Sonnenlaeufer
bin, weil ich es mit einem einzigen Gedanken auch wieder löschen kann.«
Fünf für einen ausgebildeten Lichtläufer, drei für einen Schüler – »Ich muss nicht einmal so nah sein, gerade so, dass ich dorthin sehen kann, wo du das Feuer haben willst.«
Und einen für die Fähigkeit, Feuer zu beschwören. Chay starrte auf die ringlosen Hände seines Sohnes, die noch immer hartnäckig an einem eingebildeten Flecken auf dem Schwert herumputzten.
»Niemand wird in Gefahr sein, Vater. Roelstra wird nicht durch Truppenbewegungen gewarnt. Ich kann das tun.«
»Wenn diese Brücken zerstört werden, dann befinden sich Menschen darauf. Menschen, die sterben werden.« Er wartete, bis Maarken aufschaute, und erwiderte den Blick aus dessen blauen Augen mit seinem eigenen. »Ich möchte nicht, dass du dafür verantwortlich bist.«
»Andrade hat sich mit der Wüste gegen Roelstra verbündet«, erinnerte Maarken ihn.
»Aber nicht, um zu töten.«
»Du schon«, lautete Maarkens tonloser Einwurf. »Deine Waffe ist dies hier.« Er hob das Schwert. »Meine kann, für den Augenblick, das Feuer sein.«
»Nein!«, schrie er seinen Sohn erschreckt an. »Wenn du den Unterschied nicht siehst, dann wirst du keines von beiden gebrauchen, solange ich in der Nähe bin, um dich daran zu hindern! Ich wünsche, dass du so aufwächst, dass du eines Tages Herr über Radzyn sein kannst und kein Gesetzloser, der wegen des Missbrauchs von Faradhi -Kräften verurteilt worden ist, die er überhaupt nicht haben sollte!«
Das Schwert glitt Maarken aus der Hand. »So denkst du?«, wisperte er mit bleichen Wangen. »So?«
»Ja. Und genau das hier war nötig, damit ich es begreifen konnte.« Müde schüttelte er den Kopf. »Hast du eigentlich eine Ahnung, was Andrade angerichtet hat, als sie ihre Schwester mit deinem Großvater vermählte?«
»Ich habe darüber nachgedacht. Meath, Eolie und Prinz Lleyn sorgen schon dafür, dass ich darüber nachdenke. Ich wurde so geboren, wie ich bin, und ich könnte es nicht ändern, selbst wenn ich wollte. Aber es geht nicht nur um mich, nicht wahr? Es geht um Sioneds Kinder, wenn sie welche hat. Prinz und Lichtläufer, beides. Was glaubst du, was aus uns allen wird, Vater? Werden wir machtgierig sein und bereit, jeden abzuschlachten, der sich uns in den Weg stellt? Ist es das, was du denkst?« Sein Ton war bitter.
Chay biss sich auf die Lippen. »Ich denke, dass ich einen Sohn habe, auf den ich stolz sein kann. Maarken, die Welt verändert sich, und Menschen wie du werden sie noch weiter verändern. Zu einer Art von Macht geboren – aber auch mit einer ganz anderen.«
»Wir sind weder das eine noch das andere, Andry und ich. Werden wir über das Land herrschen, das du uns gibst, wenn wir erwachsen sind, oder werden wir Andrades Herrschaft unterstehen?« Sein Blick war jetzt gequält. »Was wird aus mir werden, Vater?«
Rohan würde ihn verstehen, dachte Chay plötzlich. Er liebte die Drachen und war doch gezwungen worden, einen zu töten; er sehnte sich verzweifelt nach einem Leben, das von Regeln oder Gesetzen bestimmt wurde und nicht vom Schwert. Rohan würde den Zwiespalt in Maarkens Seele verstehen. Aber Sioned würde ihn noch besser verstehen, denn sie musste jeden Tag ihres Lebens mit ihrer Entscheidung leben.
Aber im Augenblick konnte Chay seinem Sohn die Wahl abnehmen, und er tat es. »Ich bin dein Vater und Befehlshaber, und deshalb bist du doppelt verpflichtet, mir zu gehorchen. Du wirst kein FEUER beschwören, Maarken. Ich verbiete es.«
Rebellion und Erleichterung kämpften einen Augenblick in dem Gesicht des Knaben. Aber dann neigte er ergeben den Kopf. »Ja, Herr.«
Aber beide wussten sie, dass es nur den Aufschub einer Entscheidung bedeutete, die Maarken eines Tages selbst würde treffen müssen.
»Komm«, forderte Chay ihn auf, »Zeit zu Bett zu gehen, ob wir nun schlafen oder nicht. Eine der wichtigsten Regeln im Krieg lautet, dass der Oberbefehlshaber immer den Anschein erwecken muss, als würde er nachts in seinem Zelt gut schlafen.«
Der Turm der Ewigen Flamme in Stronghold war ein ausgezeichneter Aussichtspunkt, von dem aus man die Ankunft der Merida beobachten konnte. Tobin und Maeta standen an den Fenstern und beobachteten die einhundert bewaffneten Soldaten zu Pferde, deren Rüstungen im letzten Licht der Abendsonne glänzten. Die beiden Frauen wechselten einen Blick.
»Werden sie es heute Nacht versuchen oder bis zum Morgen warten?«, murmelte Tobin.
»Beim ersten
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