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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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schlafendes Kind vor sich auf dem Sattel liegen hatte.
    Urival zog sich zurück. Er schwebte in der Morgenstille und versuchte, den Aufruhr seines Geistes zu besänftigen. Dann kehrte er nach Feruche zurück. Er wusste, wer diese Kinder sein mussten, und war sich auch sicher, dass ihre Mutter tot war. Ianthe hätte ihre Söhne niemals irgendjemandem überlassen, solange sie lebte.
    Erneut durchsuchte Urival die schwarzen Überreste der Burg und kreiste darum herum. Eine Bewegung weckte seine Aufmerksamkeit. Bleiche Gestalten vor blassgoldenem Sand. Das Trio marschierte auf die Straße nach Skybowl zu. Der Mann war groß und breitschultrig, und sein dunkler Kopf war nackt der Morgensonne ausgeliefert. Eine der Frauen hatte ihr schweres schwarzes Haar im Nacken zusammengedreht. Die andere Frau war größer. Sie hatte den Umhang mit Kapuze dicht um sich gezogen und trug etwas in den angewinkelten Armen vor ihrer Brust. Urival musste nicht erst ihr Haar sehen, um zu wissen, wer sie war. Und er fürchtete, er wusste, was sie getan hatte.
    Er webte das Sonnenlicht nach Süden, über den Faolain und die Salzsümpfe, die Roelstra so rücksichtslos geschaffen hatte, und stieß endlich auf Rohans Lager, in dem schon kräftig gearbeitet wurde, wenngleich der Tag kaum angebrochen war. Es reizte ihn, den jungen Maarken zu suchen und ihm von Feruche zu erzählen, aber er hielt sich zurück. Andrade würde es zuerst erfahren müssen, und sie war im Augenblick damit beschäftigt, Roelstras Vorkehrungen für die Schlacht zu beobachten. Alle wussten, dass er bald losschlagen würde. Der Himmel über dem Veresch war klar geworden, dort, wo der Vater des Sturmes für gewöhnlich seine Arbeit tat, und die Luft über dem Wasser des Südens war auf viele Längen frei von Wolken. Pandsala würde ihrem Vater dasselbe berichten können wie Andrade Maarken: Tagelang gutes Wetter lag vor ihnen, und es war Zeit zum Angriff.
    Er kehrte nach River Run zurück und öffnete die Augen. Angesichts des stillen, ummauerten Gartens ruhte er sich etwas aus, ehe er langsam zu der Bank hinüberging, wo er Andrade verlassen hatte. Sie saß mit geschlossenen Augen und verschränkten Händen in tiefer Konzentration. Das gesponnene Sonnenlicht schimmerte ganz schwach um sie, wie es manchmal bei mächtigen Lichtläufer-Meistern der Fall war. Urival bewahrte respektvolles Schweigen und überlegte, wie er die Neuigkeiten in Worte fassen sollte. Er sah noch einmal vor sich, wie sich Sioneds Körper um die kleine Last geschmiegt hatte, die sie trug.
    Ganz plötzlich öffnete Andrade ihre Augen, die vor Vergnügen funkelten, und lachte: »Urival! Komm mit, sonst versäumst du es!«
    Er gehorchte erstaunt angesichts ihrer Fröhlichkeit, die so überschäumend war, ihre Farben veränderte und um seine eigenen Lichtfäden tanzte, als sie ihn führte. Ungefähr vierzig Längen von River Run entfernt, noch ein gutes Stück südlich von Roelstras Hauptlager, hatten etwa zweihundert seiner Soldaten einen Außenposten eingerichtet. Aber die strenge Militärdisziplin war zusammengebrochen, denn die Narren hatten sich den Jagdgründen der Drachen zugewandt, und die wütenden Jungtiere waren zum Angriff übergegangen.
    Auf der Flucht vor ihren scharfen Krallen stoben Pferde in wilder Panik in alle Richtungen, Männer und Frauen rasten mit irrer Geschwindigkeit hierhin und dorthin oder kauerten am Boden, ihre Umhänge über sich gezogen, während die kleinen Drachen herumwirbelten, brüllten und nach unten stießen, um die Eindringlinge aus ihrem Territorium zu vertreiben. Die bronzegrünen, dunkel-goldenen und rötlichen Wesen waren seit dem Sommer beträchtlich gewachsen, aber die meisten von ihnen verfügten noch über die Fähigkeit, ausreichend Feuer zu speien, dass ein paar Hinterteile versengt wurden.
    Es herrschte das vollständige Chaos. Ein kleiner, grauer Drache mit blauen Flügelunterseiten flatterte wütend über einem riesigen Kochtopf. Als der Koch floh, hockte er sich vorsichtig auf den Rand und genoss ein kostenloses Frühstück. Nachdem er den größten Teil des Eintopfs geschlürft hatte, hob er den Kopf und stieß einen kräftigen, feurigen Rülpser aus. Zwei Jungdrachen, einer fast schwarz, der andere braungesprenkelt, kämpften um einen violetten Umhang; offenbar roch er noch immer so stark nach dem Schaf, dem die Wolle ursprünglich gehört hatte, dass sich die Drachen für ihn interessierten. Einige der kleinen Ungeheuer hatten sich auf den Pferden

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