Sonnenlaeufer
geraten, einen berittenen Trupp gegen jene Einheit zu schicken, die Rohan in den Wäldern im Süden versteckt hält. Ich habe nichts davon gesagt, dass dieser Dummkopf sein Lager auf einem Futterplatz der Drachen aufschlägt, was er offensichtlich getan hat! Wie also kann dies meine Schuld sein?«
Der Hoheprinz holte mit einem Stiefel aus und trat dem Hauptmann in die Rippen. »Geh mir aus den Augen! Und sei dankbar, dass ich jeden brauche, der zu Pferd sitzen kann!« Er stürmte davon, und Pandsala eilte hinter ihm her. Sie wahrte Abstand, war aber neugierig, was er als Nächstes tun würde.
Er umkreiste das Lager weit schneller als mit dem für ihn typischen königlichen Gang. Er wurde erst langsamer, als er den Anpflockplatz für die Pferde erreichte, aber sie schloss nicht auf. Sie vermutete, dass er die Tiere zählte, die ihm noch zur Verfügung standen, und dass dies seine Wut nur neu entfachen musste.
Dann erlitt er den zweiten Schock dieses Morgens.
Er kam in Gestalt eines kleinen Mädchens mit kastanienbraunem Haar, das sich an den Hals eines schwitzenden grauen Ponys klammerte, dessen Lungen wie Blasebälge arbeiteten. Einige Soldaten versuchten, das Mädchen herunterzureißen, aber die Kleine trat und spuckte mit einer Wut um sich, die angesichts ihres Alters nicht weniger beeindruckend war. Ein wirklich königliches Scheusal, sagte sich Pandsala, und ihr wurde übel, denn sie kannte die Wutanfälle ihrer Halbschwester seit langem.
»Ich will meinen Vater sehen!«, kreischte Chiana. »Wagt nicht, mich anzufassen! Ich bin die Tochter des Hoheprinzen!«
Roelstra drehte sich auf dem Absatz um und fluchte. Pandsala eilte an seine Seite, und er schenkte ihr einen mörderischen Blick aus Augen, die grün waren wie gefrorenes Meer.
»Vater«, fing sie an.
»Woher kommt diese Göre?«, knirschte er.
»Sie war bei mir und Andrade und Urival …«
»Was macht diese Hurentochter hier?«, brüllte er.
Chiana drehte sich um. Ihr Blick entdeckte augenblicklich den Vater, den sie nie zuvor gesehen hatte. Sie sprang vom Pony, wich den Soldaten aus, warf die Arme um Roelstras Beine und hob ihr blasses, schmutzverschmiertes Gesicht zu ihm hoch.
»Ihr müsst mich anhören, Vater, bitte! Andrade kommt, mit Soldaten – sie kann nicht sehr weit hinter mir sein! Ich bin gekommen, Euch zu warnen!«
Roelstra starrte auf dieses Abbild seiner selbst und seiner toten Mätresse. Dann löste er Chiana von seinen Beinen, packte sie bei den Schultern und hob sie hoch, so dass er ihr Gesicht mustern konnte. Sie zuckte vor Schmerz leicht zusammen, gab aber keinen Laut von sich.
»Du siehst aus wie deine Mutter«, sagte er leise mit einem gefährlichen Ton in der Stimme. »Meine Tochter, Verrat – die ihr ganzes Leben in Andrades Schule verbracht hat.«
»Ich hasse sie noch mehr, als Pandsala es tut!«
»Komm, Verrat, erzähl mir, wie sehr.« Abrupt löste er seinen Griff, und Chiana fiel zu Boden. Augenblicklich stand sie wieder auf, stolz und aufrecht.
»Ich habe sie immer gehasst! Und jetzt werde ich es ihr heimzahlen! Sie hat Eure Soldaten hereingelegt, Vater, sie kommt mit Prinz Lleyns Truppen hierher und …«
»Lleyn?«
»Sie haben eines Nachts die Mauern erklommen, und Urival hat mich gefesselt und geknebelt, damit ich nicht schreien und Eure Männer warnen konnte …«
»Seine Schiffe sollten vor der Küste liegen«, grübelte Roelstra. »Und von River Run kamen Berichte, die aussagten, alles wäre in bester Ordnung.« Er schaute auf seine jüngste Tochter hinab, und ein schmales Lächeln zuckte um seine Lippen. »Sehr schön, Verrat. Ich habe beschlossen, dir zu glauben, aber nur, weil es unwichtig ist. Unsere liebe Lady Andrade ist hilflos und machtlos, selbst in ihrer Freiheit. Sie kann nichts gegen mich unternehmen, aber es ist interessant zu wissen, dass sie frei ist. Du hast recht getan, zu mir zu kommen, Verrat.«
Das Kind starrte ihm direkt in die Augen. »Mein Name ist Chiana«, erklärte es ausdruckslos. »Und ich bin eine Prinzessin.«
Roelstras Augen verengten sich einen Moment. Dann platzte er los. »Beim Vater des Sturms – so ist es, und das bist du! Du musst Andrade eine Menge Schwierigkeiten gemacht haben! Ich habe immer gewusst, dass Palila und ich statt dieser jammernden Kätzchen in der Felsenburg eine Wildkatze hervorbringen würden! Also gut, Prinzessin Chiana, geh mit deiner Schwester, und richte dich her.« Er zwickte dem Mädchen ins Kinn. »Meine Töchter erscheinen nicht in
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