen angefüllt mit einer Wut, die der seinen gleichkam. Sie stürzten sich aufeinander, und der Kampf begann.
Rohan stand wie angewurzelt. Es war wieder dieser teuflische Traum, nur dass die Drachen diesmal draußen waren. Die in die Wandteppiche gewebten Szenen erwachten wieder zum Leben. Ein Drache grünlich bronzen, der andere braun mit Flecken von schimmerndem Schwarz auf dem Kopf und den Flanken, beide mit weit aufgerissenen Rachen, von denen das Blut tropfte. Die Unterseiten der ausgebreiteten Schwingen schimmerten in der Hitze. Wieder und wieder gingen sie aufeinander los, und immer mehr Blut floss. Der Gestank des Blutes und ihrer Männlichkeit hing schwer in der Luft. Sie bäumten sich auf und hieben aufeinander ein, erregt und obszön und primitiv – und schön. Die Heftigkeit ihrer Schreie und Stöße ließ ihn schaudern, lief durch seine Arme und Schenkel und brachte sein Blut zum Kochen. Er gab einen gutturalen Laut von sich, tief in der Kehle, und presste seine Finger gegen den Stein. Seine Augen waren wie Schlitze.
Die Berührung an seinem Arm durchfuhr ihn wie ein Schwertstreich. Er starrte in ihre grünen Augen, die so ruhig, so kühl waren, aber als ein Zittern ihn durchzuckte, fand er dessen Widerhall in ihr, und sie trat erschrocken zurück.
»Rohan …«
Er riss sie an seine Brust. Einen Moment lang schluchzte sie und klammerte sich an ihn. Raserei durchlief sie beide wie ein wildes Feuer. Er beugte sie nach
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